"Wenn es schiefgeht, wirst du gekreuzigt"
Der österreichische Beitrag beim Eurovision Song Contest 2020 kommt von Vincent Bueno.
Der Wiener Sänger und Musicaldarsteller Vincent Bueno vertritt Österreich beim 65. Eurovision Song Contest (ESC) im Mai in Rotterdam. Mit der Eigenkomposition "Alive" will der 34-Jährige mit philippinischen Wurzeln zumindest das Finale erreichen.
OÖNachrichten: Der ESC war in den vergangenen Jahren eine rotweißrote Hochschaubahn: Wir hatten Conchita (Siegerin 2014) und Cesár Sampson (Rang 3, 2018), wir hatten aber auch The Makemakes (letzter Platz 2015) und Paenda (Vorletzte 2019). Welche Erwartungen haben Sie?
Bueno: Die Erwartungen stelle ich mir nur selbst. Ich habe große Erwartungen an mein Team, dass wir alles mit größter Präzision und Leidenschaft machen. Alles andere kann man nicht mehr steuern. So kitschig es klingt: Das Beste daraus machen, ist schon sehr gut. Das Finale ist aber auf jeden Fall das Ziel.
Der ESC kann ein Karriereschub sein – oder deren Ende bedeuten.
Vor dem Scheitern habe ich keine Angst. Es ist doch so: Ab dem Zeitpunkt, ab dem du im Fernsehen bist, wirst du gefeiert. Wenn etwas schiefgeht, wirst du gekreuzigt. Das tut mir nichts. Es gibt viel wichtigere Sachen im Leben. Ich bin sehr geerdet, was das angeht.
Sie waren 2016 schon als Backgroundsänger für Nathan Trent beim ESC – welche Erkenntnisse haben Sie daraus gewonnen?
Das war schon eine kleine Schullandwoche für mich. Ich finde, die Zeit, die in Kiew war, war atemberaubend und respekteinflößend. Ich bin auf der großen Bühne gestanden, und ich habe mich auch ganz kurz gefreut, dass nicht ich es bin, der das Ganze jetzt tragen muss, und nur im Background.
Was hat Sie dazu bewogen, diesen einen, wenn auch großen, Schritt nach vorne zu machen?
Man muss so oder so Gas geben, egal, ob man im Hintergrund seine Töne trällert oder vorne die ganze Crowd animiert.
Sie passen dank Ihrer agilen und positiven Bühnenpräsenz gut ins Stereotyp des Song Contests – sehen Sie das auch so?
Ich sehe es so: Dieser innere Star, der immer schon aus mir herausbrechen wollte, wird sich auf dieser Bühne wohlfühlen. Da werden viele Emotionen mitschwingen.
Ihr Lied "Alive" wird im März präsentiert. In welche Richtung wird es gehen?
Ich habe versucht, zwei Genres zu vereinen, und zwar Jazz und Pop. Natürlich ist das fast unmöglich. Heutzutage geht man beim Song Contest entweder voll in die Ballade oder in die Popnummer.
Sie haben mit dem ORF-Format "Musical! Die Show" schon einmal einen Bewerb gewonnen. Wie hat sich dieser Sieg auf Ihre Karriere ausgewirkt?
Ich war damals 21 und war super gehypt in dem Moment. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen soll. Dementsprechend hatte ich viele Hochs und Tiefs. Es ist eine tolle Reise gewesen, und bis zum heutigen Tag kann ich sagen, dass ich sehr gut davon leben kann. Ich liebe beide Welten – als Sänger auf der Bühne zu stehen und Musical.
Kann man Sie aktuell in einer Musicalproduktion sehen?
Ab Februar spiele ich im Wiener Metropol "Rock My Soul". Dann kommt ein Musical in Wien, von dem ich noch nichts verraten darf.
Sie sind in Wien geboren und aufgewachsen und haben philippinische Wurzeln – wie wichtig ist Ihnen Ihre Herkunft?
Mir ist wichtig, dass man seine Wurzeln nicht vergisst. Wenn ich mit meinem Vater spreche, dann immer auf Tagalog (Philippinisch, Anm.), weil er nicht so gut Deutsch sprechen kann. Meine Mutter spricht wie eine Wienerin. Eine kleine Philippina auf Wienerisch, das klingt interessant.
Ihr Leben verlief nicht immer problemlos, vor ein paar Jahren haben Sie und Ihre Frau eine Tochter kurz nach der Geburt verloren.
Wir sind sehr offen damit umgegangen. Für mich war es eine wichtige Zeit, diese Geschichte gemeinsamen mit meiner Frau zu verarbeiten. Vor einem Jahr haben wir unser Regenbogenkind bekommen. (Darunter versteht man Babys, die nach einer Tot- oder Fehlgeburt zur Welt kommen, Anm.). Diese Kinder sind echt ein Wahnsinn, die geben alles. Aber ich lieb meine Tochter sehr.
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