Ärzte fordern höhere Strafen bei Attacken
WIEN. "Die Aggression hat ein inakzeptables Ausmaß erreicht" – Die Ärztekammer hat am Dienstag eine Reihe von Maßnahmen bei Attacken im Gesundheitsbereich gefordert.
Etwa sollen die Strafen bei tätlichen Angriffen auf Mitarbeiter im Gesundheitswesen erhöht werden und in jedem Fall den Straftatbestand der schweren Körperverletzung erfüllen, verlangte ÖAK-Präsident Thomas Szekeres.
Zudem brauche es mehr ärztliches Personal in den Spitälern und im niedergelassenen Bereich, um die Wartezeiten insbesondere in den Ambulanzen zu verkürzen, so Szekeres. Denn die zum Teil sehr langen Wartezeiten machten die Standesvertreter als "Nährboden" für Aggression aus. Österreichweit schweben dem ÖAK-Präsident 1.000 zusätzliche Stellen vor.
"Mehr Geld in die Hand nehmen"
Überhaupt brauche es eine Erhöhung der Ausgaben für den Gesundheitssektor. Etwa würden Deutschland und die Schweiz gemessen am Bruttoinlandsprodukt prozentuell mehr für die Gesundheitsversorgung ausgeben. In Österreich wünscht Szekeres sich daher eine Anhebung der Gesundheitsausgaben auf zwölf Prozent des BIP. "Wir müssen mehr Geld in die Hand nehmen, um die großen Herausforderungen Gesundheit und Pflege zu meistern."
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Vizepräsident Johannes Steinhart berichtete davon, dass die Aggression auch in niedergelassenen Arztpraxen ein inakzeptables Ausmaß erreicht hätte. Es brauche daher Gegenmaßnahmen auf breiter "gesellschaftlicher, politischer und rechtlicher Basis".
In einer Online-Blitz-Umfrage unter niedergelassenen Allgemeinmedizinern mit Kassenvertrag in Wien hätten 80 Prozent der Teilnehmer angegeben, im vergangenen Jahr verbal bedroht worden zu sein, zehn Prozent körperlich. Es gebe aber kaum repräsentative Daten, räumte Steinhart ein. Derzeit laufe jedoch eine kammereigene Umfrage, deren Ergebnisse im August vorliegen sollen.
Neun Prozent der 600 Mediziner, die bisher daran teilnahmen, erklärten, dass es in den vergangenen sechs Monaten in ihrem Arbeitsumfeld mindestens einmal zu Drohungen mit Waffen gekommen sei.
Video: Laut den Ärzten haben die Aggressionen zugenommen
Sicherheitschecks in Spitälern?
Neben der Verschärfung um Strafgesetzbuch brauche es auch eine Reihe anderer sicherheitsbildender Maßnahmen. In Spitälern seien etwa Sicherheitschecks wie bei Gericht vorstellbar, so Szekeres. Im niedergelassenen Bereich sei dies jedoch schwieriger, gab wiederum Steinhart zu bedenken. Aber auch da könne man mit baulichen Maßnahmen einiges machen, oder etwa mit Notfallknöpfen. Auch mehr Security-Personal könne sinnvoll sein, so Steinhart.
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Auch sollte darauf geachtet werden, dass die Notfallambulanzen in den Spitälern entlastet werden, indem man etwa zusätzlich allgemeine Ambulanzen anbiete. Darüber hinaus brauche es geförderte Schulungen von Ärzten auf den Gebieten Konfliktlösung und Deeskalation. In Wien berichtet Steinhart von einem Run auf derartige Workshops: "Sie sind derzeit völlig ausgebucht.
Runder Tisch mit Psychologen
Indes will der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) einen Runden Tisch initiieren, um dem Problem "Gewalt im Gesundheitsbereich" entgegenzutreten. Mit Vertretern aller Gesundheitsberufe sollen die Ursachen für die Gewaltentwicklung thematisiert, analysiert und gesamthafte Lösungen erarbeitet werden. Die Gründe seien vielfältig und reichten von Angst und Überforderung nach einer erschreckenden Diagnose, Wut aufgrund langer Wartezeiten über Auseinandersetzungen mit Mitpatienten bis hin zu kulturell bedingten Problemen. Seit Jahren würden daher Spitalsmitarbeiter mehr psychologische Unterstützung fordern.
Zwar sind Ärzte und medizinisches Personal letztlich auch nur Menschen. Sie sind aber auch ausgebildete WissenschafterInnen und, würde man meinen, hoch aufgeklärte Menschen. Daher könnten Sie auch wissen, dass der Ruf nach Strafverschärfung nichts als eine Leerlaufhandlung ist, die letztlich keinen zweckdienlichen Effekt zeitigen wird. Denn es sind Studien bekannt die belegen, dass Strafe weder Wiederholungstäter abschreckt noch andere davon abhält, Straftaten zu begehen. Und wenn man bedenkt, dass Menschen die medizinische Hilfe in Anspruch nehmen sich in einem Ausnahmezustand befinden, dann wirkt der Ruf nach höheren Strafen bei Übergriffen nicht nur fehl am Platz sondern geradezu zynisch. Da scheint die Forderung nach mehr Personal (und schnell wirkenden Beruhigungsmitteln) jedenfalls schlüssiger.
So ist es. Je gestresster das Personal, umso aggressiver die PatientInnen und Angehörigen.
Wer sich nicht wahrgenommen oder ernstgenommen fühlt, neigt, je nach erlernten Mustern der Enttäuschungsverarbeitung auch zu Gewalt.
Der Anlassfall im SMZ-Süd ist sehr tragisch, stellt aber - Gott sei Dank- einen kleinen Anteil der Art der Übergriffe dar.
Die meisten "Aggressiven" sind weder psychisch krank, noch durch Drogen oder Alkohol substanzbeeinträchtigt, sondern "ganz normale" Menschen in einer Ausnahmesituation.