Was können wir aus der Antike lernen?
Salzburger Festspiele servieren fünf neue Opern-Inszenierungen und eine neue Buhlschaft.
Was bedeuten antike Mythen für die Gegenwart? Dieser Frage wollen die Salzburger Festspiele 2019 von 20. Juli bis 31. August auf den Grund gehen. Dazu auch der unverrückbare "Jedermann", ein Mythos für sich, bei dem Tobias Moretti in der Titelrolle mit der neuen Buhlschaft Valery Tscheplanowa verbandelt wird. Sie löst Stefanie Reinsperger nach zwei Jahren ab. Auf dem Domplatz wird es obendrein familiärer: Morettis Bruder Gregor Bloéb übernimmt die Doppelrolle Guter Gesell/Teufel.
Die Schatzkiste beim Salzburger 62-Millionen-Euro-Budget (20 Prozent aus öffentlicher Hand) sind die Opern. Für die fünf Neuinszenierungen kündigt Intendant Markus Hinterhäuser "Brechungen" an: Schon 2017 hatte er für die gewaltige "La clemenza di Tito"-Arbeit Dirigenten-Punk Teodor Currentzis und Regie-Visionär Peter Sellars zusammengespannt. Diesem Traumduo vertraut er nun Mozarts "Idomeneo" an.
Für Cherubinis "Médée" kehrt Simon Stone nach dem umjubelten "Lear" von 2017 zurück. Und mit Offenbachs Klassiker "Orpheus in der Unterwelt" will Hinterhäuser die Antike humorvoll betrachten. Brecht-Schüler Achim Freyer, der 2016 in Linz Debussys "Pelléas et Mélisande" inszeniert hat, wird "Oedipe" (Ödipus) von George Enescu entstauben. Und kaum ein Sommer ohne den mythischen Kassen-Magneten Anna Netrebko, aber auch nicht ohne ihren Mann Yusif Eyvazov – diesmal konzertant mit Cileas "Adriana Lecouvreur". Die hymnisch gelobte "Salome" (Richard Strauss) von 2018 mit Franz Welser-Möst am Pult samt Sopranistin Asmik Grigorian wird wie Händels "Alcina" wieder aufgenommen.
Im Schauspiel zeigt Chefin Bettina Hering erstmals zeitgenössische Dramatik: Neben Horváths "Jugend ohne Gott", Gorkis "Sommergäste" und Molnárs "Liliom" kommt Theresia Walsers "Die Empörten" zur Uraufführung:
Thielemann gegen Bachler
Die Sommerfestspiele warten mit 237.614 Karten für 19 Spielstätten auf das Weihnachtsgeschäft. Bei den autark agierenden Osterfestspielen gibt es keine friedlichen Zeiten: Dort wurde im September bekannt, dass Nikolaus Bachler (aktuell Intendant der Bayerischen Staatsoper) mit Juli 2020 kaufmännischer Geschäftsführer und ab 2022 Festival-Leiter wird. Bachler würde 2020 den kaufmännischen Intendanten Peter Ruzicka ablösen und mit Christian Thielemann, der mit seiner Sächsischen Staatskapelle Dresden das Festival gestaltet, programmieren. Für seine erfolgreichen Machtspielchen bekannt, fühlt sich Thielemann übergangen. Er lehnt es ab, mit Bachler zu arbeiten. Sollte es zum Bruch kommen, wird gemunkelt, dass Bachler Kirill Petrenko samt Berliner Philharmonikern verpflichtet. Damit hätte Thielemann diesmal verloren.
Ein Porträt von Valery Tscheplanowa lesen Sie in unserer Rubrik "Mensch des Tages".
Die Salzburger Festspiel-Glanzlichter 2019
Oper, 5 Neuinszenierungen: „Idomeneo“ (Mozart, Premiere: 27. 7., Regie: Peter Sellars, Musikalische Leitung: Teodor Currentzis), „Médée“ (Cherubini, 30. 7., R: Simon Stone, ML: Thomas Hengelbrock), „Oedipe“ (Enescu, 11. 8., R: Achim Freyer, ML: Ingo Metzmacher) „Orpheus in der Unterwelt“ (Offenbach, 14. 8., R: Barrie Kosky, ML: Enrique Mazzola, „Simon Boccanegra“ (Verdi, 15. 8., R: Andreas Kriegenburg, ML: Valery Gergiev).
Schauspiel, 4 Neuinszenierungen (1 Uraufführung), Wiederaufnahme „Jedermann“ (Hofmannsthal, 20. 7., R: M. Sturminger), „Jugend ohne Gott“ (Horváth, 28. 7., R: Thomas Ostermaier), „Sommergäste“ (Gorki, 31. 7., R: Mateja Koleznik), „Liliom“ (Molnar, 17. 8., R: Kornél Mundruczó), „Die Empörten“ (Th. Walser, UA: 18. 8., R: Burkhard C. Kosminski). Und: 81 Konzerte, 20 Aufführungen für Kinder. www.salzburgerfestspiele.at
Was wollen wir von der Antike lernen, wenn viele nicht einmal fähig sind, aus den letzten 100 Jahren zu lernen?
Aber wen interessiert überhaupt das Thema Jedermann. Gibt es aktuell einen OÖ Bezug? Eher nein, vielleicht einen OÖN Bezug (Freikarten?!). Ich kann mir beileibe nicht vorstellen welchen Oberösterreicher unter 70 Salzburger Festspiele interessieren. Und wir profitieren nicht einmal indirekt. Wäre schönere von den OÖN, mehr über das aktive OÖ Kulturgeschehen zu berichten...
Man kann schon einmal generell von sich auf andere schließen.
Buhlschaft
least but not last