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Urteil im NSU-Prozess mit Spannung erwartet: Lebenslang für Zschäpe?

Von kaac, 06. Juli 2018, 13:03 Uhr
Zschäpe
Beate Zschäpe: seit fünf Jahren vor Gericht Bild: POOL (X80003)

MÜNCHEN. Zehn Morde, Dutzende Anschläge und Raubüberfälle: Die rechtsextreme Untergrundorganisation NSU hat eine blutige Spur durch Deutschland gezogen. Jetzt ist der fünf-jährige Prozess am Ende. Bedeutet das einen Schlussstrich?

Nur noch das Urteil fehlt. Dann ist der Prozess um die deutsche Terrorgruppe NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) nach fünf Jahren beendet. Kaum ein Urteil wurde in Deutschland in den vergangenen Jahren mit größerer Spannung erwartet: Wird Beate Zschäpe als Mörderin zu lebenslanger Haft verurteilt? Oder kommt sie mit einer milden Strafe davon?

Nach mehr als 430 Prozesstagen, Hunderten Zeugen, Geständnissen, Verleugnungen und bewegenden Opfer-Aussagen will das Münchner Oberlandesgericht das Urteil verkünden. Der vorsitzende Richter Manfred Götzl kündigte das Urteil für kommenden Mittwoch (11. Juli) an.

Es begann vor 22 Jahren

Bereits 1996 nahmen die Behörden die Mitglieder des NSU ins Visier: Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Koffer mit Hakenkreuzen und Sprengstoffattrappen oder eine Puppe mit Davidstern und einem Schild mit dem Wort „Jude“, die von einer Brücke hängt, zogen die Aufmerksamkeit auf die Neonazis. Zwei Jahre später kam es zu einer Razzia, bei der unter anderem funktionsfähige Rohrbomben, kiloweise Sprengstoff und Propagandamaterial gefunden wurden. Das Ganze in einer Garage, gemietet von Beate Zschäpe.  

NSU Prozess Mitglieder des NSU
Die drei NSU Mitglieder Uwe Mundlos - Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt Bild: Bundeskriminalamt (Bundeskriminalamt)

Das Trio tauchte in den Untergrund ab. Über die nächsten 13 Jahre zogen sie eine blutige Spur der Gewalt durch Deutschland. Es kam zu zehn Morden, Sprengstoffanschlägen mit dutzenden Verletzten und zahlreichen Raubüberfällen. Die Taten: fast ausschließlich rassistisch motiviert. Neun von zehn Opfern waren ausländischer Abstammung.

2011 kam es dann zu den ersten Verhaftungen. Es war noch nicht klar wer für die Morde und Anschläge verantwortlich war. Beate Zschäpe stellte sich damals der Polizei. Eine Woche später haben die Oberösterreichischen Nachrichten dazu berichtet.

Schneider, Blumenverkäufer, Imbiss-Händler

„Mord an türkischen Blumenhändler“, „Gemüsehändler Habil Kilic erschossen“, „Grieche in seinem Schlüsseldienst ermordet“ – Die Schlagzeilen über die Mordserie des NSU häuften sich. Meist wurden die Opfer auf ihrem Arbeitsplatz überrascht und erschossen. Der letzte Mord 2007 war an einer Polizistin in Heilbronn.

nsu opfer
Demonstranten halten Bilder der NSU Opfer vor Beginn des Prozesses 2013. Bild: KARL-JOSEF HILDENBRAND (DPA)

Gesicht der NSU Verbrechen

Für all diese Taten muss Beate Zschäpe nun alleine gerade stehen. Denn ihre beiden Mittäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt haben sich nach einem gescheiterten Banküberfall 2011 das Leben genommen. Mit Zschäpe angeklagt sind noch vier weitere Männer. Sie sollen zu den Morden und Anschlägen beigetragen und davon gewusst haben.

Zwei mögliche Urteile

Die Frage aller Fragen vor dem Tag X i: Wird Zschäpe als Mittäterin an allen zehn Morden und den Anschlägen verurteilt, wie dies die deutsche Bundesanwaltschaft fordert? Die Strafe dafür wäre lebenslange Haft, womöglich mit anschließender Sicherungsverwahrung.

