Brexit: May schließt neuerliche Verschiebung von Brexit-Votum aus
LONDON. Die britische Premierministerin Theresa May ist Spekulationen über eine neuerliche Verschiebung des Parlamentsvotums über ihren umstrittenen Brexit-Deal mit der Europäischen Union entgegengetreten. Die Abstimmung werde wie geplant um den 14. oder 15. Jänner herum stattfinden, sagte May am Sonntag der BBC. Sie warnte zugleich vor unabsehbaren Folgen, sollte das Unterhaus das Abkommen ablehnen.
In einem solchen Fall käme Großbritannien auf "unbekanntes Terrain", sagte die konservative Politikerin. Sie könne schlicht nicht sagen, was passiere, wenn das mühsam mit der EU ausverhandelte Abkommen nicht angenommen werde. In einem Beitrag für die Zeitung "Mail on Sunday" warnte May vor erheblichen wirtschaftlichen Schäden und einem schwindenden Vertrauen in die Demokratie, wenn das Brexit-Abkommen scheitere. May warnte die Abgeordneten auch vor Abänderungsanträgen zum Brexit-Deal. Dadurch könnte der gesamte Ausstiegsplan scheitern, sagte sie der BBC. "Perfektionismus sollte nicht der Feind des Guten werden, weil wir dann Gefahr laufen, gar keinen Brexit zu haben."
May bekräftigte ihr Nein zu einem zweiten Brexit-Referendum
Diesbezüglich verwies sie auf das enge Zeitkorsett bis zum Austritt. Eine Volksabstimmung vor dem Austrittsdatum am 29. März sei nicht machbar. Die Premierministerin äußerte sich, nachdem eine Umfrage im Auftrag von EU-Befürwortern eine deutliche Mehrheit für einen Verbleib in der Union gezeigt hat.
Wenn es derzeit eine zweite Volksabstimmung gäbe, sprächen sich 46 Prozent für einen Verbleib und 39 dagegen aus, wie am Sonntag aus einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov hervorging. Wenn die Unentschlossenen und die Befragten ohne Angaben herausgerechnet werden, liegt das Verhältnis bei 54 Prozent für und 46 Prozent gegen eine EU-Mitgliedschaft. Bei dem Referendum 2016 waren die EU-Befürworter mit 48 Prozent den Brexit-Anhängern mit 52 Prozent unterlegen.
Der Ausgang der Abstimmung im Unterhaus ist ungewiss
Die Brexit-Vereinbarung stößt nicht nur in der Opposition, sondern auch bei Mays Konservativen auf heftige Kritik. Bisher hat die britische Regierung erklärt, dass Großbritannien die EU ohne einen Deal verlässt, wenn das Unterhaus nicht zustimmt.
Indes zeigen Daten von Einwanderungsbehörden in anderen EU-Staaten, dass sich viele Briten mit Pässen anderer Unionsstaaten gegen den Brexit wappnen wollen. Das gilt unter anderem für Deutschland, Irland, Portugal und Schweden, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Der Run der Briten auf die Pässe aus anderen Ländern setzte mit dem Brexit-Referendum im Jahr 2016 ein.
Deutlicher Anstieg auch in Östereich
Auch in Österreich zeigen Daten der Statistik Austria einen deutlichen Anstieg, wenn auch von einem niedrigen Niveau. War die Zahl der Einbürgerungen von Briten bis zum Jahr 2014 im einstelligen Bereich, wurde 2015 und 2016 jeweils zehn Briten die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. 2017 waren es 24, in den ersten drei Quartalen des letzten Vor-Brexit-Jahres 2018 sogar 31. Österreich zählt zu den EU-Staaten mit vergleichsweise hohen Hürden für den Staatsbürgerschaftserwerb, auch wenn es Erleichterungen für EU-Bürger gibt. Sie erwerben schon nach sechs Jahren ununterbrochenem und rechtmäßigem Aufenthalt den Anspruch auf einen österreichischen Pass. Viele der gut 10.000 Briten in Österreich dürfte aber das strikte Verbot von Doppelstaatsbürgerschaften abschrecken, die etwa in Deutschland explizit erlaubt sind.