Iran kündigt den teilweisen Ausstieg aus dem Wiener Atomabkommen an
TEHERAN. Staatspräsident Hassan Rohani droht mit der Wiederaufnahme der Urananreicherung.
Es war keine Überraschung, als Irans Staatspräsident Hassan Rohani nach dem Fastenbrechen am Dienstagabend die Maßnahmen zur Bekämpfung des "US-Wirtschaftsterrorismus" verkündete. Sollten Großbritannien, Frankreich und Deutschland nicht binnen 60 Tagen ihren im Wiener Atomdeal festgelegten Zusagen im Öl- und Bankensektor nachkommen, werde man die Urananreicherung wieder aufnehmen.
Die Forderung des Iran, dem die Atomenergiebehörde IAEO bis dato Vertragstreue attestierte, ist berechtigt, ihre Umsetzung aber fast unmöglich. Denn die USA haben nicht nur den Iran selbst mit den "schwersten Sanktionen ihrer Geschichte" belegt, sondern auch alle Staaten und Firmen, die mit Teheran Geschäfte machen.
Trump: "Der Iran soll leiden"
Die Islamische Republik soll nach den Worten von US-Präsident Donald Trump "leiden". Von den im Vorjahr in Kraft getretenen Zwangsmaßnahmen betroffen sind aber nicht die von Washington als "Terrorgruppe" eingestuften Revolutionsgarden, sondern die einfache Bevölkerung, die angesichts der Wirtschaftskrise den Ausstieg aus dem Atomdeal mitträgt. "Auch wenn sie die Mullahs nicht mögen", sagen westliche Diplomaten in Teheran, "haben sich die Iraner in Krisenzeiten immer mit dem Regime solidarisiert."
Wie in der Vergangenheit bleibt der Iran bei der Formulierung seiner Absichtserklärung auch dieses Mal bewusst vage. So verzichtet man etwa darauf, den Grad der Urananreicherung sowie den genauen Umfang zu benennen. Zudem ermöglicht das von Teheran gestellte Zwei-Monats-Ultimatum eine Entschärfung der Krise auf diplomatischem Wege.
"Historisches Abkommen"
Nicht einmal vier Jahre ist es her, als man im Palais Coburg in Wien die Urananreicherung im Iran auf ein Niveau unterhalb einer Grenze festgeschrieben hatte, bei der keine Herstellung von atomaren Sprengsätzen möglich ist. Mit strikten Kontrollen sollte dem Iran die Entwicklung von Atomwaffen unmöglich gemacht werden. Als Gegenleistung hatten die Vertragspartner die Aufhebung der Sanktionen versprochen.
Die Obama-Administration hatte das Abkommen damals als "historisch" gefeiert, für Trump war und ist es das "schlechteste Vertragswerk aller Zeiten". Nach der Aufkündigung vor einem Jahr darf seit 1. Mai kein Land mehr iranisches Öl importieren. Für den Iran war damit die Schmerzgrenze überschritten. "Bevor wir ersticken, wehren wir uns", betonte Revolutionsführer Ali Khamenei.
Die Warnung des obersten Geistlichen scheint die Amerikaner zu beunruhigen. Als Reaktion auf "eine Reihe eskalierender Anzeichen und Warnungen" wurde am Sonntag der Flugzeugträger "USS Abraham Lincoln" in den Persischen Golf geschickt. US-Außenminister Mike Pompeo sagte einen geplanten Berlin-Besuch ab und flog in der Nacht auf Mittwoch überstürzt nach Bagdad. Am Tigris soll er der irakischen Regierung Geheimdienstinformationen zum besseren Schutz der 5000 US-Soldaten im Land übermittelt haben.
Staat im Staat aufgebaut
Die Furcht der USA ist berechtigt. Wie im Libanon, schreibt der Islamwissenschafter Guido Steinberg, haben schiitische Milizen auch im Irak einen Staat im Staat aufgebaut, die in enger Abstimmung mit Teheran die Politik im Irak maßgeblich mitbestimmten. Bis zu 100.000 Bewaffnete könnten mobilisiert werden, von denen sich viele im Kampf gegen die radikal-islamische Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) bewährt hätten.
An einer militärischen Eskalation, betonten EU-Diplomaten in Teheran, habe der Iran kein Interesse. Wie die USA bereite sich das Land auf den militärischen Ernstfall vor – was angesichts der Verbohrtheit der Akteure die Lage in der Region gefährlich mache.
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