Lehrer starb an Darmgeschwür: Ex-Oberärztin zu Geldstrafe verurteilt
LINZ. Nach dem Tod eines Patienten in einem Linzer Spital im Jahr 2016 musste sich eine Internistin am Dienstag vor dem Bezirksgericht Linz verantworten.
Die ehemalige Oberärztin des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Linz wurde wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 30 Euro, in Summe 5400 Euro verurteilt. Die Hälfte des Geldbetrages sah das Gericht der Internistin bedingt nach. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
"Aufnahme ist eindeutig"
Die Ärztin hatte den Tod des 54-jährigen Lehrers aber sicherlich nicht alleine zu veranworten, betonte Bezirksrichter Hermann Pichlmayer. "Das wird die Staatsanwaltschaft noch zu bewegen haben."
Der Patient klagte im März 2016 in den frühen Morgenstunden über massive Bauschmerzen, Rettung und Notarzt brachten ihn in die Notaufnahme des Spitals, wo ein Röntgen veranlasst wurde. Das Bild zeigte, dass sich im Bauch des Lehrers bereits eine Luftsichel gebildet hatte. "Die Aufnahme ist so eindeutig, dass ein Medizinstudent durchfällt, wenn er nicht erkennt, dass das ein Notfall ist", sagte Maximilian Pichler, der gerichtliche Sachverständige für interne Medizin.
Schwere Entzündung im Bauchraum
Der Lehrer hatte offensichtlich an einem Zwölffingerdarmgeschwür gelitten, das inzwischen ein Loch in den Darm gefressen hatte. Der Darminhalt quoll in den Bauchraum und löste dort eine schwere Entzündung aus.
Die mit dem Fall befassten Ärzte rätselten, die Beschwerden des Mannes könnten auf einen Herzinfarkt, eine Gastritis oder auch eine Pankreatitis hindeuten. Auf der internen Abteilung wurde der Lehrer zunächst von einem Assistenzarzt untersucht, das Röntgenbild befand zu diesem Zeitpunkt zwar schon im Computer, der Befund fehlte aber noch. "Ich hätte mir das Bild nur in einer geringen Auflösung auf dem Bildschirm anschauen können". Er habe den Bauch des Patienten abgetastet. "Es war weiter nichts auffällig."
"Der Aufnahme-Arzt hat doch geschrieben: Diffuse Bauchschmerzen und Abwehrspannung, das deutet doch auf ein akutes Abdomen (Notfall im Bauchbereich, Anm.) hin", hakte auch Gerichtsmediziner Robert Lamprecht nach. "Aber andere Differentialdiagnosen erschienen mir wahrscheinlicher", antwortete der Assistenzarzt.
Kritik an Krankenhaus-Organisation
Um elf Uhr Vormittag fand schließlich eine Visite statt, die die angeklagte Oberärztin durchführte. Auch sie las den inzwischen vorhandenen Röntgenbefund nicht. Sie habe auf die Krankengeschichte nicht zugreifen können, weil das W-Lan im Krankenhaus kurzzeitig ausfiel. Der Patient verblieb auf der Internen Station anstatt sofort in die Chirurgie gebracht zu werden.
Laut Obduktion ist er im Zuge der Reanimationsmaßnahmen an seinem eigenen Magen-Darm-Inhalt am nächsten Tag erstickt. "Vielleicht ist sie in diesem Moment zu sehr unter Druck gestanden", grübelte der Richter bei der Urteilsverkündung über das Verhalten der angeklagten Oberärztin nach. Jedenfalls "ist die Krankenhaus-Organisation zu kritisieren", so der Rat und schloss die Verhandlung.