Meisterwerke eines Nazi-Sammlers?
Das Nordico Stadtmuseum Linz zeigt die Sammlung des NS-Beamten Justus Schmidt.
Einen Koffer erhielt das Stadtmuseum Nordico 1971 geschenkt: Dessen wertvollen Inhalt zeigt dort ab heute die Ausstellung "Das stille Vergnügen – Meisterzeichnungen aus der Sammlung Justus Schmidt", eines in Linz lebenden Wiener Kunsthistorikers (1903–1970): 668 Grafiken und 51 Ölskizzen europäischer Künstler ab dem 16. Jahrhundert bis hin zu Meisterwerken der klassischen Moderne – Schätze unter anderem von Peter Paul Rubens, Paul Gauguin, Henri Toulouse-Lautrec, Oskar Kokoschka, Egon Schiele.
Ein Herzstück der Ausstellung sind Grafikläden, die der Besucher herausziehen kann. Sie gaben der Schau ihren Titel: "Das stille Vergnügen", betrachtend innezuhalten. Das Pikante: Justus Schmidt war seinerzeit "der Kunstexperte der Nazis", sagt Kuratorin Brigitte Reutner. Ein Umstand, aus dem die Schau mit 180 ausgewählten Zeichnungen und 500 Fotografien bewusst kein Hehl macht. Reutner: "Man kann nicht nur die Werke zeigen", weshalb zwei Künstler die Schau kommentieren: Der Hamburger Medien- und Konzeptkünstler Simon Wachsmuth hat eine akustische Tonspur durch die fünf Räume – jeder widmet sich einem Jahrhundert – gelegt: "Nazi, Nazi" flüstert es dem Besucher verfremdet zu. War Justus Schmidt ein Nazi? Fakt ist, dass er Hitler und seine Leute 1938 durch das Landesmuseum und das Stift St. Florian geführt hat. Dennoch: "Es fehlen Informationen", sagt Nordico-Leiterin Andrea Bina und verweist auf einen "Glücksfund im Dorotheum" mit Rechnungen zu den Sammlungswerken. Jene aus Pariser Galerien fehlen allerdings. Raubkunst?
Im Nordico sei man diesbezüglich "auf dem neuesten Stand". Zuletzt wurde 2015 ein Werk restituiert. Neue, teils humorvolle Bezüge zu den Werken stellt die Würzburger Zeichnerin Maria Bussmann in zwölf "Variationen" her. Eine durchdachte, herausfordernde Ausstellung.