Wenn das Frohlocken im Hals stecken bleibt
Das Amsterdam Baroque Orchestra unter Ton Koopman scheiterte beinahe an den klanglichen Gegebenheiten des Musiktheaters
Beim Konzert des Amsterdam Baroque Orchestra und Choir unter Ton Koopman hat sich wieder einmal gezeigt, dass das neue Musiktheater denkbarst ungeeignet für derartige Konzerte ist. Man merkt den Musikerinnen und Musiker förmlich an, wie sie gegen eine akustische Wand spielen, wie das gerade gesungene Wort beinahe im Hals stecken bleibt und sich im Raum nicht entfalten kann.
Das macht keinen Spaß und frustriert nicht nur die Zuhörer, die dankenswerterweise die künstlerische Leistung bejubelten und das klangliche Ergebnis einfach als gegeben hingenommen haben, sondern auch die Musiker. Da passieren dann Fehler, die man sonst bei diesem Ensemble nicht erwarten würde, die man aber als situationsgegeben wegstecken muss.
Freundlich quirliger Animator
Die Interpretation der ersten vier Kantaten aus Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium BWV 248 hingegen war schlichtweg umwerfend. Ton Koopman war wie immer der freundlich quirlige Animator, der Bachs Musik höchst präzise und doch scheinbar ganz natürlich erklingen lässt, den Linien Zeit zum Ausschwingen gibt und keinen Stress virtuoser Geschwindigkeitsrekorde aufbaut. Da schwingen die Tempi in gesundem Maß, und zwar so, dass man auch noch den Text und die Botschaft dahinter verstehen kann.
Fein auch der Amsterdam Baroque Choir, der klein besetzt ungemein wortdeutlich und präzise agierte und speziell gemeinsam mit Koopman die Choräle weidlich zelebrierte, dabei aber nicht in schwülstiges Pathos verfiel, sondern diese schlichten Kirchenlieder dort beließ, wo sie trotz der genialen Sätze Bachs hingehören. Mit Yetzabel Arias Fernandez (Sopran), Franziska Gottwald (Alt), Nils Giebelshausen (Tenor) und Klaus Mertens (Bass) hatte Koopman ein feines Solistenensemble zur Seite, das sich zwar auch nicht unbedingt leichttat, aber dennoch die Arien und Rezitative elegant gestaltete und den emotionalen Gehalt ziemlich akkurat getroffen hat.
Fazit: Ein wunderbar musiziertes Weihnachtsoratorium, dem leider die klangliche Tiefe des passenden Raums gefehlt hat.
Weihnachtsoratorium: Amsterdam Baroque Orchestra unter Ton Koopman, Musiktheater, 9.12.