Bye-bye, Brits!
Es ist viel Wasser die Themse hinabgeflossen, seit die Briten am 23. Juni 2016 für einen Austritt aus der EU gestimmt haben. Nach langem Gezerre soll es am 31. Jänner mit dem Brexit ernst werden. Zeit, darüber zu räsonieren, was uns am Britentum ans Herz gewachsen ist und worauf wir nach wie vor verzichten können.
+ Die Schlange
Es ist den Inselmenschen in Fleisch und Blut übergegangen, sich an Haltestellen artig nacheinander entlang der Gehsteigkante aufzufädeln, nicht zu drängeln und sittsam vom Ersten bis zum Letzten den Bus zu besteigen. Das Kapitel „Diszipliniertes Anstellen in der Schlange“ hat der gelernte Österreicher leider nicht intus. Hierzulande wird weiter in Keilform mit Ellbogentechnik gedrängelt.
- London Heathrow
Wer über den größten europäischen Flughafen reist, muss nicht nur Fernweh, sondern auch viel Zeit und Geduld mitbringen. Der Stau an Pass- und Gepäckskontrollen ist im negativen Sinn legendär, der Austritt aus der EU wird alles andere denn eine Besserung bringen. Bei verpassten Anschlussflügen wird die Geduld doppelt strapaziert, wenn sich die Gestrandeten um Umbuchungen bemühen müssen.
+ Keep calm and carry on
Der Spruch „Keep calm and carry on“ (Ruhe bewahren und weitermachen“) steht auf Magneten, ziert T-Shirts, Kapperl, Poster, Taschen, Kaffeebecher, Buttons, Schlüsselanhänger, Handyhüllen, wurde mittlerweile tausendfach abgewandelt und ist eines der beliebtesten Mitbringsel von der Insel. Was wenige wissen: „Keep calm and carry on“ stand ursprünglich auf einem Propaganda-Poster, das 1939 vom britischen Informationsministerium in einer Auflage von über 2,5 Millionen Stück gedruckt worden war, um die Moral der Bevölkerung im Falle eines schweren Militärschlags zu stärken. Da das Poster nie veröffentlicht wurde, war es bis zu seiner Wiederentdeckung im Jahr 2000 relativ unbekannt.
- Das Pfund
Seit wir den Euro haben, liegt uns das Britische Pfund schwer im Magen. Die älteste Währung der Welt, die immer noch in Gebrauch ist, zwang zum Umrechnen, was angesichts ihres wankelmütigen Werts ein ständiges Auf und Ab bedeutete.
+ Das Wort Brexit
Das sogenannte Kofferwort, eine Symbiose aus British und Exit, tauchte erstmals im Jahr 2012 auf. Ähnlich geschmeidig ging davor nur der Kunstbegriff Grexit über die Zunge, wobei der Austritt Griechenlands nur hypothetisch verhandelt wurde. Ein würdiger Nachfolger für Brexit ist nicht in Sicht. Ein „Iexit“ (Italien) holperte, für Spanien hieße es wohl „Spexit“, obwohl ein „Sexit“ mehr Sex hätte. Und bei „Pexit“ bliebe offen, ob sich Portugal oder Polen verabschieden wollten.
- Linksverkehr
Auch in Österreich wurde einst auf der – aus heutiger Sicht – falschen Seite gefahren. Seit 1938 sind wir wieder rechts unterwegs, was trotz des markanten Datums nicht politisch, sondern rein verkehrstechnisch zu verstehen ist. Schließlich sitzt der Rechtsfahrer im Auto links. Natürlich bringt man es nach ersten Irritationen in Kreisverkehren und an Kreuzungen auf die Reihe, die linke Fahrbahnhälfte zu frequentieren. Allein, es hapert beim Einsteigen, da steht unsereiner jeden Urlaubstag aufs Neue beim Einsteigen als Fahrer vor der Beifahrertür. Sh...t!
+ B&B
Sie haben mittlerweile auf der ganzen Welt ihre Nachahmer gefunden, kleine Privatunterkünfte namens Bed & Breakfast. Aber nirgendwo sind sie heimeliger als auf der Insel.
