Dekarbonisierung und Klimaneutralität sind nur zwei der Schlagworte, die die Wirtschaftswelt aktuell bewegen. Mit welchen Strategien reagiert Lenze auf diese Herausforderungen?
Marco Gattringer-Ebner: Wir alle wissen schon längst, dass wir vor großen Herausforderungen stehen, wenn es um den Klimawandel oder die Dekarbonisierung geht. Die zuletzt rapide gestiegenen Energiepreise haben allerdings viele erst wachgerüttelt und so den Bemühungen einen massiven Vorschub verliehen. Lenze betreffend kann ich sagen, dass schon seit vielen Jahren die Entwicklung energieeffizienter und ressourcenschonender Lösungen im Fokus steht. Wir erreichen über verschiedenste Wege Energieeffizienz, Ressourcenschonung und die Reduzierung des CO2-Footprints. Es hat mich beeindruckt, wie weit Lenze hier schon war, als ich 2009 ins Unternehmen kam. Diesen Weg sind wir konsequent weiter gegangen. Auch was den Standort von Lenze in Asten anbelangt, ist die Dekarbonisierung auf unserer Agenda. 2016 haben wir die erste Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 200 kW installiert. Diese wollen wir nun massiv ausbauen, sodass wir schlussendlich über 1,6 MW aus Sonnenenergie gewonnenen elektrischen Strom zur Verfügung haben. Ziel ist die CO2-Neutralität von Lenze Österreich bis 2030.
Auch das Thema Deglobalisierung gewinnt derzeit rasant an Fahrt.
Marco Gattringer-Ebner: Deglobalisierung oder Decoupling spielt mittlerweile eine maßgebliche Rolle bei unseren Produktions- und Beschaffungsstrategien. Märkte lokal zu bedienen und dabei regionale Zulieferer miteinzubeziehen ist ein Ansatz, den Lenze in Europa, Asien und Amerika bereits umsetzt. Das gilt auch für den F&E-Bereich. Dennoch sind auch wir bis zu einem gewissen Grad von der fernöstlichen Chip-Industrie abhängig, Lenze hat dabei die klare Richtung eingeschlagen, noch stärker auf europäische bzw. alternative Zulieferer zu setzen.
Markus Deixler-Wimmer: Zu berücksichtigen ist dabei auch der schmale Grad zwischen Kostenoptimierung und Supply-Chain-Resilienz, insbesondere im Bereich Elektromechanik. Derzeit schlägt das Pendel bei vielen Unternehmen in Richtung Zuverlässigkeit der Lieferketten aus. Wir suchen hier aktiv nach Wegen für die ausgewogene partnerschaftliche Vernetzung mit unseren Zulieferern. Da wir verstärkt lokal produzieren, achten wir darauf, die Potenziale von Industrie 4.0 und der Digitalisierung auf der einen Seite und der Lean-Philosophie auf der anderen Seite zu nutzen, um den Wettbewerbsvorsprung in unseren Märkten zu halten.
Apropos Lean: Diese Philosophie lebt Lenze seit zehn Jahren. Was bedeutet das für Ihr Unternehmen, Ihre Mitarbeiter und Ihre Kunden?
Marco Gattringer-Ebner: Mit Lean haben wir die Führungskultur am Shopfloor in eine neue Zeit geführt und unter Einbindung der Mitarbeiter verschiedene Methoden zur laufenden Verbesserung und Arbeitsorganisation implementiert. Zudem umfasst Lean die Definition von Kommunikationsabläufen innerhalb von Lenze. Das konsequent und engagiert gelebte Lean-Konzept hat einen riesigen Anteil am Erfolg des Unternehmens. Letztlich können unsere Kunden an diesem Erfolg in Form der hohen Qualität, für die Lenze steht, teilhaben. Außerdem sind über das Lean-Thema viele nutzenbringende Geschäftsbeziehungen entstanden. Lean ist für uns alternativlos.
Was macht Lenze zu einem attraktiven Arbeitgeber über alle Generationen hinweg?
Markus Deixler-Wimmer: Die Pandemie hat uns allen deutlich vor Augen geführt, wie rasch sich die Arbeitswelt wandeln kann und dass wir als Arbeitgeber das Homeoffice nicht mehr als ungeliebte Herausforderung sehen, sondern als zusätzliches flexibles Angebot für unsere Mitarbeiter schätzen. Bei Lenze gibt es breit angelegte Benefits, vergünstigte Kinokarten und die Sommer-Kinderbetreuung sind nur zwei Beispiele dafür. Mitarbeiter erwarten daneben aber eine Perspektive für ihren Weg im Unternehmen hinsichtlich Aufgabengebiet, Verantwortung, Gehalt, Arbeitszeit etc. Wir möchten unseren Mitarbeitern eine Vision geben - für ihre und unsere Zukunft. Diese Aktivitäten von Seiten des Arbeitgebers sind aus Lenze-Sicht ebenfalls alternativlos.
Marco Gattringer-Ebner: Unsere enge Zusammenarbeit mit Universitäten und Fachhochschulen hilft uns, junge, gut ausgebildete Talente in unser Unternehmen zu holen – eine Win-win-Situation. Auf der anderen Seite gelingt es uns laufend, tüchtige (Betriebslogistik-Kaufmann:Kauffrau)-Lehrlinge für unser Unternehmen zu gewinnen. Somit ist Lenze ein attraktiver Arbeitgeber, der großen Wert auf ein faires und transparentes Miteinander legt und seinen Mitarbeitern internationale Weiterbildung und Vernetzung bietet. Selbstverständlich generationenübergreifend, denn wir wären ungeschickt, würden wir das Wissen und die Erfahrung langjähriger Mitarbeiter nicht schätzen.
Wie spiegelt sich die künstliche Intelligenz in den Produkten von Lenze wider?
Marco Gattringer-Ebner: Digitalisierung und künstliche Intelligenz wird die Menschheit mit großer Wucht treffen, es wird eine wahre technologische Revolution stattfinden. Der industriellen Technik stehen immer mehr Daten zur Verfügung, die sinnvoll genutzt werden können, ich denke z. B. an selbstoptimierende Automatisierungstechnik. Lenze trägt dieser Entwicklung beispielsweise mit der neuen, offenen Automatisierungsplattform NUPANO Rechnung. Sie bildet die Brücke zwischen OT und IT und ermöglicht es Maschinenbauern, digitale Innovationen in ihre Maschinen zu bringen, ohne über eigenes IT-Know-how zu verfügen. Das generiert gerade in Zeiten des Fachkräftemangels einen enormen Mehrwert für unsere Kunden. Mit NUPANO zeigt Lenze Technologie-Leadership.
Abschließend gratulieren wir dem Mechatronik-Cluster zum Jubiläum! Wir von Lenze freuen uns auf viele weitere Projekte!
Das Interview führte:
Ing. Martin Gold, Journalist, Autor und Fotograf, Wien