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Der lange Weg ins Weiße Haus

Von Thomas Spang, 07. Jänner 2024, 17:00 Uhr
Bild: Foto: AFP/Tannen maury

Mit den ersten Vorwahlen der Republikaner in Iowa am 15. Jänner erreichen die US-Präsidentschaftswahlen einen wichtigen Meilenstein.

Diesmal ist alles anders. Mit Joe Biden (81) und Donald Trump (77) treten erstmals ein amtierender Präsident, der wiedergewählt werden möchte, und ein abgewählter Amtsinhaber gegeneinander an: Mit Trump einer, der die Mehrheit seiner Partei mit der "großen Lüge" von den angeblich gestohlenen Wahlen davon überzeugt hat, dass er eigentlich der legitime Präsident sei.

Damit gehen bei den Vorwahlen von Demokraten und Republikanern zwei Kandidaten an den Start, die den Bonus des Amtsinhabers haben. Das nimmt Herausforderern den Wind aus den Segeln. Wie sehr, lässt sich an den Umfragen ablesen. In dem von Wahlforscher Nate Silver auf "FiveThirtyEight" ermittelten Durchschnitt der Umfragen aus Iowa holte Trump mit 50 Prozent so viele Stimmen wie alle seine Mitbewerber zusammen. 

Schwache Gegner

Der mit großen Vorschusslorbeeren ins Rennen gegangene Gouverneur aus Florida, Ron DeSantis, kommt trotz Unterstützung der Führer der Evangelikalen, die zwei von drei Wählern in Iowa stellen, auf nur knapp über 18 Prozent. Die zuletzt viel gepriesene ehemalige UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, kratzt an der 16-Prozent-Marke, der "Trump-Klon" Vivek Ramaswamy kommt auf sechs Prozent, und der Ex-Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, auf etwas unter vier Prozent.

Im Fall Bidens bedeutet der Amtsbonus, dass ein innerparteilicher Wettbewerb de facto nicht stattfindet. Der ehemalige Kongressabgeordnete Dean Phillips (56) und Selbsthilfe-Autorin Marianne Williamson (72) sind nicht mehr als Zählkandidaten. Solange Joe Biden nicht anklingen lässt, auf eine Wiederwahl zu verzichten, wird kein Schwergewicht in der Partei seinen Hut in den Ring werfen. Dabei gäbe es mit den Gouverneuren Gavin Newsom aus Kalifornien, Gretchen Whitmer aus Michigan oder J.B. Pritzker aus Illinois politische Schwergewichte, die in den Startlöchern stehen.

Diese Ausgangslage führt zu der kuriosen Situation, dass beide Parteien fast unausweichlich einen Präsidentschaftskandidaten küren werden, der unbeliebt ist. In Umfragen bewegen sich Biden und Trump bei ihren Zustimmungswerten um die 40-Prozent-Marke. Beide starten damit an einem Punkt, an dem sonst unterlegene Präsidentschaftsbewerber stehen, nachdem im Wahlkampf kübelweise Schmutz über sie ausgeschüttet worden ist.

Der "dritte Kandidat" 

Der Unbeliebtheitswettbewerb erklärt das Interesse der Amerikaner an "dritten" Kandidaten wie dem Verschwörungstheoretiker Robert F. Kennedy Junior, der Grünen Jill Stein, dem linken Intellektuellen Cornel West und einem möglichen Kandidaten der zentristischen Organisation "No Labels". Obwohl diese Bewerber für sich genommen keine Chance haben, ins Weiße Haus einzuziehen, können sie in Wechselwählerstaaten genügend Stimmen auf sich vereinen, um die Waagschale zu der einen oder anderen Seite zu neigen. 

Start in "weißem" Staat

 Sicher ist nur, dass die Vorwahlen am 15. Jänner in Iowa mit seiner blütenweißen Landbevölkerung beginnen. Die Republikaner treffen sich hier bei lokalen Parteiversammlungen, die viel Zeit und Ausdauer der Teilnehmer beanspruchen. An diesen "Caucuses" nehmen vorwiegend Aktivisten teil, die ideologisch stärker motiviert sind als gewöhnliche Wähler. Iowa ist dennoch wichtig, weil Kandidaten für Überraschungen sorgen können. Darauf hofft Ron DeSantis, der ohne einen Erfolg im Mittleren Westen seinen Wahlkampf beenden kann.