- Fish & Chips
Es mag sich dabei um das heimliche englische Nationalgericht handeln … dass sich Menschen um den unter fettiger Panier versteckten weißfleischigen Fisch gepaart mit frittierten, grobgeschnitzten, mit Malzessig beträufelten Erdäpfeln reißen, dürfte mehr mit Hunger als mit Genuss zu tun haben. Das lässt sich geschichtlich belegen, schrieb doch die Fischfrittiervereinigung nach dem Ersten Weltkrieg: „Wir standen zwischen der Regierung und ärgster Unzufriedenheit … und mehr als jedes andere Gewerbe in diesem Land zwischen den Ärmsten der Armen und Hungersnot und Revolte.“
+ Schottischer Whisky
Gut Ding braucht Weile, weshalb es zwingend vorgeschrieben ist, dass Scotch mindestens drei Jahre in Eichenfässern zu lagern hat, um Scotch zu sein. Mit einem Tropfen Wasser benetzt, gibt ein Single Malt Geschmacksstoffe frei, die den Trinker zur imaginären Reise durch die Low- und Highlands oder die Regionen Speyside und Islay mitnehmen. Ein Prost auf die Schotten für ihren Widerstandsgeist!
- Britischer Exzeptionalismus
Kein anderes EU-Land hat so viele Extrawürste verlangt und bekommen wie die Briten: Seit 1984 zahlt Großbritannien weniger in die EU-Kasse, als es müsste, hat sich eine Regelung zur Nichtbeteiligung am Schengen-Raum ausgehandelt, den Euro nicht eingeführt und auch keine Schuldenbremse, weil es gegen den Fiskalpakt ein Veto einlegte. Großbritannien mag zwar formal zur EU gehören, hat aber schon immer sein eigenes Ding gemacht, weshalb viele ätzen: Die Briten seien nie wirklich bei der EU gewesen. Also: Wen wundert deshalb ein Brexit? Adieu, Rosinenpicker!
+ Leicht bekleidete Mädchen
Kurze Röcke, zarte Strümpfe, Stilettos, luftige Bluserl mit Spaghettiträgern, und sonst nichts – und das auf offener Straße bei Temperaturen nahe am Gefrierpunkt. Die leicht bekleideten Mädchen auf winterlicher Pub- und Club-Tour lässt die Kälte kalt. Der naheliegende Vorteil: Wer keinen warmen Mantel trägt, kann ihn im Samstagnachtfieber auch nirgends vergessen.
+ Der englische Rasen
Er ist eine Augenweide: sattes, dichtes, saftiges Grün, hingebungsvoll gepflegt, perfekt geschnitten, so samtig in der Anmutung, dass man sich am liebsten darauf betten möchte (wenn da nicht der Weckguss durch den Sprinkler wäre). Da kein Löwenzahn, dort kein Klee, nichts los mit Moos, keine stechende Distel. Der Lichtblick im Garten hat nur eine Schattenseite (abgesehen davon, dass Insekten nicht auf ihn fliegen): In ihm steckt viel Arbeit.
+ Jamie Oliver
Ausgerechnet ein Engländer hat uns die leichte, schnelle und gesunde Küche schmackhaft und das Kochen insgesamt hip gemacht. Dafür gebührt dem 43-jährigen Sonnyboy und brillanten Selbstvermarkter (er soll knapp 30 unterschiedliche TV-Formate mit sich selbst in der Hauptrolle realisiert haben) Anerkennung.
+ God save the Queen
"Happy and glorious, long to reign over us; God save the Queen". Wer die britische Nationalhymne hört, ist ergriffen, ob er will oder nicht, ob im Fußballstadion oder gesungen von den Sex Pistols. Ein staatstragender Ohrwurm at its best.
- Illuminierte Rothäute
Auf den Balearen, an türkischen und griechischen Gestaden erfüllen sie das Klischee: abgefüllte, torkelnde Briten, hirn- wie hautverbrannt.
+ Afternoon Tea
Blümchenteetassen, eine Etagere belegt mit Sandwiches (ohne Rand, aber in Dreiecksform), weiters mit kleinen Kuchenstücken und natürlich mit Scones, dem englischen Teegebäck schlechthin, das auseinandergebrochen (nicht geschnitten) und mit ausreichend Clotted Cream und Marmelade bestrichen wird. All das ist Teil des Afternoon Tea, der traditionell um 16 Uhr beginnt und locker eine Mahlzeit ersetzt. Very delicious und deshalb unverzichtbar.
