"Ausbildung wird immer wichtiger"
RIED, WALDZELL. Wenn es darum geht, Arbeitnehmern zu ihren Rechten zu verhelfen, ist sie die richtige: Gerlinde Gschwendtner, neue Regionalsekretärin des ÖGB-Bezirkes Ried.
Weil viele "viel zu wenig informiert sind darüber, was ihnen zusteht", will sich die 47-jährige Mutter zweier Töchter und Vizebürgermeisterin von Waldzell in ihrem neuen Job besonders engagieren. "Nicht nur für die Gleichstellung von Männern und Frauen, das sollte eigentlich bald selbstverständlich sein", sagt sie. Wohlwissend, dass auch in dieser Sache noch viel Wasser die Waldzeller Ache hinunterrennen wird, bis es mit der Gleichstellung zumindest bei den Einkommen tatsächlich so weit ist.
Gerlinde Gschwendtner hat sich Sprosse für Sprosse die Karriereleiter hinaufgearbeitet. Von der gelernten Einzelhandelskauffrau zur Organisationsassistentin beim Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) umgestiegen ist sie 2010. Sie ist Absolventin der Gewerkschaftsschule und stolz darauf, dass noch heuer im Herbst im Volksheim St. Martin die Gewerkschaftsschule Ried startet. Die Teilnahme daran rät Gschwendtner vor allem Betriebsräten, weil dadurch "sehr viele wichtige Zusammenhänge verständlich gemacht werden. Das erweitert den Horizont und ist der Beweis, dass Rhetorik und Kommunikation auch gelernt werden können." Die leidenschaftliche Gewerkschafterin gibt aber zu, dass das "schon zwei harte Jahre sind, da heißt es reinbeißen". Die Gewerkschaftsschule gliedert sich in vier Semester, beginnt am 26. September 2019 und endet im Juni 2021. Jedes Semester besteht durchschnittlich aus 110 Lerneinheiten zu je 50 Minuten. Die Kosten übernehmen ÖGB und Arbeiterkammer. Gschwendtner ist eine Verfechterin von Ausbildung. Sie selbst hat sogar "zehn harte Monate" Sozialakademie auf sich genommen, "die sich rückblickend total gelohnt haben".
Großteils getrennt von Mann und Töchtern und ihrem geliebten Innviertel büffelte sie Sozialrecht und ähnliches acht Monate in Wien und zwei in Stockholm. "Da waren schon auch Ängste, sich übernommen zu haben, es nicht zu schaffen, dabei", gesteht Gschwendtner. Diese habe sie aber nach und nach verdrängt und "sehr interessante Menschen kennengelernt". Eines hätten ihr die absolvierten Kurse bewiesen: "Ausbildung ist so wichtig, nicht nur, weil sie den Horizont erweitert, sondern weil es in vielen Situationen echt weiterhilft." Gefreut hat sie, dass ihr Mann sie in dem Vorhaben, die Sozialakademie zu machen, unterstützt habe. Und: "Dass meine beiden erwachsenen Töchter sogar ein wenig stolz waren auf ihre Mama."
Gewerkschaft ist für Gerlinde Gschwendtner nicht nur ihr Arbeitgeber, sondern auch "absolut der richtige Job", weil "ich da mitgestalten darf und kann". Wichtig ist für sie nicht nur, Forderungen wie 6. Urlaubswoche nach 25 Jahren auch dann, wenn jemand in verschiedenen Firmen gearbeitet hat, oder die Gleichstellung der Frauen bei den Einkommen mit den Männern, "das ist doch selbstverständlich", sondern auch das Vermitteln der vielen Errungenschaften des ÖGB in den vergangenen hundert Jahren.
Nicht alles ist selbstverständlich
"Da war nicht immer alles selbstverständlich, das bedurfte oft monate-, ja jahrelanger zäher Verhandlungen." Wie geht es mit der leidenschaftlichen Gewerkschafterin eigentlich politisch weiter? Viele, angeblich auch SP-Ortschef Johann Jöchtl, sähen die 47-Jährige gerne als künftige SP-Bürgermeisterin von Waldzell. Die Antwort darauf ist diplomatisch, wie sie das wohl in der Sozialakademie gelernt hat: "Das hat noch zwei Jahre Zeit. Heute möchte ich darauf noch nicht antworten, sondern mich vorerst voll auf meine Aufgaben als ÖGB-Regionalassistentin des Bezirkes Ried konzentrieren."