"Bewegung ist unser Werkzeug fürs Lernen"
Christoph Priesner unterstützt Kinder mit Entwicklungsdefiziten mit einer neuen Methode.
Alexander (Name geändert) ist ein Jahr alt. Wegen Sauerstoffmangels bei seiner Geburt leidet er unter Zerebralparese, einer spastischen Störung des Nerven- und Muskelsystems. Neben Frühförderung, Physiotherapie, Logopädie und anderen Therapien bekommt er Unterstützung durch JKA (Jeremy Krauss Approach). "Diese Methode ist noch relativ unbekannt. Man kann damit Kinder mit besonderen Bedürfnissen gut unterstützen, sich körperlich, geistig und emotional zu entwickeln", erklärt Christoph Priesner. Der Linzer Feldenkraislehrer hat die Methode bei Jeremy Krauss gelernt. Sie eignet sich nicht nur bei Zerebralparese, sondern unter anderem auch bei spastischen Lähmungen, erhöhter Spannung von Muskeln, Skoliose, Trisomien, Autismus-Spektrum-Störungen und Entwicklungsstörungen ohne klare Diagnose.
Ordnung schaffen
Alexanders Eltern berichten von Verbesserungen seit der letzten Behandlung, etwa beim Drehen auf den Bauch. Sie üben auch zu Hause mit dem Kleinen, nach Anleitung von Christoph Priesner. Dieser unterstützt den Buben mit gekonnten Handgriffen bei der Drehung. "Wir schaffen für ihn die Rahmenbedingungen für das Lernen", erklärt er, während er versucht, "sensorisches Empfinden hervorzurufen, sodass es für sein Nervensystem Sinn ergibt". Nur so könne der Bub es auch anwenden und im Chaos der vielen Bewegungen Ordnung schaffen. "Gleichzeitig darf man ihn nicht überfordern."
Bewegung ist das Werkzeug fürs Lernen. "Je mehr Variationen in der Bewegung das Kind hat, umso mehr neuronale Verbindungen entstehen und umso mehr kann sich das Gehirn auch entwickeln", erklärt Priesner. Die Bewegung, die Bindung zu anderen Menschen und zur Umwelt und das Lernen sind die Eckpfeiler der JKA-Methode. "Und die Neuroplastizität, also die Eigenschaft des Gehirns, sich kontinuierlich zu verändern und neu zu organisieren. Das ist die Grundlage aller Lernprozesse."
Dabei sei es wichtig, nicht nur in den üblichen Meilensteinen zu denken: Kann das Kind sitzen, krabbeln, sich aufrichten oder stehen? Alexander lernt beispielsweise gerade, seine Arme zu verwenden und sich abzustützen. "Ich unterstütze ihn bei seiner Bewegung, dort wo er gerade in der Entwicklung steht", sagt Priesner. Erfolge durch JKA seien etwa ein verbessertes Gleichgewichtsgefühl, Aufrichtung und Orientierung im Raum, Stärkung der Eigenwahrnehmung oder Fortschritte bei der Fein- und Grobmotorik. Dabei sind die Erfolgserlebnisse ganz wichtig. "Das ist wie ein Dünger fürs Lernen", so der Trainer. Und Alexander gluckst und scheint sich zu freuen. Nach 50 Minuten Üben ist er an diesem Tag aber schon ein bisschen müde. "Hier im Zentrum Sonnendeck versuchen wir die Familie bestmöglich zu unterstützen", sagt Priesner. Neben der JKA-Arbeit gibt es auch psychologische Beratung für die Eltern.
Tag der offenen Tür
JKA ist die Abkürzung für Jeremy Krauss Approach. Krauss ist internationaler Feldenkrais-Trainer, ist in den USA aufgewachsen, lebte in Israel und jetzt in Deutschland. Er wurde noch von Moshé Feldenkrais selbst ausgebildet.
Die JKA-Methode für Kinder mit Entwicklungsdefiziten, aber auch Feldenkrais und Yoga für Erwachsene werden im Zentrum Sonnendeck angeboten. Das Eröffnungsfest in der Volksgartenstraße 7 findet am 23. November, 18 Uhr, statt.
Beim Tag der offenen Tür am 30. November, von 9 bis 20 Uhr, können Interessierte die Methode kennenlernen. Nähere Informationen unter www.zentrum-sonnendeck.at