- Britisches Englisch
Da hat man jahrelang brav Vokabeln gelernt, britische „trousers“ den amerikanischen „pants“ vorgezogen und mit dem „rubber“ den Radiergummi und nicht das Kondom gemeint – und plötzlich versteht man nicht, was einem das Inselgegenüber sagen will. Verflucht seien die Dialekte und Akzente, das Scouse der Liverpudlians, das Cockney der Arbeiterklasse oder das Geordie, das in und um Newcastle verwirrt. Das ist, wie nach einem Deutschkurs zum Plaudern ins Ländle zu fahren.
+ Britische Mentalität
Vor allem im Straßenverkehr mit den ungeübten Linksfahrern eine unendliche Geduld beweisend und nie hupend, sind die Briten Vorbild. Auch im persönlichen Umgang geben sie einem mit ihrer stets freundlichen, hilfsbereiten und unaufgeregten Art das Gefühl, willkommen zu sein.
- Boris Johnson
Der britische Premierminister und Brexit-Zündler ist in New York geboren – adelige deutsche Vorfahren mit dem Familiennamen Münchhausen sind aber nicht auszuschließen. Er trägt eine ähnliche „Frisur“ wie US-Präsident Donald Trump, beide könnten in einem Puppentheater sowohl die Rolle des Kasperls als auch jene des Krokodils übernehmen.
+ Die Royals
Die britischen Royals gehören zu den beliebtesten Adelsfamilien in Europa. Vielleicht, weil es in dieser Familie nie langweilig wird? Die Windsors sind und waren immer schon gut für Skandale. Es begann mit der Abdankung König Eduards VIII. 1937 aus Liebe zur zweifach geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson. In den 50er-Jahren empörte man sich über die Affäre der Queen-Schwester Margaret mit einem verheirateten Offizier. Auch die Beziehung von Lady Di und Prince Charles lieferte ausreichend Skandale und Stoff für die Klatschpresse, ebenso wie ihr Jüngster, der als „Royal Nazi“ oder „Dirty Harry“ in die Schlagzeilen geriet. Dort tauchte jüngst auch sein Onkel Andrew mit einem fragwürdigen Interview zum Epstein-Skandal auf. Die Wogen hatten sich noch nicht geglättet, folgte die nächste Aufregung: Alle sprachen über den Megxit – den Ausstieg von Harry und Meghan aus dem royalen Business.
+ 007
Er gehört zu Britannien wie die Königin herself, ist er doch der Geheimagent im Dienste Ihrer Majestät. Seit mehr als sechs Jahrzehnten besticht James Bond mit Coolness, Gelassenheit und stilsicherem Auftreten. Eine Kunstfigur mit der Lizenz zum Töten, die davon auch ausreichend Gebrauch macht. Trotz mehr als 360 Todesopfern in 25 Filmen und wechselnden Schauspielern, die Zuschauer halten James die Treue. Wir auch!
- Rosamunde Pilcher
Während kaum ein Brite die schnulzigen Romanverfilmungen kennt, sind sie im deutschsprachigen Raum ein fester Bestandteil des sonntäglichen Abend- bzw. samstäglichen Nachmittagsprogramms. Vor der landschaftlich herrlichen Kulisse Cornwalls spielen sich die immer gleichen Geschichten über Herzschmerz ab, die durchschnittlich sieben Millionen Zuschauer sehen. Wir meinen: Besser schläft es sich nur bei Formel-1-Rennen.
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Ich werde mir heute pünktlich 0:00 CET / 23:00 GMT Asterix bei den Briten reinziehen.
In Gedenken an die lieben Spleens der Insulaner.
Und zuvor als Warm-Up "shoot the dog" von George Michael (leider gibt es noch kein Remake mit Donald und Boris statt Bush und Cameron!).
Bye bye Brits?
Fuck you, Boris!
Fuck you Teresa!
Fuck you Nigel!
Fuck you David!
Als es in England noch eine echte Monarchie gab, hätte der König/die Königin diese Gestalten wegen Hochverrats in den Tower gesperrt und dort verrotten lassen.
Wollen Sie in diese Menschen wirklich Ihren P... reinstecken?
Wie die Autoren des Artikels es schafften, im Absatz zu Boris Johnson das Wort "Vollidiot" zu vermeiden: Hut ab, eine Meisterleistung!