Presserat rügt oe24.at und krone.at für Terrorberichterstattung
WIEN. oe24.at-Geschäftsführer Wolfgang Fellner sah ein "totales Fehlurteil" und überlegt, rechtlich dagegen vorzugehen.
Der Presserat hat oe24.at und krone.at für deren Berichterstattung über den Terroranschlag vom 2. November des Vorjahres in der Wiener Innenstadt gerügt. Die beiden Medien verletzten mit der Veröffentlichung zweier Videos Punkt 5 (Persönlichkeitsschutz) und 6 (Intimsphäre) des Ehrenkodex für die österreichische Presse, teilte der Presserat am Donnerstag mit.
Über 1.500 Beschwerden und damit so viele wie noch nie gingen zur Berichterstattung einiger Medien über den Terroranschlag ein. Der Senat 2 stellte mehrere Ethikverstöße durch die Veröffentlichung jener Videos fest, die von den Usern am häufigsten beanstandet wurden: Eines zeigt die Ermordung einer Passantin. Auf dem anderen ist zu sehen, wie ein Polizist vom Attentäter niedergeschossen wurde.
"Absolute Bösartigkeit"
Oe24.at-Geschäftsführer und "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner sprach gegenüber der APA von einem "totalen Fehlurteil" des Presserats. Oe24.at werde für Inhalte verurteilt, die lediglich auf oe24.tv, aber niemals auf oe24.at gelaufen seien. "Es mag sein, dass an anderen Tagen ein Livestream von oe24.tv auf oe24.at läuft, aber an diesem Tag nachweislich nicht", so Fellner.
Es handle sich um zwei unterschiedliche Unternehmen und Redaktionen, die an jenem Tag eine "völlig unterschiedliche Berichterstattung" aufgewiesen hätten. Es sei unzulässig, dass der Senat 2 das nicht zur Kenntnis nimmt, meinte der Geschäftsführer und sprach von einer "absoluten Bösartigkeit, die den gesamten Presserat in Frage stellt". Sollte dieser die Entscheidung nicht zurückziehen, kündigte Fellner rechtliche Schritte an. Er überlegt zudem, die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats künftig nicht mehr anzuerkennen.
Was nicht als Ethikverstoß eingestuft wurde
Keine ethischen Verfehlungen stellte der Senat 2 durch die Veröffentlichung von Videomaterial fest, das lediglich den Attentäter während der Tat zeigt. Dieser vollzog laut der Entscheidung eine außergewöhnliche Straftat, die ihm seinen Anspruch auf Persönlichkeitsschutz entzog. Somit durften Medien - in diesem Fall krone.at, kurier.at, oe24.at und vol.at - grundsätzlich die Identität eines Attentäters preisgeben. Auch habe das Videomaterial Userinnen und Usern die Dimension des Anschlags verdeutlicht und Personen in der Nähe potenziell als Warnung gedient.
Dennoch merkte der Presserat kritisch an, dass Medien das Video trotz Aufrufen der Polizei, kein Bildmaterial von der Tat zu veröffentlichen, kurz nach der Tat zeigten. Ein derartiger Aufruf an die Medien ist laut Senat 2 zwar nicht zwingend, er müsse jedoch dazu veranlassen, genau zu prüfen, ob berechtigte Interessen gegen die Veröffentlichung sprechen - in diesem Fall das Interesse der Allgemeinheit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit. Die Veröffentlichung hätte die Ermittlungsarbeit der Behörden beeinträchtigen können. Auch sei zu bedenken, dass es Terroristen zumeist ein Anliegen ist, dass Bildmaterial eines Terroranschlags medial verbreitet wird.
Auch die Verbreitung von Gerüchten zur Anzahl der Täter und zu einer Geiselnahme in Wien-Mariahilf stellte nach Ansicht des Presserats keinen Ethikverstoß dar. Gewissenhaftigkeit und Korrektheit in Recherche und Wiedergabe von Nachrichten ist gemäß Punkt 2.1 des Ehrenkodex oberste Verpflichtung von Journalisten. Doch die Gerüchte stammten offenbar von der Polizei, einer grundsätzlich seriösen Quelle. "Aufgrund der potentiellen akuten Gefahrensituation überwog hier das öffentliche Interesse an der Verbreitung der nicht bestätigten Informationen", entschied der Senat 2.
Das Selbstkontrollorgan der österreichischen Presse überprüfte noch weitere Bildveröffentlichungen zum Terroranschlag in Print- und Onlinemedien. Details dazu finden sich auf der Homepage des Presserats.
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Ich habe mir solche Videos nicht angesehen und werde mir solche Videos nie ansehen.
Ich sehe das als Eigenverantwortung (um zumindest einen 'Klick' weniger zu generieren) und vor allem aus Rücksicht für die Betroffenen.
Ist (oder wäre) wie bei Corona - aber mit Eigenverantwortung und Rücksichtnahme kämpft man zumeist alleine auf weiter Flur - leider.
Die Grenze zur Piettätlosigkeit ist ziemlich schmal, nur den Presserat wirds eventuell eh nicht mehr brauchen, wenn der Bub mit den großen Ohren die Berichterstattung einschränken will.
Richtig Herr Fellner. Der buerger moechte schon richtig informiert werden. Der Presserat soll sich nicht in die Hose machen.
Und wenn ihre Angehörigen erschossen werden, hat dann die Öffentlichkeit auch ein Recht auf Info und darf ihnen beim Sterben zusehen?
habe diesen Sender aus der Senderliste verbannt.
Sie beweisen zwar in Ihren Kommentaren, dass Sie meist nicht informiert sind. Aber, was verstehen Sie im Zusammenhang mit dem Terroranschlag unter "richtig informiert"? Wenn das Blut spritzt, Hirnmasse an die Wand klatscht, ein letztes Zittern der Beine, das Ganze vielleicht noch mit Ton, damit Sie hören, wie das Opfer um sein Leben bettelt?????