Das verspätete "Beginning" der Albertina modern
Die Eröffnungsausstellung des neuen Hauses am Wiener Karlsplatz gestattet einen Überblick über österreichische Kunst nach 1945.
Elf Wochen musste die neue "Albertina modern" auf ihre Öffnung warten. Ab heute stehen die 2000 Quadratmeter Ausstellungsfläche am Wiener Karlsplatz für Besucher offen. Der Titel der ersten Ausstellung erfährt dadurch tiefere Bedeutung: "The Beginning". Für die Albertina öffnet sich dadurch ein neues Kapitel. In dem von der Haselsteiner Familienstiftung renovierten Künstlerhaus-Gebäude, das sich die Albertina nunmehr mit der Gesellschaft bildender Künstler teilt, zeigt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder künftig – auf dem Fundament der Sammlung Essl, die zu 40 Prozent der Albertina, zu 60 Prozent der Haselsteiner-Stiftung gehört – moderne und zeitgenössische Kunst. Begonnen wird mit österreichischer Kunst nach 1945 bis rund 1980. Im Zentrum steht "das Bahnbrechende, die radikalen Lösungen" mit niederschwelligem Zugang.
13 Stationen führen den Besucher im Erdgeschoß und im Untergeschoß des Künstlerhauses durch die Kunstgeschichte. Von dem mit Skulpturen von Alfred Hrdlicka, Wander Bertoni und Joannis Avramidis gespickten Vorraum geht es zunächst links hinein "in eine Sackgasse", wie Schröder scherzte. Dort breitet sich der Phantastische Realismus mit Werken von Ernst Fuchs, Rudolf Hausner, Anton Lehmden, Wolfgang Hutter und Arik Brauer aus. Einen Kontrapunkt setzt die großformatige Abteilung "Abstraktion in Österreich" mit Positionen von Hans Staudacher, Markus Prachensky, Arnulf Rainer oder Maria Lassnig. Im nächsten Raum, einem der beiden überkuppelten Oktogone, widmet sich die Schau Friedensreich Hundertwasser. Zu sehen ist etwa das sich auf die NS-Gräueltaten beziehende Werk "Gasflammen zusammen mit den Flammen des Heiligen Geistes" (1957).
Mit Rainer widmet man sich im nächsten Raum erneut einem einzelnen Künstler – mit Zeichnungen wie "Kugeln in der Nacht" (1947) oder dem Gemälde "Rotes Land" aus den frühen 60ern. Ein Wiedersehen mit seinen "Face Farces" gibt es im folgenden Raum, der dem Wiener Aktionismus gewidmet ist und bekannte Arbeiten von Hermann Nitsch (etwa "Blutorgel", 1962), Günter Brus, Otto Muehl, VALIE EXPORT oder Rudolf Schwarzkogler versammelt. Viel Raum bekommt der eher wenig bekannte Aspekt der heimischen Pop-Art mit Christian Ludwig Attersee, Jorg Hartig und Kiki Kogelnik. Auch Max Peintners "Die ungebrochene Anziehungskraft der Natur", das zuletzt im Rahmen von "For Forest" im Wörthersee-Stadion Bekanntheit erlangte, findet sich in dem Raum. Eine bereichernde Schau über die heimische Kunstgeschichte, der man auch eine Dauerausstellung wünscht.
"The Beginning. Kunst in Österreich 1945 bis 1980" in der Albertina modern, bis 15. 11. Info: www.albertina.at