Alle 100 Jahre einmal "Fenster putzen"
LINZ, KALLHAM, SCHLIERBACH. 42 Gemäldefenster gibt es im Linzer Mariendom, jedes einzelne erzählt eine Geschichte aus der Genese des Landes Oberösterreich. Nach und nach sollen 30 dieser Fenster in einem zehn Jahre dauernden Prozess (bis 2030) in der Glasmalerei in Schlierbach restauriert werden. Zwei Monate dauert das pro Fenster. Derzeit befindet sich das "Mondsee"-Fenster in Schlierbach. Das sogenannte "Kallham-Fallsbach"-Fenster wurde vor wenigen Tagen wieder eingebaut – eine Scheibe fehlt allerdings noch, sie ist noch beschädigt.
In Schlierbach nimmt Glasbildnerin Kyra Kleinschmidt die Fenster des Mariendoms in Empfang. Behutsam restaurieren sie und ein kleines Team die in Einzelteile zerlegten Fenster. Beim Besuch der OÖNachrichten war es besagtes "Kallham"-Fenster. Es erzählt, so wie jedes dieser Fenster, mehrere spannende Geschichten aus dem Land, in diesem Fall jene von ...
... der Barockkirche von Kallham: Ende des 16. Jahrhunderts, 1598, kam der Aschaffenburger Domherr Johann Grimmelius als Pfarrer nach Kallham im Hausruck und erreichte "durch seine Marienverehrung das Wiedererwachen des katholischen Glaubens", sagt die Kunsthistorikerin Christina Wais, die die Gemäldefenster für das Bundesdenkmalamt begutachtet. In den Jahren nach Luthers Thesenanschlag war das Land ob der Enns beinahe zur Gänze evangelisch geworden. Unter Grimmelius – wohl aber auch durch die dann von den Habsburgern angegangene Rekatholisierung – wurde das Gros der Menschen nach und nach wieder zum katholischen Glauben gebracht. Und weil Grimmelius großer Marienverehrer war, wurde in Kallham von 1713 bis 1718 eine Barockkirche erbaut.
All das und noch mehr erzählt und impliziert dieses Fenster. Jedes Fenster hatte Mäzene und Stifter, die dafür bezahlten und als Gegenleistung auch auf den Bildern verewigt wurden, meist mit ihren Familien. Außerdem werden im unteren Bereich der Fenster weitere Szenen aus der Geschichte des Landes gezeigt. Zum Beispiel ...
... die Legende der Wallfahrtskirche Fallsbach: Demnach habe ein Jäger einen angeschossenen Hirsch verfolgt. Als er dann zwischen den Geweihen des prachtvollen Tieres die Madonna mit Jesuskind sah, veranlasste er, an diesem Ort eine Kirche zu bauen – diese wurde 1140 erstmals erwähnt.
So erzählen die Gemäldefenster im Linzer Mariendom Stück für Stück die Geschichte des Landes Oberösterreich sowie von Gönnern und Menschen, die das Land prägten. Alle Fenster sind – so wie der Dom selbst – 100 Jahre alt, viele sogar älter. Darum ist es nun auch höchste Zeit, dass sie "geputzt" werden. Sprich: restauriert. Denn der größte Teil der Fenster – die erwähnten 30 – wurde noch nie restauriert. Jedes Jahr sind drei Fenster an der Reihe. Mehr geht sich nicht aus, denn der Aufwand ist groß.
Zuerst werden die Fenster ausgebaut, dann wird stattdessen eine Ersatzverglasung angebracht, die später bleibt – diese bietet Schutz vor äußeren Einwirkungen. Danach werden die Fensterteile – nummeriert und in Kisten verpackt – nach Schlierbach gebracht, wo sie Kyra Kleinschmidt entgegennimmt. Die aus Hannover stammende Glasbildnerin begutachtet jeden Millimeter der Fenster. Jeden Haarriss und jeden Sprung bessert sie aus.
Doch zuerst muss sie die Fenster reinigen. Der Ruß aus 100 Jahren Kerzenschein im Mariendom haftet an den Scheiben. Feinsäuberlich putzt sie die einzelnen Scheiben mit destilliertem Wasser und kleinen Schwämmchen. Beschädigte "Mosaikteile" der bemalten Fenster malt sie nach, sucht dafür das passende mundgeblasene Glas aus. Dieses spezielle Glas kommt aus Deutschland – einer von nur noch zwei Glaserzeugern in Europa, die solches Glas herstellen.
Präzise und originalgetreu malt Kyra Kleinschmidt die gläsernen Gemälde nach. Über Nacht werden die Farben bei 600 Grad gebrannt und somit haltbar gemacht.
Kriegsschäden
Ruß, Kondenswasser, Regen, Hagel – die Fenster sind vielerlei Belastungen ausgesetzt. Vor allen äußeren Faktoren bewahrt die wieder eingebauten Fenster die Schutzverglasung. Doch die meisten Beschädigungen stammen noch aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs – von Splittern, denn die Bomben beschädigten auch den Mariendom. Einige dieser Fenster wurden in den 1950er- und 1960er-Jahren rudimentär an Ort und Stelle saniert, notdürftig mit Kitt zugeschmiert. Nicht jede dieser Ergänzung von damals wird heute korrigiert. "Das gehört immerhin auch zur Restaurierungsgeschichte", sagt Kleinschmidt.
Für Kyra Kleinschmidt ist dies eine besonders spannende Arbeit. "So aus der Nähe sieht man diese Bilder sonst nie. Da sieht man erst, wie fein die Malereien ausgeführt wurden. Wenn man die mit den Fotos von den dargestellten Menschen vergleicht, dann schauen die wirklich eins zu eins so aus. Das ist schon toll", lobt sie die einst von der Tiroler Glasmalerwerkstätte in Handarbeit bemalten Originalfenster.
Das Mondsee-Fenster ist das letzte für heuer, im nächsten Jahr geht es dann weiter mit den Bildern, die auf imposante Weise Einblick in die Geschichte des Landes geben.
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