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Mehr als ein Turnschuh

Von Roswitha Fitzinger, 25. Mai 2019, 02:04 Uhr
Mehr als ein Turnschuh
Seit sieben Jahren sind die selbst gemachten Waldviertler die Lieblingsschuhe von Ron Sandmayr. Bild: VOLKER WEIHBOLD

Ron Sandmayr ist ein (Turn-)Schuh-Enthusiast. Sneakers haben den 38-Jährigen aus Dietach in jeder Lebensphase begleitet, er hat die Auswüchse miterlebt, mehr als tausend Modelle daheim und doch zieht er heute lieber Waldviertler an.

Der erste Blick geht unweigerlich nach unten. In Waldviertlern erscheint Ron Sandmayr zum Gespräch, in dem sich alles um Turnschuhe oder Sneakers dreht. Turnschuh = Sneaker? "Eigentlich kommt der Begriff Sneakers aus dem Amerikanischen und ist die übliche Bezeichnung für Turnschuhe. Sinngemäß bekam der Ausdruck jedoch spätestens in den 80er-Jahren eine Bedeutung, die eher einen sportlichen Freizeitschuh beschreibt", erklärt der 38-Jährige. Und wie in der Geschichte des Sneakers begann auch bei dem Dietacher alles mit einem Converse. Damals, in der Hauptschule, bekam er sein erstes Paar. "Ich hab ihn angeschrieben mit Kugelschreiber und Luftpolster wie bei einem Nike Air reingezeichnet, der zu teuer war", sagt Sandmayr.

Vom Sportschuh zur Ikone

Der "Converse All Star" war zu dieser Zeit bereits eine Ikone, die 1917 als Basketballschuh auf den Markt kam – mit Gummisohle und Leinenschaft. Chuck Taylor, Basketballspieler und Converse-Mitarbeiter, begann 1921 für den Sport und die Schuhe zu werben. Nachdem die amerikanische Mannschaft sie zu ihren offiziellen Schuhen machte und 1936 olympisches Gold gewann, wurde der Schuh zum Trend und in den 50er-Jahren als Alltagsschuh von der Jugend entdeckt. Er wurde zum Synonym für Individualität und Rebellion, nachdem auch Idole wie James Dean und Elvis Presley mit "Chucks" fotografiert worden waren.

In den 60er- und 70er-Jahren hauchten Marken wie Puma und Adidas dem Sportschuh Ästhetik ein, fertigten elegante Modelle aus Leder, modisch und schön. Gleichzeitig wurden sie personalisiert und die Modelle mit Nummern versehen, zugeschnitten auf Berühmtheiten. Für viele Experten markiert 1984 die Geburtsstunde der modernen Sneaker-Kultur. Es war das Jahr, in dem Nike Basketballstar Michael Jordan unter Vertrag nahm und eigens für ihn den "Air Jordan I" entwickelte. Es war der Startschuss für einen beispiellosen Erfolg – für den Sportler und den mittlerweile weltweit größten Sportartikelhersteller.

Lesen Sie dazu auch: Der Aufstieg einen Schuhs - interessante Fakten rund um Sneaker.

Der erste Kaufrausch

Ron Sandmayr war kein Basketballer, er stand im Tor des USV-Dietach und begann als Zehnjähriger mit dem Sammeln von Produktkatalogen sämtlicher Turnschuhmarken. Unvergessen ist ihm die Einladung seines Vereins zu einem Jugendturnier in die Niederlande – nicht der Leistung wegen, sondern weil er seinen ersten Kaufrausch erlebte. "Die Niederländer hatten die angesagtesten Marken immer als Erste. Ich hab’ damals in drei Stunden 8000 Schilling ausgegeben – mein ganzes Erspartes, alles für Turnschuhe, Jacken, Kappen und zwei Trolleys mit Rädern", erinnert er sich mit Schaudern.