Oder wird Zschäpe vom Vorwurf der Mittäterschaft freigesprochen, womöglich auch vom minderschweren Vorwurf der Beihilfe? Dann könnte sie lediglich wegen der Taten verurteilt werden, die sie in ihren schriftlichen Einlassungen zugegeben hat: Das wären zum einen ein Banküberfällen, von dem sie gewusst habe und zum anderen, dass sie im November 2011, nachdem sie vom Tod ihrer Freunde erfahren hatte, die letzte Fluchtwohnung des NSU in Brand steckte.

NSU
Beate Zschäpe setzte 2011 die Fluchtwohnung der NSU in Zwickau in Brand. Bild: TOBIAS SCHWARZ (X01295)

 

Zehn Mal versprachen sie, es nie wieder zu tun

Die Anwälte der Hauptangeklagten fordern eine Haftstrafe von unter zehn Jahren. Zschäpe selbst sagte immer wieder aus, dass sie von den Morden und Anschlägen ihrer Freunde Mundlos und Böhnhardt immer erst im Nachhinein erfahren habe. Sie habe nur von den harmlosen Dingen gewusst, wie dem Propagandamaterial. Sie sagte auch aus, dass ihr die Freunde im Jahr 2000 den ersten Mord gestanden hatten, dann aber versprachen, dergleichen nie wieder zu tun. Neun weitere Morde folgten. Und in all der Zeit soll sie mit beiden Männern, auf engstem Raum im Untergrund zusammengewohnt haben. Neun weitere Male sei Zschäpe angeblich „schockiert“ gewesen. 2017 gab sie außerdem an, selbst Opfer der anderen NSU Mitglieder gewesen zu sein. Ihr Psychologe hält das jedoch für falsch. Laut Gutachten ist die Angeklagte nicht fremdbestimmt und voll schuldfähig.

Die Oberösterreichischen Nachrichten haben berichtet

„Sie hat alles gewusst“

Tatsächlich gibt es bis heute keinen Beweis, dass Zschäpe an einem der Tatorte war. Bundesanwalt Herbert Diemer begründete das geforderte Urteil von lebenslanger Haft bereits im Herbst: "Sie hat alles gewusst, alles mitgetragen und auf ihre eigene Art mitgesteuert und mitbewirkt." Zschäpes Altverteidiger Wolfgang Heer dagegen betonte: "Frau Zschäpe ist keine Terroristin, sie ist keine Mörderin und keine Attentäterin." Ihr Vertrauensanwalt Mathias Grasel mahnte, man dürfe nicht nach dem Motto "den Letzten beißen die Hunde" handeln. Und Zschäpe selbst sagte in ihrem Schlusswort: "Bitte verurteilen Sie mich nicht stellvertretend für etwas, was ich weder gewollt noch getan habe." Auch in ihrem letzten Statement vor der Urteilssprechung am 4. Juli distanzierte sich Zschäpe vom Gedankengut der NSU. Sie soll sich bei den Opfern und Hinterbliebenen entschuldigt und sich selbst als nicht schuldig bezeichnet haben.

GERMANY-JUSTICE-TRIAL-NSU
Beate Zschäpe und ihre Anwälte Hermann Borchert (links) und Mathias Grasel (rechts) Bild: CHRISTOF STACHE (POOL)

„Komplettes Organversagen“

Mehrere Hinterbliebene äußerten, von dem Prozess enttäuscht zu sein. Elif Kubasik, die Frau von Mehmet Kubasik, sagte in einem Interview: „Hier im Prozess sind meine Fragen nicht beantwortet worden.“ Ihr Mann wurde 2006 in seinem Kiosk erschossen. Kubasik und andere Opfer-Angehörige äußerten am Ende des Prozesses noch massive Vorwürfe gegen die Behörden: fehlende Aussagegenehmigungen für Geheimdienstler, Gedächtnisverlust auch bei Behördenzeugen, Akten geschreddert, kein einziger Verantwortlicher zur Verantwortung gezogen - das sei "komplettes Organversagen".  In einem Interview mit der „Zeit“ resümiert die Tochter des erschossenen Kioskbesitzers, Gamze Kubasik: „Ich glaube nicht mehr an den Rechtsstaat.“ Sie erwarte aber zumindest, dass alle Beteiligten eine gerechte Strafe bekommen. Für sie sei das im Fall von Beate Zschäpe lebenslange Haft. Aber auch die vier Mitangeklagten sollen zur Verantwortung gezogen werden.

