"Das Familiengrab am Friedhof ist ein Ort zum Erinnern, zum Ruhigwerden, zum Kraftsammeln", sagt Clemens Frauscher, Verwalter des St. Barbara Friedhofs in Linz.
Ein Friedhof ist nicht nur ein Ort der Verabschiedung nach einem Todesfall. Der Friedhofsverwalter erlebt im Gespräch mit Angehörigen, dass sich Menschen beim Lesen der Namen auf einem Grabstein mit den Verstorbenen verbunden fühlen – auch über Generationen hinweg.
Ein konkreter Ort für die Verstorbenen
Gedenken an Verstorbene findet an vielen Orten statt. „Ein Grab am Friedhof ist ein sehr spezieller Ort. Es vermittelt das Gefühl, einen Verstorbenen besuchen zu können – ein Gang, der für die meisten mehr bedeutet als die stille Zwiesprache an einem anderen Ort“, sagt Friedhofsverwalter Clemens Frauscher. Nach und nach werde aus schmerzvoller Trauer bei einem Todesfall eine schöne Erinnerung. „Der Besuch des Friedhofs im Rahmen eines Sonntagsspaziergangs, ein paar Gedanken oder Worte am Grab, eine Erzählung über die Uroma für die Kinder und auch die Grabpflege halten Verbindungen zu verstorbenen Familienmitgliedern aufrecht und erneuern sie“, weiß er. Öffentlich zugängliche Gräber seien wichtig, damit auch Freund:innen, Kolleg:innen, Nachbar:innen und entferntere Verwandte einen Ort des Gedenkens haben. „Wer weiß schon, wem es nicht auch noch aller als Ort des Wachrufens von liebevollem Erinnern dienen kann?“, fragt Clemens Frauscher.
Bedeutung der Herkunft für die Zukunft
„Nahezu alle Religionen wertschätzen die Bedeutung der eigenen Wurzeln, der Ahnen, der alten Weisen in der Familie. In einer Zeit schneller Veränderungen tut es gut, seine Herkunft bewusst wahrzunehmen“, sagt August Thalhamer. Der bekannte Psychotherapeut und Theologe sieht die Erinnerung an die eigenen Eltern, Großeltern, Urgroßeltern und andere Verwandte als einen wesentlichen Anker für die eigene Persönlichkeit.
August Thalhamer hat sich intensiv mit der schamanischen Heiltradition beschäftigt. „Sind die Verstorbenen nach der Ablösung vom irdischen Leben im ewigen Frieden angekommen, werden sie zu Schutzgeistern für die Familie und den Stamm. Das Grab könnte ein Ort sein, wo man sich von Zeit zu Zeit bei seinen Ahnen bedankt und um ihre Unterstützung bittet“, sagt der Experte. Das gelte auch, wenn es zu Lebzeiten Konflikte gegeben hat. Oft berichten Menschen, dass sie eine Aussöhnung mit dem oder der Verstorbenen erst spät am Grab geschafft haben.
Grabpflege leicht gemacht
Ein wichtiger Aspekt bei der Entscheidung, ein Grab zu verlängern, sei die Grabpflege, berichtet Clemens Frauscher. Gründe, warum jemand ein Grab nicht pflegen kann, gäbe es viele: „Manche wohnen zu weit weg, manche können es aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht mehr.“
Darum bieten Friedhofsgärtnereien ihre Dienstleistungen an. „Es gibt auf vielen Friedhöfen einfache und wirklich sehr günstige Jahrespakete von lokalen Gärtnereien bis hin zu individuellen Wechselbepflanzungen“, erzählt Clemens Frauscher. „Am naturnahen St. Barbara Friedhof passen auch gut Grabbepflanzungen mit schlichten grünen Bodendeckern, die wenig Arbeit und Kosten verursachen und für Urnenbeisetzungen gibt es eine große Auswahl unterschiedlicher, friedhofsseitig schon vorbereiteter Urnenanlagen, ein großer Teil davon pflegefrei.“
Am St. Barbara Friedhof in Linz und in der Region Kirchdorf bietet neben den traditionellen Friedhofsgärtnereien das soziale Projekt „schön für besondere Menschen“ Arbeitsplätze in der Grabpflege für Menschen mit Beeinträchtigungen an. An- oder Zugehörige, die gern ihr Grab selber pflegen würden, es aber nicht mehr vollumfänglich können, werden individuell unterstützt. „Das machen wir dann gemeinsam und plaudern bei der Arbeit ein wenig miteinander“, erzählt Dominik Krutzler, einer der Hilfsgärtner, der so einen sinnvollen Arbeitsplatz gefunden hat.