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Zehn Jahre nach dem "Arabischen Frühling": Chaos in vielen Ländern

Von OÖN, 17. Dezember 2020, 00:04 Uhr
Zehn Jahre nach dem "Arabischen Frühling": Chaos in vielen Ländern
Proteste gegen Syriens Machthaber Bashar al-Assad Bild: REUTERS

TUNIS / KAIRO / SANAA. Von Tunesien sprang der Funke auf die Region über – heute herrscht vielerorts Ernüchterung

Heute genau vor zehn Jahren begann mit der Selbstverbrennung des Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi in Tunesien der sogenannte Arabische Frühling und löste eine Welle der Hoffnung aus. Mit einem Mal schien es möglich, dass sich seit Jahrzehnten autoritär regierte Staaten im Nahen Osten und Nordafrika zu Demokratien mit einer starken Zivilgesellschaft wandeln könnten. Zehn Jahre später fällt die Bilanz ernüchternd aus. Allein Tunesien erlebte einen Übergang in Richtung Demokratie; andere Staaten wie Libyen, Syrien oder der Jemen versanken jedoch in Krieg und Chaos:

Tunesien: Aus Protest gegen Armut und Chancenlosigkeit zündet sich Bouazizi am 17. Dezember 2010 selbst an. Seine Verzweiflungstat wird zum Funken für Proteste in der gesamten Region. Weniger als einen Monat später flieht Machthaber Zine el-Abidine Ben Ali nach Saudi-Arabien. Noch im gleichen Jahr werden die ersten freien Wahlen abgehalten.

2014 verabschiedet Tunesien eine neue Verfassung. Fünf Jahre später ist die Partei Ennahda, die "Bewegung der Wiedergeburt", stärkste Kraft im Parlament. Bis heute leidet Tunesiens junge Demokratie aber unter politischer Instabilität und einer noch immer düsteren wirtschaftlichen Lage.

Ägypten: Die ersten Demonstrationen gegen Husni Mubarak beginnen am 25. Jänner 2011. Hunderttausende versammeln sich Tag für Tag auf dem Tahrir-Platz in Kairo. Die Staatsführung reagiert mit Gewalt, fast 850 Menschen werden getötet. Aber die Massenproteste reißen nicht ab und zwingen Staatschef Mubarak am 11. Februar zum Rücktritt.

Im Juni 2012 wird Mohammed Mursi von der Partei der Muslimbrüder der erste frei gewählte, zivile Präsident des neuen Ägyptens. Doch nach nur einem Jahr stürzt ihn das Militär, angeführt vom ehemaligen Armeechef Abdel Fattah al-Sisi. Nach Angaben von Amnesty International baut al-Sisi Ägypten zu einem "Gefängnis unter offenem Himmel" um, zehntausende Menschen sind aus politischen Gründen in Haft.

Jemen: Zehntausende Demonstranten fordern am 27. Jänner 2011 den Rücktritt von Präsident Ali Abdullah Saleh. Nach drei Jahrzehnten an der Spitze des Staates tritt er im Februar 2012 zurück. Sein ehemaliger Stellvertreter Abd Rabbo Mansour Hadi wird in einer Wahl ohne Gegenkandidaten zum Übergangspräsidenten.

2014 verbündet sich Saleh mit seinen früheren Feinden, den vom Iran unterstützten schiitischen Huthi-Rebellen, um seinen Amtsnachfolger Hadi zu entmachten.

Im Folgejahr greift der mächtige Nachbar Saudi-Arabien ein und stellt sich an die Spitze einer arabischen Koalition, welche die Huthis stoppen soll. In dem seither andauernden Krieg sterben Zehntausende, darunter viele Zivilisten. Saleh überwirft sich 2017 mit den Huthi-Rebellen und kommt auf der Flucht zu Tode.

Trotz diplomatischer Bemühungen gelingt es nicht, die vielfältigen Konflikte beizulegen. Mitte November 2020 warnen die Vereinten Nationen, dem Land drohe die weltweit schlimmste Hungersnot seit Jahrzehnten.

Libyen: Auch in Libyen beginnen die Proteste Mitte Februar 2011. Die Demonstrationen gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi in der Hafenstadt Benghazi können nur kurzzeitig unterdrückt werden und weiten sich zu einem bewaffneten Konflikt aus.

Gaddafi auf Flucht ermordet

Nach grünem Licht der UNO greift eine von Washington, Paris und London geführte Militärkoalition in den Konflikt ein, Tripolis fällt im August in die Hände der Aufständischen. Am 20. Oktober 2011 endet nach 42 Jahren Gaddafis Herrschaft in Libyen. Er wird auf der Flucht ermordet.

Der ölreiche Mittelmeeranrainer versinkt danach im Chaos. Zwei rivalisierende Parlamente und eine Vielzahl von Milizen kämpfen um die Vorherrschaft im Land. Libyen ist zum Durchgangsland für Menschenschmuggler geworden, die Flüchtlinge vom afrikanischen Kontinent über das Mittelmeer nach Europa schleusen.

Syrien wird mit eiserner Hand vom Assad-Clan regiert. Am 15. März 2011 beginnen friedliche Demonstrationen für demokratische Reformen im Land, die der Sicherheitsapparat von Staatschef Bashar al-Assad niederschlagen lässt. Aus den Protesten wird ein bewaffneter Aufstand, der in einen bis heute andauernden Krieg mündet.