OIrganversagen warf auch die breite Öffentlichkeit besonders dem Verfassungsschutz vor. Als die Hintergründe der Taten 2012 aufkamen, wurden sieben Akten zu dem Fall geschreddert. Der Präsident für das Bundesamt für Verfassungsschutz musste daraufhin zurücktreten. Ein Untersuchungsausschuss sollte daraufhin die Verwicklung des Verfassungsschutzes in die Vorfälle prüfen.Ein Bericht dazu war in den Oberösterreichischen Nachrichten zu lesen. 

Mord und Anschläge unterstützt

Die Anklage fordert für die Mitangeklagten ebenfalls hohe Strafen:  Zwölf Jahre Haft werden im Fall von Ralf Wohlleben gefordert. Der ehemalige NPD (Nationaldemokratische Partei Österreich) Funktionär soll die Mordwaffe vom Typ „Ceska“ organisiert haben und gewusst haben, wofür Mundlos und Böhnhardt sie verwenden wollten. Mit der Waffe wurden neun der zehn Morde verübt. Ebenfalls angeklagt sind Carsten S. als Überbringer der Waffe und Andre E., der ein Wohnmobil organisiert haben soll, mit dem die Täter zu einem Anschlag nach Köln fuhren. Er soll außerdem bei der Flucht und der Tarnung des NSU geholfen haben. Auch Holger G. ist angeklagt und hat gestanden, der Terrorgruppe Waffen und falsche Papiere geliefert zu haben. In drei Fällen fordert die Verteidigung Freispruch. Im Fall von Holger G. eine Strafe unter zwei Jahren.

NSU-Prozess
Vor der Änderungsschneiderei des ermordeten Abdurrahim Özüdogru liegen Blumen und ein Flyer für die Demo "Kein Schlussstrich". Bild: Daniel Karmann (dpa)

Ebenfalls am Tag der Urteilsverkündung, am 11. Juli, sollen Demonstrationen und Kundgebungen unter dem Motto "Kein Schlussstrich" in München stattfinden. Bei diesen Veranstaltungen soll Anteilnahme an die Angehörigen und Gedenken an die Opfer im Vordergrund stehen. Demonstriert wird gegen rechtsextreme Netzwerke. 

Mehr Berichte seit dem Beginn des Prozesses 2013 finden sie im Oberösterreichischen Nachrichten Archiv unter dem Suchbegriff NSU. 

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3  Kommentare
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wickerl (2.187 Kommentare)
am 06.07.2018 13:25

Ich habe den Prozess nicht verfolgt, aber das Zusammenleben mit Mördern ist noch keine Beihilfe, auch das Kochen im KZ nicht, nach althergebrachter Lehre und Rechtsprechung ist ein sehr enger Beitrag zur Tat erforderlich, das Bereitstellen der Waffe, für den konkreten Mord, aber nicht das Unerhalten einer Beziehung. Aber heutzutage wird man ja auch schon verurteilt wenn man im KZ Koch war, obwohl Mord damals , vorher und nachher auch, nach 30 Jahren verjährte. Menschenrechtswidrig!

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pepone (60.622 Kommentare)
am 06.07.2018 13:34

wickerl

ich habe die Geschichte im Fernsehen verfolgt .
Sie spielt die heilige die NIEEE was gemacht hat und nur vom Hören sagen was erfahren hat , obwohl sie mit den zwei zusammen gelebt hat ...hmmm.
sie schiebt auch die GANZE Schuld auf ihre Gaunerkollegen die nicht mehr aussagen können da sie tot sind … traurig

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linz2050 (7.044 Kommentare)
am 06.07.2018 14:19

Nimm deine Medizin und suche einen Arzt auf, so schnell wie möglich!!!

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