Ein neues Fest ist geboren
Feierlaune bei der ersten Biennale der Volkskultur in Aigen-Schlägl.
1800 Besucher genossen das humor- und niveauvolle Treiben bei der ersten Volkskultur-Biennale auf dem Gelände der Landesgartenschau "Bio.Garten.Eden" in Aigen-Schlägl. In farbenprächtiger Herbstkulisse präsentierten 140 Mitwirkende ein neunstündiges Programm zwischen ausgelassener Fröhlichkeit und gedankenschwerem Tiefgang anlässlich 30 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs. Dieses neue Format eines Volkskulturfestes – von Christine Huber initiiert, mit Thekla Weißengruber und Martin Gundendorfer programmiert – hat bei allen eingeschlagen.
Besucher aus Oberösterreich, Südböhmen und Bayern ließen es sich auf der Festwiese (dem Fußballplatz der Bio-Fachschule) gut gehen, Bürgermeisterin Elisabeth Höfler schwärmte von der Qualität des Dargebotenen ("Das möchte ich öfter erleben"), die Mitwirkenden erlebten viel Anerkennung und die Freude am Miteinander. Als Publikumshits erwiesen sich Gäste aus Südböhmen, eine Dudelsackkapelle und eine Kindervolkstanzgruppe, die zu Traditionsmelodien jugendlicher Musikantinnen über die Bühne wirbelten. Ernsthafter traten da schon die Mühlviertler auf, die Volkstanzgruppen Böhmerwald und "Altenberger Granit". Das Trio "WIADAWÖ!" um den zwar kranken, doch immer spielbereiten Gotthard Wagner heizte mit Volksmusik von "herent" ein. Dudelsack-Doyen Rudi Lughofer zeigte vor, wie man Traditionsmusik an die nächste Generation weitergibt: Er trat mit seinem Enkel Clemens als Dudlerduo auf.
Besonders geschätzt wird im OÖ. Forum Volkskultur die Landjugend mit ihren Ideen und ihrer Freude am Feiern. In der Landesgartenschau banden die Jugendlichen, von Besuchern unterstützt, eine stattliche Erntekrone. Bei aller Leichtigkeit des Seins durften die düsteren Aspekte der böhmisch-oberösterreichischen Nachbarschaft nicht ausgeklammert werden. Franz Gumpenberger und Klaus Huber, beide im Grenzland aufgewachsen, erinnerten in teils selbst erlebten Anekdoten an die wechselvolle Geschichte der Böhmerwaldgemeinden und tragische Begebenheiten, kehrten aber alles hoffnungsfroh zum Positiven.
Stifter ist eben nicht langatmig
Die Mahnung "Nie wieder!" schwang stets mit, auch bei Thomas Hackls Präsentation eines TV-Doku-Rohschnitts ("Österreich am Eisernen Vorhang") und einer betroffen machenden Gesprächsrunde zur gemeinsamen Geschichte. Wie viele Menschen altes Liedgut schätzen, erlebte Brigitte Schaal vom OÖ. Volksliedwerk, als sie zu Böhmerwaldliedern einlud. Und sogar Klaus Hubers Experiment, im Stiftergarten eine Stunde aus Adalbert Stifters Erzählung "Die Pechbrenner" zu lesen, erwies sich als zugkräftiges Angebot. Der Gegenbeweis zur These, Stifters Texte seien zu langatmig.
Der Erfolg von Aigen-Schlägl darf keine Eintagsfliege bleiben. Die Biennale der Volkskultur soll künftig in "ungeraden Jahren" stattfinden, in Grenzräumen aller Art, an Übergängen zwischen Ländern oder auch enger gefassten Kulturräumen.