 Nikki Haley reichte dagegen ein besser als erwartetes Abschneiden, um dann bei den ersten "Primaries" in New Hampshire am 23. Jänner die "Niemals Trump"-Stimmen in ihrer Partei zu konsolidieren. In dem kleinen Neuengland-Staat werden erstmals geheime Stimmzettel in der Wahlkabine abgegeben. Hier sind Außenseiter aufgestiegen und haben Verlierer von Iowa ihr "Comeback" gefeiert. Haley hofft hier, ihre Chancen auf ein direktes Duell mit Trump in ihrem Heimatstaat South Carolina offenzuhalten.

 Während in Nevada am 8. Februar ein Trump-Sieg als gesetzt gilt, steht am 24. Februar in South Carolina der erste wichtige Stimmungstest des Südens an. Der konservative Südstaat repräsentiert eine gute Mischung an Wählern, die spiegeln, wo die Republikaner heute stehen. Trump hat hier eine treue Basis, aber mit Haley hat er in der ehemaligen Gouverneurin eine starke Herausforderin. Wer sich hier behaupten kann, geht mit Rückenwind in den Super-Dienstag am 5. März, an dem fünfzehn Staaten, darunter Kalifornien und Texas, ihre Delegiertenstimmen vergeben

Zu diesem Zeitpunkt findet der Wahlkampf auf einer nationalen Bühne statt. Was zählt, sind die Geldreserven der Kandidaten für teure TV-Werbung und die Organisation vor Ort.

Trumps Gerichtsprozesse

Falls es bei dem am 4. März geplanten Beginn der Hauptverhandlung in dem Strafprozess gegen Trump wegen dessen Rolle beim Aufstand am 6. Jänner 2021 bleibt, erhalten die republikanischen Wähler eine Erinnerung an die möglichen Konsequenzen ihrer Entscheidung. Ein Schuldspruch könnte zu einem Bann seiner Kandidatur nach dem 14. Verfassungszusatz der Vereinigten Staaten im Herbst führen. 

In dieser Frage, wie auch jener nach Immunität Trumps für sein Handeln im Präsidentenamt, dürfte sich der Supreme Court bald einschalten, was weitere Ungewissheiten auf dem langen Weg ins Weiße Haus mit sich bringt. Infrage stehen auch der Beginn der Verhandlungen bei den drei weiteren Strafprozessen. In New York soll die Hauptverhandlung im "Stormy Daniels"-Strafprozess am 25. März beginnen. Der Strafprozess in der Dokumenten-Affäre ist für 20. Mai angesetzt. In Georgia soll der Prozess im Spätsommer losgehen. Im Unterschied zu Zivilverfahren besteht für Angeklagte Anwesenheitspflicht an den Verhandlungstagen. Wie sich die Verknüpfung der historischen Strafprozesse gegen einen Ex-Präsidenten und der Wahlkampf auf die Wahrnehmung der Wähler auswirken, kann nicht vorausgesagt werden. In der Geschichte amerikanischer Präsidentschaftswahlen ist das beispiellos. Der älteste Präsident Traditionell steht nach dem Super-Dienstag der Kandidat fest. Formell küren die Republikaner auf dem Parteitag von 15. bis 18. Juli in Milwaukee und die Demokraten auf ihrer "Convention" von 19. bis 22. August in Chicago ihre Präsidentschaftskandidaten. Nach einer kurzen Sommerpause tritt der Wahlkampf dann am amerikanischen Tag der Arbeit Anfang September in die heiße Phase. Höhepunkte sind die drei Präsidentschaftsdebatten an der Texas State University in San Marcos, an der Virginia State University und der University of Utah in Salt Lake City. Der Wahltag fällt diesmal auf den 5. November. Wenn alles nach Plan läuft, schreitet einer der Kandidaten als Erster über die Ziellinie. Der Sieger im langen Rennen um das Weiße Haus kann vor die Kameras treten und sich als 47. Präsident der Vereinigten Staaten feiern lassen. Am Ende einer zweiten Amtszeit wäre jeder der beiden der bisher älteste Präsident in der Geschichte.

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Autor
Thomas Spang
US-Korrespondent
Thomas Spang

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1  Kommentar
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tulipa (3.786 Kommentare)
am 08.01.2024 09:19

Was für ein gefährlicher Clown! Wie gehirngewaschen muss man sein, um so einem Rattenfänger nachzulaufen.

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