Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Für dieses Sonderthema der OÖNachrichten wurden gemäß § 26 MG Kostenbeiträge geleistet.

Stritzinger hat sich viel mit historischen Mordfällen beschäftigt und gibt ihr Wissen weiter. Foto: Weihbold

06.06.2024

Angela Stritzinger berichtet über reiche Witwen, skrupellose Mörder und ungeklärte Fälle

LINZ. Wo ein Mord genau verübt wurde, verrät Angela Stritzinger auf ihrer Tour durch Urfahr nicht – aus Rücksicht auf die Menschen, die heute in den Häusern wohnen und nichts von der blutigen Vorgeschichte wissen. Doch allein die vermutete Nähe zum Tatort erzeugt Betroffenheit. Vor allem aber sind es die Schilderungen der 48- jährigen Linzerin, die ihre Teilnehmer in den Bann ziehen. Blutige Details oder gar Tatortfotos braucht Stritzinger dafür nicht, sie stellt gerne Fragen und konfrontiert die Menschen mit den Schattenseiten der Täter und Empathie für die Opfer. „Meine Touren sind tief menschlich, nicht reißerisch“, sagt sie im OÖN-Gespräch. Manche Morde liegen 100 Jahre zurück, andere nicht einmal 20.

So wie der Fall zweier Tontechniker, die am Abend des 10. März 2008 in einer Wohnung in Urfahr mit dutzenden Messerstichen getötet wurden. Beiden wurde die Kehle durchgeschnitten, Drogen waren im Spiel. Obwohl es reichlich DNA-Spuren gab, wurden der oder die Mörder nie gefunden.

„Ich bin sehr vorsichtig und wertschätzend den Opfern gegenüber, ich bringe nie die Täter in den Vordergrund.“

Angela Stritzinger, Fremdenführerin

Ungeklärte Mordfälle

OÖN-Bericht vom 19. Mai 1970
OÖN-Bericht vom 19. Mai 1970

Der Doppelmord ist nicht der einzige „Cold Case“ auf ihrer Tour durch Urfahr. Besonders zwei Fälle aus Alt-Urfahr dürften manch älteren Linzern noch ein Begriff sein. Am Karsamstag des Jahres 1964 wurde die 52-jährige Paula S. in ihrer Wohnung mit einem Bügeleisen erschlagen. Entdeckt wurde der „Bügeleisenmord“ erst sechs Wochen später, der Mörder nie gefunden. „Das hat sehr nach einer Beziehungstat ausgesehen“, sagt Stritzinger. Ganz in der Nähe wurde sechs Jahre später die 73-jährige Pensionistin und Hausbesitzerin Maria G. mit 16 Stichen getötet – vermutlich ein Raubmord. Maria G. hatte gerade erst ein Haus verkauft, das Geld wurde nie gefunden. Auch war die Witwe im Grätzel keine Unbekannte: Eine 90-jährige Teilnehmerin an Stritzingers Tour kannte sie noch persönlich. Auch dieser Mord blieb ungeklärt, allerdings haben Kriminalisten eine Vermutung. Als 1977 – ebenfalls in Urfahr – eine Angestellte ermordet wurde, konnte der Täter ausgeforscht und verurteilt werden. Indizien sprechen dafür, dass er auch für die beiden ungeklärten Morde in Alt-Urfahr verantwortlich ist. Fragen kann man ihn nicht mehr, der Täter ist 1986 in Haft gestorben. Schlüsse will Stritzinger aus ihrem Wissen aber nicht ziehen, das überlässt sie den Profis. „Ich spekuliere auf meinen Touren nicht“, sagt sie.

Angefangen hat für Stritzinger alles mit Tibor Foco. Der prominente Linzer, er war Zuhälter und auch Motorrad-Berg-Europameister, wurde 1987 wegen Mordes an einer 23-jährigen Prostituierten verurteilt, konnte 1995 fliehen und ist seither untergetaucht. „Der Fall war bei uns am Küchentisch Thema, den hat man gekannt“, erzählt die 48-Jährige. Später hat sie sich gefragt, was eigentlich aus ihm geworden ist, und zu recherchieren begonnen. „So bin ich reingerutscht.“ Aus dem Fall Foco wurde 2021 ihre erste Tour, nachdem sie kurz zuvor die Ausbildung zur Fremdenführerin abgeschlossen hatte. Der Lokalbezug ist ihr wichtig, Morde aus anderen Städten interessieren sie nicht, auch liest sie kaum Krimis.

Frauen sind interessierter

Für die Tour begeistern sich vor allem Frauen, ein Phänomen, das man auch von „True-Crime-Podcasts“ kennt. „Frauen wollen verstehen, warum man zum Mörder wird, Männer kaum“, sagt sie. Am meisten beschäftigt ihre Teilnehmer ein Serienmörder, der heute kaum mehr bekannt ist. Zwischen 1912 und 1932 hat der „Würger von Linz“, auch „Blaubart“ nach dem gleichnamigen Grimm-Märchen genannt, sieben Frauen ermordet, darunter 1916 Rosalie D. in der Gstöttnerhofstraße in Urfahr. „Jeder kennt Jack the Ripper, aber keiner diesen Serienmörder“, sagt sie. „Blaubart“ wurde 1932 in Linz verurteilt und nahm sich kurz danach das Leben.

Auch wenn sich Stritzingers Berufsleben viel um Mord dreht, hat sie auch andere Touren im Angebot, etwa zu Frauen und Kulinarik. Ihre jüngste Tour beschäftigt sich mit Mythen und Symbolen. CHRISTIAN DIABL

Für dieses Sonderthema der OÖNachrichten wurden gemäß § 26 MG Kostenbeiträge geleistet.