Frauenmord: Fahndung nach 44-jährigem Polizisten
SEIBERSDORF. Der Beamte soll seine Lebensgefährtin erdrosselt haben
Für jene, die Mittwochabend vor dem schicken Einfamilienhaus im niederösterreichischen Seibersdorf aus den Einsatzfahrzeugen steigen, ist es schwer zu glauben. Noch viel schwerer als sonst, wenn sie zu einem mutmaßlichen Gewaltverbrechen gerufen werden. Denn diesmal geht es um einen von ihnen. Einen Kollegen, der dieselbe Ausbildung durchlaufen hat. Einen Polizeibeamten, 44 Jahre alt, erfolgreichen Drogenkriminalisten aus Wien. Er soll vom Helfer zum Täter geworden sein.
Auto in Waldstück gefunden
An der Adresse, zu der die Beamten gerufen wurden, treffen sie ihn nicht mehr an. Dafür machen sie im Inneren des Hauses eine grausige Entdeckung: Eine 42-jährige Frau liegt tot auf dem Fußboden. Laut vorläufiger Obduktion wurde bei der Frau ein stumpfes Trauma im Bereich von Brust, Kopf und Hals festgestellt. Sie dürfte erdrosselt oder erwürgt worden sein.
Während Tatortexperten Spuren sichern, beginnt im Bezirk Baden eine Großfahndung. Ein Ministeriumshubschrauber und das Spezialkommando Cobra sind daran beteiligt. Die Beamten müssen größte Vorsicht walten lassen, denn der Polizeikollege führt seine Dienstwaffe mit sich.
Nur wenig später stellt sich vermeintlich ein Erfolg ein: In Gramatneusiedl, rund 13 Kilometer vom Tatort entfernt, entdecken Polizisten den Privatwagen des mutmaßlichen Täters. Doch vom Gesuchten fehlt jede Spur. Er dürfte seine Flucht zu Fuß fortgesetzt haben.
Auch gestern suchten sämtliche Polizeibeamte im Raum Moosbrunn (Bezirk Bruck an der Leitha), wo das Fahrzeug in einem Windschutzgürtel entdeckt worden war, in dem dicht bewachsenen Gebiet nach dem 44-Jährigen. 80 Beamte örtlicher Dienststellen, der Einsatzeinheit und der schnellen Interventionsgruppe waren daran beteiligt – gegen 17 Uhr wurde die Suche vorerst abgebrochen. Das Motiv des Drogenkriminalisten ist noch völlig unklar – dem Vernehmen nach dürfte es sich um eine Tat aus Eifersucht gehandelt haben.
Die Tötung der 42-Jährigen ist der 22. Frauenmord in diesem Jahr. Erst im September waren zwei Somalierinnen von einem Landsmann in Wien getötet worden. Österreich liegt bei Gewaltverbrechen an Frauen im europäischen Spitzenfeld.
"Das Land der Frauenmorde"
Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, sprach von einem "Land der Frauenmorde". Österreich sei das einzige Land in der EU, in dem es mehr weibliche als männliche Mordopfer gebe. Frieben: "Was muss noch passieren, damit die Regierung den Gewaltschutz zur obersten Priorität erklärt?" Auch SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner und Neos-Frauensprecherin Henrike Brandstötter fordern, jetzt "auf keinen Fall zur Tagesordnung" überzugehen.