Wie Sarrazins neues Buch alte Vorurteile und Kontroversen befeuert
Acht Jahre nach "Deutschland schafft sich ab" legt Thilo Sarrazin "Feindliche Übernahme" vor – wieder schürt er Angst vorm Islam.
Das Datum war kein Zufall: Thilo Sarrazins Buch "Feindliche Übernahme" erschien am Donnerstag. Genau acht Jahre nach seinem ersten und stark umstrittenen Bestseller "Deutschland schafft sich ab".
Nun präsentierte der frühere Berliner SPD-Finanzsenator, Ex-Bundesbank-Vorstand und Publizist erneut Thesen, die wie jene vor acht Jahren zu heftigen Kontroversen führen. Der Untertitel des Buchs verrät die Schlagrichtung des 73-Jährigen: "Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht." Sein Fazit: Die "religiös gefärbte kulturelle Andersartigkeit der Mehrheit der Muslime" und deren steigende Geburtenzahlen in Europa, speziell Deutschland, gefährdeten die offene Gesellschaft, die Demokratie und den Wohlstand. Er fordert, die Einwanderung von Muslimen streng zu regulieren. Unabhängig von politischen Bewertungen fallen in dem 496-Seiten-Text immer wieder Verallgemeinerungen, Übertreibungen und Unstimmigkeiten auf. Sarrazins Ex-Verleger Thomas Rathnow (Random House) lehnte ab, das Elaborat zu publizieren, weil der Autor "schwach" argumentiere, ein Bild des Islams entwerfe, das "einer Geißel der Menschheit" gleichkomme. Rathnow sah die Gefahr, dass "antimuslimische Ressentiments verstärkt werden".
"Ignoranz und Dilettantismus"
Der Islamwissenschafter Mathias Rohe wiederum hält die Kernthese "der feindlichen Übernahme" für nicht haltbar. Sarrazin gehe fälschlicherweise davon aus, dass muslimische Zuwanderer ihre Einstellungen nicht veränderten, "dass sie sich gar nicht auf die deutsche Gesellschaft einlassen". Auch ignorierten seine Prognosen Daten, die zeigten, dass die Geburtenrate muslimischer Zuwanderer durch Zugang zum Bildungssystem in den Folgegenerationen sinke. Seine Einschätzungen offenbarten den "üblichen Dilettantismus".
Die SPD lässt das Buch auf parteischädigende Äußerungen überprüfen. 2011, nach "Deutschland schafft sich ab", scheiterte ein Versuch, Sarrazin aus der Partei auszuschließen. Der Publizist wiederum betont, er fühle sich in der SPD noch immer "gut aufgehoben".