Von den Corona-Auflagen hart getroffen: Judoka hoffen auf die EM
WIEN. Ausgerechnet wenige Tage vor dem Länderkampf gegen Deutschland wurden drei ÖJV-Nationalteamkämpfer positiv getestet.
Der Neustart im internationalen Judosport ist auf Europaebene im September, auf Weltebene im Oktober geplant. "Aus europäischer Sicht ist die EM im November in Prag das Nonplusultra", sagte Martin Poiger, der Präsident des Österreichischen Verbandes (ÖJV), und diese gelte es unbedingt zu retten. Als Kontaktsportler erleben die Judoka während der Corona-Pandemie schwierige Zeiten.
Mit Quarantäne-Camps und Sicherheitskonzept hielt man in Österreich den Trainingsbetrieb über die vergangenen Monate aufrecht. Ausgerechnet wenige Tage vor einem geplanten Länderkampf am Donnerstag im Wiener ORF-Zentrum gegen Deutschland wurden drei Athleten aus dem Nationalteam positiv auf das Coronavirus getestet. Das Duell soll dennoch stattfinden, Poiger verwies auf ein greifendes Kontrollnetz.
Der Länderkampf hat die Symbolkraft eines Neustarts. Es sei generell schwierig für die Kontaktsportart die Balance zu finden, schließlich gelte es, keine Coronafälle zu haben und trotzdem etwas für die Mitglieder zu tun, um sie nicht zu verlieren. Fehlende internationale Trainingslager und die Ungewissheit setzten den Sportlern zu. "Du kannst nicht für irgendetwas trainieren, das irgendwann ist. Das ist für die Leute psychologisch schwierig", sagte Poiger.
Derzeit gilt die Order, dass niemand ins Ausland zum Trainieren fährt und der Verband auch niemanden einlädt. Die Ausnahme ist der Länderkampf des Nationalteams unter Laborbedingungen und mit Hochsicherheitskonzept. Für den Herbst sind im Elitebereich bilaterale Zusammenarbeiten geplant, mit den Slowenen oder Ungarn beispielsweise.
Bundesliga abgesagt
Der ÖJV hat die Bundesliga für heuer abgesagt, für die Allgemeine Klasse in Oberwart und die U16 in Eferding soll es jeweils im Oktober Meisterschaften ohne Zuschauerbeteiligung geben. "Die Alternative jetzt alles abzusagen, war keine. Wir werden es durchführen, auch im Wissen, dass es nicht hundertprozentig fair ist", sprach der Verbandschef die dann geltende Ampelregelung an.
Poiger hat in der Europäischen Judounion (EJU) die Büroleitung und ist in die Kalendererstellung eingebunden. Man terminisierte die abgesagten Turniere für den Herbst neu, sagt aber derzeit laufend wieder welche ab. "Wir sind dabei, ein paar Events zu retten. Und vor allem die EM in Prag. Die ist das Allerletzte, das wir absagen. Dort sind vom Weltverband Olympiapunkte zugesagt."
Mit den Tschechen müsse ein Konzept erarbeitet werden, das "ähnlich wie in Spielberg" aussehen soll, verwies Poiger auf die perfekt abgelaufenen Motorsportveranstaltungen. Vonseiten des Weltverbandes (IJF) wäre im September der Grand Prix in Zagreb als erstes Turnier angesetzt, dies ist eher unwahrscheinlich. Realistisch ist ein Wiederbeginn in der zweiten Oktoberhälfte, ein Sicherheits- und Hygienekonzept liegt bereits vor.
Fünf fiktive Qualifikationsplätze
Für die auf 2021 verschobenen Olympischen Spiele in Tokio glaubt Poiger, dass Österreich fünf Qualifikationen, "und vielleicht noch ein, zwei mehr", schaffen kann. Laut Stand vor Corona hätten Sabrina Filzmoser (bis 57 kg), Magdalena Krssakova (-63), Michaela Polleres (-70) und Bernadette Graf (-78) sowie Stephan Hegyi (+100 kg) einen fiktiven Quotenplatz inne.
Nach seiner Wahl im Oktober sprach Poiger mit seinem Vorstand dem Sportdirektor und Trainerteam das Vertrauen aus. Mit Start eines Strategieprozesses wird aber auch im Leistungssportbereich ein neuer Weg eingeschlagen, es wurden alle Positionen neu ausgeschrieben. "Wir haben noch niemanden gekündigt, aber wir schauen uns den Markt an und was bis 6. September reinkommt."
Man könne schwer von Olympiamedaillen reden, ohne einen einzigen Trainer im Trainerteam zu haben, der so etwas jemals erreicht habe. "Da bin ich unglaubwürdig", sagte Poiger. Es geht um bis zu sechs Jobs, auch derzeit Beschäftigte sind eingeladen, Konzepte abzugeben. Das Trainerteam soll jedenfalls eine Frau inkludieren. Überhaupt sieht die neue Verbandsstrategie einen Mädchen-Schwerpunkt vor.
Noch offen ist die Causa um die entzogene 2021-WM und die bereits getätigte Zwei-Millionen-Zahlung. Vom Weltverband erhofft man sich die Rückerstattung von zumindest 1,5 Millionen Euro, sobald der neue Ausrichter Taschkent an die IJF überwiesen hat. Mit dem Ministerium ist vereinbart, dass man bis Februar Zeit hat, bis der Sachverhalt voll geklärt ist. "Wenn wir auf den 500.000 sitzenbleiben, ist das ein Riesenproblem, aber wir werden das über ein paar Jahre abstottern", sagte Poiger.