Frauenmorde in Wien: Verdächtiger in Linz mehrmals angezeigt
WIEN/LINZ. Jener 28-Jährige, der am Montag in Wien-Favoriten zwei Frauen getötet haben soll, hatte seinen Hauptwohnsitz in Linz. Er war seit 2016 in Oberösterreich mit mehreren Anzeigen konfrontiert, alle Verfahren sind eingestellt worden.
Nach der Tötung von zwei Frauen in Wien-Favoriten wird der Verdächtige laut Polizeisprecher Mohamed Ibrahim heute, Dienstag, "im Laufe des Nachmittages" von der Polizei einvernommen. Der 28-jährige Somalier, der seinen Hauptwohnsitz in Linz hatte, soll am Montag seine Ex-Frau und seine kolportierte Lebensgefährtin getötet haben. Der zu dem Zeitpunkt stark alkoholisierte Mann hatte noch am Tatort die Tat eingeräumt. Er galt bisher als unbescholten – mehrere Strafverfahren in Oberösterreich waren eingestellt worden.
Mehrere Anzeigen in Linz
Der 28-Jährige war im Juni 2014 nach Österreich gekommen und hatte einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Nach einer Säumnisbeschwerde im Jahr 2015 erkannte ihm das Bundesverwaltungsgericht im Juli 2016 den Status der Asylberechtigung an. Zwischen 2016 und 2020 wurde der somalische Staatsbürger mehrmals mit Strafanzeigen konfrontiert, dabei ging es einmal um Vergewaltigung, einmal um sexuellen Missbrauch in Zusammenhang mit Sachbeschädigung und Körperverletzung. Die zugrunde liegenden Delikte sollen alle in Linz verübt worden sein, wo der nun Verdächtige einen Wohnsitz hat.
Alle Verfahren eingestellt
Aber die Verfahren wurden eingestellt, es gab keine Verurteilung. Der 28-Jährige ist unbescholten, gegen ihn wurde bisher auch kein Betretungsverbot - weder in Linz noch in Wien - ausgesprochen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hatte jeweils, nachdem es von den Anzeigen Kenntnis erhalten hatte, sehr rasch ein Aberkennungsverfahren des Asylstatus des 28-Jährigen eingeleitet. Da die Strafverfahren aber eingestellt wurden, stoppte die Behörde auch das Aberkennungsverfahren.
"Wenn Delikte bekannt und angezeigt werden, beispielsweise Sexualdelikte, ist es so, dass seitens des BFA die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens rasch stattfindet. Wichtig ist zu ergänzen, dass diese Aberkennungsentscheidungen immer an die gerichtlichen Entscheidungen bzw. jene der zuständigen Staatsanwaltschaft gebunden sind. Das heißt, wird so ein Strafverfahren eingestellt, wird auch mangels Vorliegen eines Aberkennungstatbestandes per lege das Aberkennungsverfahren eingestellt", erläuterte Patrick Maierhofer, Sprecher des Innenministeriums.
Dürftige Beweislage, keine objektiven Spuren
Die Sprecherin der Staatsanwalt Linz, Ulrike Breiteneder, bestätigte auf Anfrage ihre Auskunft an das Ö1-Mittagsjournal, wonach es 2020 und 2021 jeweils Anzeigen wegen sexueller Übergriffe gegen eine männliche und eine weibliche Personen gegeben habe. Beide hätten in einer Einstellung geendet, "da die Beweislage derart dürftig war, dass eine Verurteilung auf keinen Fall wahrscheinlich erschien".
Es habe keine objektiven Spuren gegeben und die Aussagen der Anzeiger seien auch nicht als so verlässlich einzustufen gewesen, dass es für eine Anklageerhebung gereicht hätte. Es gebe noch ein drittes aufrechtes einschlägiges Ermittlungsverfahren. Dies sei aber nunmehr an die Staatsanwaltschaft Wien für eine Vereinigung mit dem Tötungsdelikt abgetreten worden, berichtete Breiteneder der APA über die jüngste Entwicklung vom Nachmittag.
Mit Nudelholz erschlagen
Laut Polizei wurde die Exekutive am Montag zu einer Streitschlichtung gerufen, wo sie den Somalier antraf, der angab, zwei Frauen in einer Wohnung umgebracht zu haben. Die Beamten fanden gegen 16.00 Uhr die beiden Opfer (35 und 37 Jahre) blutüberströmt am Boden liegen. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen.
Die Opfer, ebenfalls somalische Staatsbürgerinnen, wurden laut Bekannten erstochen bzw. mit einem Nudelwalker erschlagen. Die Polizei äußerte sich über den genauen Tathergang bisher nicht. Es wurde aber ein Messer sichergestellt. Das 35-jährige Opfer hat als Dolmetscherin bei der Caritas gearbeitet. Entsprechende Medienberichte bestätigte eine Sprecherin.
Verdächtiger hatte 2,2 Promille
Laut Ermittlerkreisen lag bei dem 28-Jährigen eine massive Alkoholisierung von 2,2 Promille vor. Der Verdächtige war am Montag derartig beeinträchtigt, dass eine Einvernahme zunächst nicht möglich war.
Laut Nachbarn soll es sich bei einem der Opfer um die Ex-Frau des Somaliers handeln, mit der er eine vierjährige Tochter haben soll. Diese war aber während der Tat nicht zu Hause, sondern im Kindergarten. Das Mädchen wurde in die Obhut des Jugendamts übergeben. Die zweite Getötete soll die neue Freundin des mutmaßlichen Täters gewesen sein, die öfters zum Essen und Beten in der Wohnung in Favoriten war. Ob beim Täter wie am Montag kolportiert tatsächlich eine Psychose vorliegt, war am Dienstag noch unklar.
Kind wird im Krisenzentrum betreut
Das vierjährige Mädchen wird unterdessen in einem Krisenzentrum der Wiener Kinder- und Jugendhilfe von Sozialpädagoginnen betreut, bei Bedarf werden Psychologinnen und Therapeutinnen hinzugezogen, sagte eine Sprecherin. "Wir wissen, dass man Kinder nach solchen traumatischen Erlebnissen möglichst schnell intensiv begleiten muss." Sozialarbeiterinnen der MA 11 klärten indes ab, ob es Angehörige oder Bekannte der Familie gibt, die sich um das Mädchen kümmern könnten.
Findet sich keine passende Betreuung im Umfeld des Kindes, würde eine geeignete Pflegefamilie gesucht werden oder aber die Unterbringung in einer speziellen Wohngemeinschaft geprüft, sagte die Sprecherin, dies sei für Kinder ab drei Jahren ebenfalls eine Option. Zuvor war das Jugendamt nur einmal mit der Mutter des Mädchens in Kontakt gewesen. "Vor zwei Jahren wurde eine kurze finanzielle Beratung durchgeführt."
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