LINZ. Eine kleine Ansammlung von Häusern, die Stadtpfarrkirche, rundherum Felder: Als vor rund 200 Jahren die kaiserlichen Landvermesser das alte Urfahr erfassten, war die kleine Fischer- und Schiffersiedlung relativ unbedeutend – zumindest im Vergleich zu Linz, dem großen Nachbarn und Rivalen auf der anderen Donauseite. „Urfahr war vor 200 Jahren ein kleiner Markt“, sagt Johannes Gstöttenmayer, Obmann des Vereins „Geschichte teilen“, der den Franziszeischen Kataster wie seine Westentasche kennt. So heißt die erste maßstabsgetreue und vollständige kartografische Erfassung der Habsburgermonarchie, die heute eine wertvolle Quelle ist.
Hauptstraßen und Feldwege
„Dort, wo jetzt das Neue Rathaus ist, war das Zentrum“, sagt Gstöttenmayer. Die Ottensheimer Straße war damals die wichtigste Straße, während die heutige Hauptstraße nur von wenig Häusern gesäumt wurde und die Rudolfstraße überhaupt nur ein Feldweg war. Im Osten ist das bereits 1785 aufgelassene Kapuzinerkloster mit ausgedehnten Zier- und Obstgärten zu sehen. Das Klostergebäude schließt an die ehemalige Kapuzinerkirche an, die vor 200 Jahren schon Stadtpfarrkirche war. Es diente als Pfarrhof, bevor es 1968 einem Neubau an der Stelle des Südflügels weichen musste.
Der im Nord-Westen zu sehende Auberg mit den beiden noch heute bestehenden Bauernhöfen ist bereits ein gutes Stück vom damaligen Zentrum entfernt. Einer der beiden Bauern, der „Reiseder“, hatte seine Felder dort, wo heute der Mühlkreisbahnhof ist. Während die ehemaligen Klostergründe die Siedlung östlich der Brücke begrenzten, zogen sich die Häuser westlich am Donauufer noch weit über den Kartenausschnitt hinaus. Begehrte Wohngegend war das aufgrund der Hochwassergefahr aber keine, so siedelten sich vor allem Fischer, Bootsbauer und Gastwirtschaften dort an.
Etwas weiter flussaufwärts als heute die Nibelungenbrücke ist die alte Holzbrücke zu sehen. Ihre Errichtung wurde erst durch das „Brückenprivileg“ für Linz im Jahr 1497 möglich und war ein schwerer Schlag für die Urfahraner Fährleute, die plötzlich Konkurrenz bekamen. „Dadurch war die Entwicklung gehemmt“, sagt Gstöttenmayer. Die Brücke und ihre Nachfolger waren zudem nicht exakt an der heutigen Stelle, sondern „wanderten“ und haben das Ortsbild dadurch immer wieder verändert. So hat sich mit dem Bau der eisernen Brücke 1872 die Achse Richtung Hauptstraße verschoben.
Der zweite große Einschnitt, diesmal zugunsten Urfahrs, war das Marktrecht, das der Kaiser Urfahr gegen den Willen der Linzer 1808 verlieh. Der daraus resultierende Urfahraner Jahrmarkt fand zuerst auf dem Steinmetzplatzl statt, dann auf dem heutigen Bernaschekplatz. Erst 1902 wechselte er auf die Donaulände, wohin er noch heute die Massen lockt.
Andere heutige Linzer Stadtteile, wie Pöstlingberg, St. Magdalena, Dornach und Auhof hatten damals aufgrund der Entfernung mit Urfahr nur wenig zu tun.
Kaiserpaar in St. Magdalena
St. Magdalena rückte 1832 etwas näher an Urfahr, als die Pferdeeisenbahn zwischen Linz und Budweis eröffnet wurde. Für Magdalena, das 1824 aus nicht viel mehr als der Kirche und 24 Häusern bestand, bedeutete die Bahn eine Aufwertung, denn sie machte von Urfahr kommend hier Station und brachte Reisende mit - zur Eröffnung am 21. Juli 1832 sogar das Kaiserpaar Franz I. und Karoline Auguste. CHRISTIAN DIABL
Info
Wie das alte Urfahr und Oberösterreich ausgesehen haben, kann jeder auf der Webseite doris.at selbst entdecken.