Viele Unternehmen nutzen in ihrer Aus- und Weiterbildung bereits Lehr- und Lernkonzepte, die das Lernen in Präsenzseminaren mit einem computergestützten Lernen verknüpfen.
„Von solchen sogenannten Blended-Learning-Konzepten erhoffen sie sich eine Ersparnis von (Arbeits-) Zeit und Geld. Zudem ist der Lernbedarf in vielen Organisationen heute so groß, dass er mit Präsenzseminaren allein nicht mehr befriedigt werden kann. Deshalb muss das Lernen aus Sicht der Unternehmen ein integraler Bestandteil der Alltagsarbeit werden“, erklärt Sabine Prohaska, Inhaberin des Beratungsunternehmens seminar consult prohaska in Wien (Web: www.seminarconsult.at).
Digital Natives sind es gewohnt, online zu agieren
Hinzu kommt: Die meisten Mitarbeiter der Unternehmen sind heute Digital Natives. Sie sind es gewohnt, den PC und die mobilen Endgeräte – vom Laptop bis Smartphone – zu nutzen, um sich zu informieren und zu kommunizieren sowie ihre (Zusammen-) Arbeit zu planen. Auch deshalb setzen die Unternehmen in ihrer Aus- und Weiterbildung verstärkt auf das sogenannte E-Learning.
„Dieser Trend wird sich fortsetzen, nicht nur weil zum Beispiel bei Webinaren die bei Präsenzseminaren anfallenden Reisezeiten und -kosten entfallen. Entscheidender ist: Mit der modernen digitalen Lerntechnik lassen sich Lernkonzepte schmieden, die sich leichter in den Arbeitsalltag integrieren lassen“, weiß Prohaska, die u. a. Blended-Learning-Trainer ausbildet. „Ähnlich verhält es sich beim Coachen der Mitarbeiter. Auch bei ihm setzen die Unternehmen verstärkt auf Telefon- und Online-Coaching, denn solche Coachings lassen sich kurzfristiger planen. Beim Trainieren der Verhaltenssicherheit der Mitarbeiter entdecken die Unternehmen zunehmend die Vorzüge von Microlearning-Apps, mit denen die Mitarbeiter das Gelernte einüben.“
Wissensvermittler gefordert
Doch leider herrscht in vielen Betrieben noch die Überzeugung: Für das Einführen von Blended Learning genügt es, die bisherigen Lernkonzepte und -unterlagen auf unsere Server hochzuladen. Das ist ein Irrtum!
Blended Learning setzt eine Unternehmenskultur voraus, die diese Art des Lernens unterstützt. Es erfordert zudem neben der nötigen technischen Infrastruktur die Kompetenz, diese professionell zu nutzen. Außerdem setzt es neue Lernkonzepte und eine entsprechende Content-Entwicklung voraus. Mit am wichtigsten ist: Das Selbstverständnis der firmeninternen Trainer und Wissensvermittler muss sich wandeln.
Auch aus folgendem Grund: Die meisten größeren Unternehmen beschäftigen zwar auch Fulltime-Trainer. Das Gros ihrer Wissensvermittler sind jedoch Führungskräfte auf der operativen Ebene oder berufserfahrene Spezialisten, die nur zuweilen in die Trainerrolle schlüpfen, beispielsweise wenn neue Mitarbeiter eingearbeitet oder Problemlösungen im Unternehmen eingeführt werden sollen. Für die meisten firmeninternen Trainer ist das Trainieren also eine Zusatzaufgabe. Sie sind zudem keine ausgebildeten Pädagogen, sondern wurden gerade wegen ihres Fachwissens und ihrer beruflichen Erfahrung als Fachtrainer ausgewählt.
Projekt Blended Learning
Diese Parttime-Trainer kämpfen in der Regel, wenn sie künftig ihre Kollegen auch online trainieren sollen, mit zahlreichen technischen, methodisch-didaktischen, aber auch (selbst-)organisatorischen Fragen und Problemen. Meist wird ihnen firmenintern bei deren Bewältigung zu wenig Unterstützung gewährt, denn viele Unternehmen verkennen, dass es sich beim Einführen des Blended Learning um ein Change-Projekt handelt, das auf das Schaffen einer neuen Lernkultur in der Organisation abzielt.
Sie unterschätzen zudem oft, wie viele neue Kompetenzen ihre Trainer beim Online-Trainieren und -Coachen brauchen. Diese benötigen u. a. in folgenden Bereichen neue Skills:
• Digitaltechnik: Die Trainer müssen die Möglichkeiten, die ihnen und ihrem Unternehmen die neuen, digitalen Lerntechnologien bieten, realistisch einschätzen und die Technik professionell nutzen können.
• Selbstverständnis: Die Trainer müssen sich – wie die Teilnehmer – als Lernende begreifen, die ihr (bisheriges) Trainerverhalten reflektieren und dieses Schritt für Schritt den veränderten Rahmenbedingungen anpassen.
• Methodik und Didaktik: Die Trainer müssen u. a. einschätzen lernen, welche Lerninhalte und Skills mit der modernen Technik vermittelbar sind (und welche nicht). Sie müssen zudem die Lerninhalte so präsentieren können, dass die Lernziele auch erreicht werden, wenn das Lernen online und im Selbststudium erfolgt.
• (Selbst-)Organisation: Die Trainer müssen u. a. ihren Arbeitsalltag so strukturieren können, dass sie die Lerner in ihrem Lernprozess unterstützend begleiten können, obwohl diese oft an unterschiedlichen Orten und zu verschiedenen Zeiten lernen.
Blended-Learning-Trainer aus- und weiterbilden
„Unternehmen sollten ihren Wissensvermittlern in einer Blended-Learning-Trainer-Ausbildung die ihnen noch fehlenden Skills vermitteln. Zudem sollen sie diese beim Transfer des Gelernten in der Praxis durch eine Person coachen lassen, die Erfahrung im Trainieren mit der neuen Lerntechnologie hat“, sagt die Inhaberin des Beratungsunternehmens seminar consult prohaska.
„Denn letztlich lautet das Ziel der Trainer-Weiterbildung: Bei den Trainern soll eine so große Verhaltenssicherheit entstehen, dass sie beim Online-Trainieren und -Coachen nicht primär mit der Technik kämpfen, sondern sich voll auf den Lernprozess und die Lerner konzentrieren können“, sagt Sabine Prohaska.