"Ist der Barkeeper als Seelendoktor Realität?"
WELS. Stadtschreiberin Marlen Schachinger wird sich schriftstellerisch dem gastronomischen Leben von Wels widmen.
Von Kleinbaumgarten im nördlichen Weinviertel bei Laa/Taya zurück in die Stadt ihrer Kindheit und Jugend. Diese Reise tritt Marlen Schachinger am Wochenende an: Die freiberufliche Autorin und künstlerische Leiterin des niederösterreichischen "Instituts für narrative Kunst" wird bis Ende November als Stadtschreiberin die Welser Welt der Gastronomie ins Rampenlicht rücken.
Für die gebürtige Braunauerin ist der neue Arbeitsort nicht fremd: "Ich hatte ein wunderbare Kindheit bei meinem Großvater in der Vogelweide", erinnert sich die Mutter von drei erwachsenen Kindern. Bis knapp nach ihrem Schuleintritt verbrachte sie viel Zeit in der Tischlerei ihres Opas Otto Hammerschmid in der Ferdinand-Vielguth-Straße. "Hier habe ich auch eine große Vorliebe für Holz entwickelt", sagt Schachinger.
Als "sehr prägend" erlebte die neue Stadtschreiberin in ihrer Kindheit auch die regelmäßigen Besuche in der städtischen Bücherei: "Oft war es extrem schwer, mich von lieb gewordenen Büchern wieder zu trennen." Schon damals begann sie in ihrer Phantasie Handlungen ihrer Lieblingsbücher fortzuführen. "Ich erzählte mir einfach die Geschichte weiter", erinnert sich Schachinger und dachte damals, das würden alle Kinder machen. Das dem nicht so ist, sei ihr erst durch ihre Schwester Irmgard bewusst geworden. Sie hatte nachgefragt: "Was machst du eigentlich, wenn du die Wand so anstarrst?"
Letztlich zieht sich Schreiben und Literatur wie ein roter Faden durch Schachingers Leben. Sie studierte nach der Matura am wirtschaftskundlichen Realgymnasium Wels in Wien und an der Pariser Sorbonne Vergleichende Literaturwissenschaften, Deutsch, Französisch und Ästhetik. Ihren Eltern – Vater Johann war in Marchtrenk Hauptschuldirektor – sei sie unendlich dankbar: "Sie haben auf diesem Studium bestanden. Und es ist die beste Basis, die umfassendste Ausbildung für das Schreiben."
Das gastronomische Wels
Schachinger war bereits mehrmals "writer in residence", aber noch nie Stadtschreiberin. Sie verpflichtet sich vertraglich, über Wels und seine Menschen zu berichten. In Anlehnung an Émile Zolas Buch "Der Bauch von Paris" will sie über das gastronomische Wels in all seinen Facetten berichten: "Von der Marktfahrerin bis zum Kellner, vom Alltag im Kaffeehaus bis zur Atmosphäre in Gaststätten und Küchen. Ich will auch wissen, ob der Barkeeper als Seelendoktor Realität ist oder doch eine Mär." Ihr Quartier bezieht Schachinger über einem Welser Lokal – dem "Black Horse" in der Salzburger Straße.
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