Jazzfans mit viel Kondition
Von einer "Langen Nacht des Jazz" im Linzer Brucknerhaus.
Zum 70. Mal gab es die lange Ö1/WDR3 Jazznacht, zum dritten Mal kam sie aus dem Brucknerhaus. Die fünf Konzerte wurden live oder zeitversetzt im Radio übertragen, dazu gab es noch Plaudereien zum Thema und Sounds aus dem Archiv.
Für das Publikum im Großen Saal galt es bei diesem Marathon – das letzte Konzert war um 1.30 Uhr früh angesetzt – durchzuhalten. Mit dem Besuch zeigte sich Initiator Paul Zauner zufrieden, und auf den Musikmix angesprochen, meinte er, eine gewisse Offenheit könne man sich von Jazzfans erwarten und er wolle genau diese Breite präsentieren.
Und breit angelegt war der Konzertreigen wirklich. Es begann mit der Richard Österreicher Pocket Bigband und der Sängerin Karin Bachner und deren "Tribute to Ella Fitzgerald".
Der 85-jährige Österreicher konnte aus gesundheitlichen Gründen leider nicht kommen, aber Bachner und die sehr professionelle siebenköpfige Band brachten mit einem gut gelaunten, swingenden Programm aus dem American Songbook die Leute auf ihre Seite. Nach diesem Blick in die Historie schaute das Duo Ramesh Shotham/Roger Hanschel über den Tellerrand hinaus und kreuzte Jazz mit klassischer indischer Tempelmusik. Ein feiner Kontrast und exzellent musiziert, Altsaxophon und Perkussion geben sich zuweilen auch widerborstig, manches klingt ziemlich abstrakt, dann wieder begeistern präzise Synchronläufe.
Pianowunder Yaron Herman
Ein programmiertes Highlight: das Solo des Yaron Herman. Das Pianowunder wurde auch heftig bejubelt. Dabei geht es nicht nur um die erstaunliche Virtuosität. Herman ist ein grandioser Geschichtenerzähler, seine Improvisationen machen nachdenklich, sind melancholisch und manchmal von fast irrealer Schönheit. Danach, es war schon nach Mitternacht, lichteten sich die Reihen. Dabei brachten die beiden Schlusskonzerte noch einen spannenden Einblick in die Moderne. Zunächst traf die 80-jährige Pianistenlegende Dieter Glawischnig auf die junge Ulrichsberger Altsaxofonistin Tanja Feichtmair, ein sinnstiftender Dialog über zwei Generationen.
Feines Quintett Memplex
Die beiden spielen auf Augenhöhe, werfen sich die Dialogfetzen wie Pingpong-Bälle zu, oszillieren zwischen jugendlichem Aufruhr und weiser Gelassenheit: großartig. Zum Schluss das Quintett Memplex um den Tenorsaxofonisten Werner Zangerle und den Trompeter Mario Rom: Die fünf präsentieren schöne, durchdachte Stücke, feine Soli in klassischer wie zeitloser Jazzbesetzung.
Fazit: ein toller, auch anstrengender Abend, der die Verantwortlichen zu Überlegungen für ein mehrtägiges großes Linzer Jazzfestival anregen sollte.