"Wer auch nur ein Leben rettet, rettet die ganze Welt"
LINZ/LANGENSTEIN. Die Mühlviertler Maria und Johann Schatz versteckten 1945 die Jüdin Esther Feinkoch. Das Schlossmuseum Linz zeigt ihre Geschichte.
"Wer auch nur ein Leben rettet, rettet die ganze Welt." Dieser uralte Spruch ist auf den Medaillen für die sogenannten "Gerechten unter den Völkern" eingraviert. Mit diesem Ehrentitel hat die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem rund 27.000 mutige Menschen – darunter 112 Österreicher – ausgezeichnet, die während der Zeit des Nationalsozialismus uneigennützig das Leben von Juden retteten.
Als einzige gebürtige Oberösterreicher sind die Mühlviertler Bauersleute Maria und Johann Schatz posthum als "Gerechte unter den Völkern" geehrt worden. Die Ausstellung "Die Gerechten – Courage ist eine Frage der Entscheidung", die seit heute im Linzer Schlossmuseum zu sehen ist, zeigt Gerechte, Täter und Gerettete im historischen Kontext und erzählt auch die abenteuerliche Geschichte von Familie Schatz und der damals 19-jährigen Jüdin Esther Feinkoch, später verheiratete Zychlinski.
"Seit ich ein Kind gewesen bin, hat mir meine Mutter von ihrer Zeit im Ghetto Lodz und in den Konzentrationslagern Auschwitz, Freiberg und Mauthausen erzählt", sagt Arie Zychlinski, Esthers Sohn. Zusammengepfercht in einer Baracke mit 500 Frauen nahe dem Steinbruch Wienergraben – außerhalb des Hauptlagers Mauthausen – entdeckt die auf etwa 28 Kilo abgemagerte Esther bei der Suche nach Nahrung im Frühjahr 1945 ein Loch im Zaun und flieht.
Ausgemergelt und erschöpft irrt sie durch die Gegend und klopft beim etwa fünf Kilometer entfernten Bauernhof der Familie Schatz in der Gemeinde Langenstein an ein Fenster. Wenige Wochen zuvor sind bei der "Mühlviertler Hasenjagd" mehr als 500 aus dem KZ Mauthausen ausgebrochene Sowjet-Offiziere wie Tiere gejagt und fast alle ermordet worden. "Das ganze Untere Mühlviertel ist damals in Aufruhr gewesen", sagt Michael John, Historiker an der Uni Linz, der die Gerechten-Ausstellung im Schlossmuseum kuratierte.
Emotionaler Gänsehautmoment
Obwohl Esther an ihrer Sträflingskleidung und den rasierten Haaren auf den ersten Blick als KZ-Häftling zu erkennen ist, zögert die Bäuerin Maria Schatz nicht und nimmt sie unter Tränen bei sich auf. Als ihr Mann Johann nach Hause kommt, trägt er die völlig Entkräftete, als wäre sie seine eigene Tochter, zu einem Bett. "Diese Erzählung meiner Mutter hat mich dazu motiviert, die Familie Schatz zu suchen", sagt Arie Zychlinski.
Doch sogar die SS kommt an den Hof von Familie Schatz. Sie gibt Esther als geistig beeinträchtigtes Kind aus, die durch diese List den Holocaust überlebt. Im Juni 1945 verlässt Esther Österreich in Richtung Palästina, wo sie selbst eine Familie gründet. Dann verliert sich für ein halbes Jahrhundert der Kontakt zwischen den beiden Familien.
"Wir sind aus allen Wolken gefallen, als 1995 ein Vertreter der Landesregierung zu uns gekommen ist", sagt Franz Schatz, Enkel der Lebensretter. Über die österreichische Botschaft in Israel hat es Arie Zychlinski geschafft, die Familie Schatz ausfindig zu machen. Seither sind die Familien freundschaftlich verbunden, jede Woche in Kontakt und haben sich schon mehrmals besucht. "Wir fühlen uns wie Brüder und Schwestern. Ohne die Lebensrettung meiner Mutter durch die Familie Schatz würde es meine Familie heute nicht geben", sagt Zychlinski. Seine Mutter Esther stirbt 2003.
16 Jahre später wird ihre Urenkelin geboren. Sie erhält nach Esthers Lebensretter Johann Schatz den in Israel ungewöhnlichen Namen Eli Johanna. "Wir bekommen heute noch Gänsehaut, wenn wir an diesen emotionalen Moment denken, der uns alle sehr berührt hat", sagen die Mühlviertler Franz und Maria Schatz.
Video: Erste Einblicke in die Ausstellung
Die Ausstellung "Die Gerechten"
Die Linzer Ulrike und Günther Schuster von den österreichischen Freunden von Yad Vashem haben in Zusammenarbeit mit der Kepler-Uni Linz die Sonderausstellung "Die Gerechten - Courage ist eine Frage der Entscheidung" im Linzer Schlossmuseum Linz organisiert. Im Zentrum stehen nicht nur mutige Menschen, wie Oskar Schindler, Ella Lingens oder Gottfried von Einem, die Juden vor der Vernichtung bewahrten, sondern auch Täter und Gerettete im historischen Kontext.
"Wir wollen mit der Ausstellung viele junge Menschen erreichen", sagt Ulrike Schuster. Aus diesem Grund werden insbesondere für Schulklassen Führungen angeboten. Die Schau ist noch bis 24. Mai zu sehen. Weitere Infos auf www.landesmuseum.at
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