Millionen Vertriebene

Von Beginn an mischen zahlreiche ausländische Mächte mit. Nachdem Assad zunächst in der Defensive ist, schaltet sich Russland 2015 militärisch ein. Das Blatt wendet sich zu Assads Gunsten, der auch auf die Unterstützung des Iran und der libanesischen Hisbollah-Miliz zählen kann. Inzwischen sind Aufständische, Rebellen und islamistische Milizen zurückgedrängt, Assad kontrolliert bis zu 70 Prozent des Staatsgebietes. Bis heute wurden im Bürgerkrieg mehr als 380.000 Menschen getötet und Millionen Menschen in die Flucht getrieben.

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16  Kommentare
16  Kommentare
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sol3 (13.727 Kommentare)
am 17.12.2020 16:18

Obama wollte das so!

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Maireder (2.427 Kommentare)
am 17.12.2020 11:56

Gadaffi der zweifellos ein Schurke war, wurde mit europäischen Flugzeugen aus dem Amt gebombt.
Gegenüber dem französischen Journal du Dimanche äußerte sich 2011 der libysche Diktator Muaamar al-Gaddafi:
“Ihr werdet von einer Immigrationswelle aus Afrika überschwemmt werden, die von Libyen aus nach Europa überschwappt.
Es wird niemand mehr da sein, um sie aufzuhalten."
Recht hatte er mit seiner Behauptung, so man sich die Situation in diesem Land ansieht.

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snooker (4.464 Kommentare)
am 17.12.2020 11:46

"Gaddafi auf der Flucht ermordet"
Da wird einer zum Märtyrer gemacht

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bravespferd (4.628 Kommentare)
am 17.12.2020 14:37

naja.. eine Rakete aufs Haupt würd ich jetzt auch als Mord, bzw Attentat bezeichnen. Ob er dadurch Märtyrer wurde, müssen sie die Lybier fragen. Die Älteren werden es eher so sehen. Die jungen werdem Alahu Akbar rufen und sich mit der AK in den Fuß schiessen. Weil die nämlich bissl dumm sind. Wissns?

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Gugelbua (32.719 Kommentare)
am 17.12.2020 11:37

Ist doch klar, in allen Ländern wo sich der Westen einmischt herrscht Chaos und dann wundert man sich über die Millionen von Flüchtlingen

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bravespferd (4.628 Kommentare)
am 17.12.2020 14:41

Die politischen Akteure des Westens waren durchgehend Liberal u Konservativ. Von den US Demokraten über die Briten die damals auch nicht von Boris Johnson geführt wurden usw. Überall der gleiche Mist, und die idiotischen Wähler in der EU wählen weiter die selben Parteien. Die Welt lacht uns aus währen wir im Cultureclash ächzen.

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reibungslos (15.052 Kommentare)
am 17.12.2020 11:05

Francis Fujuyama, einer der einflussreichsten Politikwissenschaftler der Gegenwart und Strategieberater von Ronald Reagan und den beiden Bushs, hat 1992 allen Ernstes behauptet ("Das Ende der Geschichte"), dass sich unser westliches System in Form von Demokratie und Marktwirtschaft endgültig und überall durchsetzen würde. Man müsse das daher dringend allen Völkern der Erde beibringen und alle Konflikte und Kriege hätten auf alle Zeiten ein Ende.

Fukuyama musste seine Thesen später großteils widerrufen. Jeder konnte sehen, dass das nicht funkioniert.

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( Kommentare)
am 17.12.2020 10:11

Der Arabische Frühling ist gescheitert. vorerst. aber er wird wiederkommen. mit mehr erfolg - wenn er nicht mehr von Muslimbrüder & co gekapert wird.

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bravespferd (4.628 Kommentare)
am 17.12.2020 14:46

ja, aber in Europa

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bravespferd (4.628 Kommentare)
am 17.12.2020 14:47

Demokratie dann in islamischen Ländern? Im ernst? 😂😂

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mitreden (28.669 Kommentare)
am 17.12.2020 09:47

Sie haben nach Demokratie geschrien, ohne Ahnung zu haben, was Demokratie ist.

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u25 (5.310 Kommentare)
am 17.12.2020 08:40

Alles wie geplant gelaufen und Europa bezahlt wie immer

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betterthantherest (36.522 Kommentare)
am 17.12.2020 08:14

Was für ein Bilanz!

Ich kann mich noch bestens an Karim el G. erinnern.
Wie er damals tagtäglich im Fernsehen und landauflandab von den tollen Errungenschaften des arabischen Frühlings schwärmte.

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danube (9.663 Kommentare)
am 17.12.2020 06:03

Nichts anderes als Chaos war auch das Ziel des so genannten arabischen Frühlings.

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bravespferd (4.628 Kommentare)
am 17.12.2020 07:40

Das mit dem „Ziel“ klingt mir zu verschwörerisch. Aber blind, taub und dumm waren die westlichen polit Akteure. Bzw unterstelle ich dem Westen, gut vom Waffenhandel gelebt zu haben. Ist ja bei der Beurteilung der diversen polit/religiösen Kraken Arme der Muslimbruderschaft nichts anderes. Oder bei den Expansionsplänen des Ziegenmannes mit seinem Neo osmanischem Reich. Syrien war ein Vielvölkerstaat in welchem Assad die alewitische Minderheit und andere Minderheiten vorm faschistoiden konservativen islamismus geschützt hat. Bis, ähnlich Lybien u Ghadaffi, der Westen (Medien/Politik) entschieden hat, diese „Diktatoren“ zu dämonisieren und im Fall Ghadaffi, zu töten. Ich kack auf unseren“Wertewesten“. Heuchlerwesten triffts eher. Und dann schauen wieder alle dumm wenn hierzulande eine Fpö über 10% kommt und eine rechts konservative Regierung gewählt wird.

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( Kommentare)
am 17.12.2020 10:07

Mubarak war ein traditioneller verbündeter des "Westen". Gadaffi war ein wichtiger helfer des "Westen" geworden. er hielt die flüchtenden auf.

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