Schockmaler, Donald-Fan, Provokateur Gottfried Helnwein wird heute 70
Der für seine polarisierenden Werke bekannte Wiener ist Österreichs erfolgreichster Maler.
Ein Mädchen nimmt mit einem Maschinengewehr den Donaukanal ins Visier, daneben brennt eine Stadt lichterloh – erst im vergangenen Sommer brachte sich Gottfried Helnwein mit einer provokanten Ringturm-Verhüllung in seiner Heimatstadt in Erinnerung. Heute feiert der für seine hyperrealistischen Werke berühmte Wiener, einer der erfolgreichsten österreichischen Künstler der Welt, seinen 70. Geburtstag.
Geprägt ist Helnweins künstlerisches Schaffen von seiner kompromisslosen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Tabuthemen. Schutzlos der Gewalt ausgelieferte Kinder, malträtierte Körper und aus der Popkultur- und Comic-Welt entlehnte Figuren vereinen sich in seinem Werk zu einer so aufwühlenden wie polarisierenden Melange.
Geboren wird Gottfried Helnwein am 8. Oktober 1948 in Wien als Sohn eines Postbeamten, hinein in ein kleinbürgerliches, konservativ-katholisches Milieu. Die als Kind erlebte Scheinheiligkeit der Erwachsenen, die eigene Machtlosigkeit und die sozialen Zwänge des Nachkriegs-Wien prägen ihn und finden später in seinen Bildern Niederschlag.
Sein Handwerk erlernt er an der Akademie der bildenden Künste, er ist Meisterschüler bei dem "phantastischen Realisten" Rudolf Hausner. Trotzdem, er habe mehr von Donald-Duck-Zeichner Carl Barks gelernt als auf jeder Schule, die er je besucht habe, so Helnwein. Früh wird der Hochbegabte, seit Jugendtagen eng mit Manfred Deix befreundet, mit Auszeichnungen überschüttet. Und das, obwohl seine ersten Einzel-Ausstellungen in Wien wegen heftiger Proteste abgebrochen und sogar seine Bilder von der Polizei beschlagnahmt werden.
"Time"-Cover macht ihn berühmt
Schlagartig international bekannt wird Helnwein 1982, als das "Time"-Magazin ihm eine Titelstory widmet und sein Selbstporträt als Cover publiziert. Seine Bilder von verängstigten und gepeinigten Kinder oder schreienden, bandagierten Menschen generieren auf der ganzen Welt Aufsehen. Mitte der 80er übersiedelt Helnwein nach Deutschland, danach weiter nach Irland, bevor er sich 2002 ein Atelier in Los Angeles einrichtet. Seine Wahlheimat bezeichnet er gern als "Logenplatz" für den Untergang der westlichen Zivilisation. In den vergangenen Jahren hatte Helnwein, der mit seiner Frau Renate vier Kinder hat, große Retrospektiven in aller Welt, darunter St. Petersburg, Los Angeles, San Francisco, Peking sowie 2013 in der Albertina. Auch bei "Madame Tussaud’s" in Wien ist er zu bewundern. Zwischen Sigmund Freud und Albert Einstein.
3 Fragen an ... Gottfried Helnwein
Der Künstler über Gewalt, Lynchmobs im WWW und Donald Trump.
Woran arbeiten Sie gerade? Bleiben Sie Ihrem Lebensthema Gewalt treu?
Momentan male ich mehrere Bilder mit Katastrophen-Szenarien. Es ist eine Kombination aus Kriegsszenen mit Explosionen und Comicfiguren. Wir leben in einer sich immer schneller drehenden Gewaltspirale, wobei die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen. Die virtuellen Katastrophen, die Darstellung von Gewalt in Filmen und Computergames sind von den Reportagen tatsächlichen Tötens in wirklichen Kriegen kaum zu unterscheiden. Das Thema der Gewalt gegen Wehrlose, vor allem gegen Kinder, ist ganz am Anfang meiner Arbeit gestanden, als ich 1969 mein erstes Bild gemalt habe, und es hat mich bis heute nicht losgelassen.
Wie beurteilen Sie das derzeitige politische und gesellschaftliche Klima?
Die aus Amerika kommende „political correctness“ ist eine Katastrophe. Sie ist das Ende der freien Rede. Jeder beliebige Lynchmob im Internet kann mit einem Shitstorm jede Person, die ihm nicht passt, vernichten. Ich halte es auch für einen schweren Fehler, große Teile der Bevölkerung pauschal als „Nazis“, „Pack“ oder „Abschaum“ zu bezeichnen, nur weil es uns nicht passt, was sie wählen. Ich glaube nicht, dass es immer mehr Rassisten und Nazis bei uns gibt, sondern dass immer mehr Menschen Angst haben und ihr Vertrauen in die etablierten Parteien verlieren.
Sie leben in Irland und den USA. Was sagen Sie zu US-Präsident Donald Trump?
Trump ist wirklich ein erstaunliches Phänomen. Ich habe noch nie eine Person gesehen, die weltweit so massiv bekämpft wird wie er. Das Ganze artet zu einer totalen Massenhysterie aus. Trump ist eigentlich so etwas wie ein Augenblick der Wahrheit. Er ist der amerikanischste Präsident dieses Jahrhunderts, er ist der Präsident, den dieses Land verdient hat. Er ist ein Spiegel, in dem die Amerikaner sich selbst und den Zustand ihres Landes erkennen können. Er ist nicht das Problem, nur das Symptom.
Helnwein-Doppelpack in Linz
Am 13. 10. eröffnet Ausstellung in Urfahr und feiert „Macbeth“ Premiere
Gleich in zweifacher Form ist Gottfried Helnwein zu seinem 70er in Linz präsent. Ab 13. Oktober zeigt der „Aktionsraum LINkZ“ (Hauptstraße 26 in Urfahr) unter dem Titel „Abgelehnt!“ eine Einzelausstellung des Künstlers. Bis 15. Februar 2019 (Öffnungszeiten: Di, Mi, Do zwischen 10 und 13 Uhr) ist die Helnwein-Sammlung des Welser Kunstsammlers Arnold Hirschl in der Galerie von Karin und Johann Brandstetter zu sehen. Gezeigt werden Aquarelle aus den 70er- und 80er-Jahren, großformatige Polaroids sowie zwei neu erworbene Arbeiten aus der „The Disaster of War“-Serie. Zur feierlichen Eröffnung am Samstag spricht Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder. Ab 11 Uhr.
Ebenfalls am 13. Oktober feiert das choreografische Theater „Macbeth“ (Rekonstruktion) von Johann Kresnik im Linzer Musiktheater Premiere. Bühnenbild und Kostüme gestaltete Gottfried Helnwein, wie bereits bei der Uraufführung im Jahr 1988 im Theater der Stadt Heidelberg.
Brillante Technik und starke Aussagekraft in seinen Werken. Ich schätze Gottfried Helnwein als Künstler sehr! Alles Gute zum Geburtstag!
Der Mann kann was!