In Österreich ist es üblicherweise ein Entweder-oder. Nach Abschluss der vierten Klasse Volksschule geht es für die Schülerinnen und Schüler entweder auf die Mittelschule oder ans Gymnasium (AHS). Auch wenn diese Wahl noch keine endgültige Weichenstellung für das gesamte weitere Leben darstellt, so wird damit doch eine gewisse Vorentscheidung für den zukünftigen Bildungsweg getroffen, die gut durchdacht sein sollte.
Das ABC der „richtigen“ Schule
Die Voraussetzung für die Aufnahme in ein Gymnasium ist, dass das Kind im Jahreszeugnis der vierten Klasse Volksschule in Deutsch, Lesen und Mathematik keine schlechtere Note als „Gut“ und alle anderen Pflichtgegenstände positiv abgeschlossen hat. Falls in einem dieser Fächer mit einem „Befriedigend“ benotet wurde, kann die Schulkonferenz jedoch trotzdem die Eignung für die AHS aussprechen, wenn aufgrund der sonstigen Leistungen zu erwarten ist, dass das Schulkind den dortigen Anforderungen entsprechen wird. In der Mittelschule wiederum werden die Schülerinnen und Schüler ohne Beurteilung des Abschlusszeugnisses der Volksschule angenommen und individuell nach Förderungsbedarf unterrichtet und eingestuft.
Das Gymnasium bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit einer achtjährigen Schulausbildung, die mit der Matura abgeschlossen wird. Der Lehrplan der Mittelschule ist identisch zur AHS-Unterstufe und zielt darauf ab, die Schulkinder in den vier Jahren auf Weiterbildungen an einer höheren Mittelschule, AHS oder auf das neunte Schuljahr in einer polytechnischen Schule mit darauffolgender Lehre vorzubereiten.
Auf den ersten Blick erscheint das Schulsystem also relativ überschaubar. Doch sieht man näher hin, bietet sich ein differenzierteres Bild. So gibt es Schulen - sowohl Mittelschulen als auch Gymnasien - mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Diese reichen sprachlich-humanistisch-geisteswissenschaftlich über naturwissenschaftlich-mathematisch bis hin zu ökonomisch-lebenskundlich und musisch-kreativ.
Darüber hinaus können weitere Schwerpunktsetzungen an den jeweiligen Standorten vorgenommen werden. In Österreich gibt es neben den staatlich geförderten Mittelschulen auch zahlreiche private. Hier wird zwischen konfessionellen, pädagogischen, international orientierten und fremdsprachigen Privatschulen unterschieden.
Ein Gefühl für die Schule entwickeln
Die Auswahl ist also groß. Um die mögliche zukünftige Schule kennenzulernen, kann man gemeinsam mit dem Kind Angebote wie den„Tag der offenen Tür“ wahrnehmen. Dabei bekommt man ein Gefühl dafür, wiewohl sich das Kind in der künftigen Lernumgebung fühlt und wie bemüht die Lehrkräfte wirken. Zusätzlich bieten viele Schulen die Möglichkeit, einen individuellen Termin zu vereinbaren, um einen genaueren Eindruck von der Schule zu erhalten. Das kann eine Unterstützung bei der Entscheidungsfindung sein.
Die Wahl der Schule sollte jedenfalls mit Bedacht getroffen werden und es sollten nicht nur die - oft gar nicht so aussagekräftigen Noten eine Rolle spielen, sondern vor allem die Begabungen und Interessen des Kindes. Viertklässlerinnen und Viertklässler beginnen langsam, sich ihre eigene kleine Welt aufzubauen, und sind bereits eigenständige, willensstarke Persönlichkeiten.
„Ich sehe dich“
Eltern sollten sich daher gemeinsam mit ihrem Kind ansehen, was es gern macht, was es alles kann, wo es steht, und ihm das Gefühl geben: „Ich sehe dich mit all deinen Facetten!“ Auch wenn das manchmal heißen kann, sich von den eigenen Vorstellungen in Bezug auf den weiteren schulischen Weg des Nachwuchses zu verabschieden. Ohnehin sollten sich Erziehungsberechtigte immer Alternativen überlegen, anstatt die Zukunft des Kindes von einem einzigen Weg abhängig zu machen. Das österreichische Bildungssystem ist differenziert und durchlässig. Es bietet für alle Begabungen und Neigungen ein Angebot.