Später, als Teenager, trat der Sport in den Hintergrund, andere Idole tauchten auf. Er sei der Skater- und Hip-Hop-Szene hoffnungslos verfallen, wie er sagt. Die Turnschuhe blieben seine Begleiter, lediglich die Marken wechselten. Sie glichen Codes. Ob Rave, Techno, Skater, Breakdancer, jede Szene hatte "ihre Brands". Eine faszinierende Welt, in die Sandmayr mit fortschreitendem Alter immer tiefer eintauchte. Er machte die Sneakers zum Thema seiner Diplomarbeit, recherchierte in Schweden und New York und volontiert bei Nike. Die Sportschuhe wurden schließlich zu seinem Beruf. Vier Jahre verbrachte er bei Adidas im Produktmanagement und entwickelte Kollektionen mit. "Anfangs war es wunderschön und spannend, aber irgendwann ist der Putz gebröckelt und mir wurde klar, dass einfach alles Business und künstlich gesteuert ist." Heute erinnert er sich ohne Wehmut an Sneaker-Messen, die er damals als "spannend, bunt und enorm emotional" empfand, oder an die Suche nach heimlichen Stores, die sich an versteckten Örtlichkeiten befanden und in die nur Einlass fand, wer den Code kannte. Auch wenn all das der Vergangenheit angehört, ist er überzeugt: "Ein Turnschuh hat eine ähnliche Anziehungskraft wie ein Auto." Das Turnschuh-Business funktioniere seit Mitte der Nullerjahre zunehmend durch künstlich herbeigeführte Verknappung. "Vom Nike Yeezy wurden etwa weltweit nur zwei Modelle zu je 5000 Stück produziert. Der Schuh kostete 245 Dollar, einige Monate später wurde er für 5000 bis 6000 Dollar auf ebay angeboten." Limited Edition nennt sich dieser Geschäftszweig und "Sneakerheads" sind seine Akteure, die die Schuhe nie überstreifen, sondern möglichst teuer an den Mann bringen wollen.

Die Sneakermania scheint grenzenlos: Tausende Sammler, Händler und Hersteller finden sich bei sogenannten Sneaker Conventions wie der "Sneakerness" ein, die fast monatlich in einer anderen Stadt abgehalten werden. Wahre Freaks informieren sich in Sneaker-Magazinen über die neuesten Trends und Händler. Für die besonders Kreativen unter ihnen gibt es sogar Bücher zum Ausmalen, und dahingeschiedene Turnschuhfreaks in Ghana finden ihre letzte Ruhestätte in Särgen in Sneakers-Form.

Allgegenwärtig ist der Schuh mittlerweile. Mann trägt Sneakers seit einigen Jahren zu Anzug und Krawatte, der Turnschuh steht für Lässigkeit und Erfolg. Immerhin: Auch die weibliche Beteiligung am Phänomen Sneakers nimmt zu, beobachtet Elisabeth Semmelhack, Kuratorin des Bata Shoe Museums in Toronto. Früher seien High Heels das Statussymbol der selbstbewussten Frau gewesen, heute ist es der Sneaker, sagt die Kunsthistorikerin. Ob Billig- oder Luxusmarke – auch die Modeindustrie mischt nunmehr im umkämpften Sneakers-Markt mit, und sei es nur aus Imagegründen. Der neueste Schrei: besonders hässliche Modelle.

Sneakers als Lebensbegleiter

Und Ron Sandmayr? Der hat dem Sneaker-Konsum abgeschworen – na ja, fast. Wenn er auf Flohmärkten einen "alten und ausgelatschten" Turnschuh entdeckt, kann er nicht widerstehen. "Einfach weil ich so viele Geschichten darüber weiß", sagt er. Wie viele Modelle er besitzt, könne er gar nicht sagen, versichert er und siedelt die Anzahl seiner Schuhe "irgendwo im vierstelligen Bereich" an. Seine Sammlung versteht er als Archiv, das die Geschichte des Turnschuhs widerspiegelt. Es enthält originalverpackte, nie getragene, ausgelatschte, selbst mitdesignte und nie auf den Markt gekommene Modelle, darunter auch welche, bei denen bereits die Sohle zerbröselt. "Sie sind wie eine Reise in meine Vergangenheit. Sneakers haben mich in jedem Lebensabschnitt begleitet", sagt der Dietacher, der mittlerweile fotografierend die Welt bereist, an der Geschichte des Skischuhs schreibt und am liebsten Waldviertler trägt. Sie verkörpern das, was ihm heute wichtig ist: Handwerk und Nachhaltigkeit.

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Autorin
Roswitha Fitzinger
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