EU beschränkt die Tech-Giganten
BRÜSSEL. Wettbewerb: Google, Facebook und Co. sollen nicht allein den Markt bestimmen. Die Europäische Kommission will Digital-Monopole brechen.
Es ist eine Kampfansage vornehmlich an die vier Internet-Riesen Google, Amazon, Facebook und Apple, die am Dienstag in Brüssel über die Bühne ging. Die Kommission will die erdrückende Marktmacht der US-Konzerne brechen. Sie will Marktbedingungen schaffen, die auch kleineren Plattformen eine Chance bieten. Halten sich die Großen nicht an die geplanten Regeln, drohen Milliardenstrafen.
- OÖN-Leitartikel: Neue Spielregeln für die Tech-Giganten (OÖNplus)
Die Rede ist von sechs bis zehn Prozent des weltweiten Umsatzes. Die Bürger wollten nicht, dass "die geschäftlichen und politischen Interessen einer Handvoll von Unternehmen unsere Zukunft diktieren", hatten die Kommissionsmitglieder Margrethe Vestager (Wettbewerb) und Thierry Breton (Binnenmarkt) gesagt. Sie legten nun in zwei Gesetzespaketen einen Rechtsrahmen für die Digitalwirtschaft vor, der in allen Ländern der EU gleichermaßen gelten soll.
Das Gesetz über digitale Dienste und jenes über digitale Märkte bilden zusammen die erste große Neuordnung der digitalen Landschaft in Europa seit der E-Commerce-Richtlinie vor 20 Jahren. Entsprechend groß war das Lobbying im Vorfeld. Die NGO Corporate Europe Observatory hat 158 Lobbyistentermine von 103 Firmen und Interessenvertretern in Brüssel gezählt. Am eifrigsten war demnach Google, gefolgt von Microsoft und Facebook.
Die Plattformen sollen mehr als bisher für illegale Inhalte wie Verhetzung, aber auch für potenziell gefährliche Falschinformationen verantwortlich gemacht werden. "Was offline illegal ist, ist auch online illegal", sagte Vestager. Bisher war man weitgehend auf freiwillige Kooperation zu Prüfung und Löschung angewiesen. Ein weiterer Hebel gilt dem Marktzugang. Die Kommission sieht in den ganz großen Plattformen "Gatekeeper", also die Pförtner, die den Schlüssel zu Markt und Gewinn haben. Google, Amazon, Apple und Facebook seien derart dominant, dass sie die Rechte und Pflichten für ihre Mitbewerber bestimmen können. Und genau diese Dominanz soll gebrochen, mehr Wettbewerb ermöglicht werden. Mehrere Praktiken der Internet-Giganten sind der Kommission schon lange ein Dorn im Auge. Dazu zählt die Neigung, die Daten von Dritten zur Optimierung der eigenen Produkte zu nutzen. Dazu zählt auch, dass Google-Apps auf Android-Handys bereits vorinstalliert sind. Solche Praktiken könnten künftig verboten werden.
Nun müssen das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten ihre Positionen zu dem Digital-Paket finden. Felix Duffy von LobbyControl, einer deutschen NGO, die den Lobbyisten auf die Finger schaut, sieht die Gefahr, dass es in diesen Verhandlungen zu Verwässerungen kommen könnte, weil die Tech-Giganten versuchten, "über die Nationalstaaten Druck auszuüben". Amazon, Google, Facebook und Apple haben vor allem in Irland, Schweden und Deutschland groß investiert.
Das plant die EU-Kommission
- Gesetz über die digitalen Märkte: zielt nur auf die marktbeherrschenden Internetgiganten, die „Gatekeeper“ (EU-Jahresumsatz von mindestens 6,5 Milliarden Euro; ein Börsenwert von mindestens 65 Milliarden Euro; mehr als 45 Millionen monatliche Endnutzer in der EU).
- Gatekeeper müssen als „unfair“ gewertete Handelspraktiken abstellen. Wird der Kommissionsentwurf Gesetz, so dürfen die Konzerne Benutzer nicht länger daran hindern, vorinstallierte Software oder Apps zu entfernen. Außerdem müssen sie sicherstellen, dass Software auch mit den Diensten anderer Anbieter funktioniert.
- Strafen: bis zu zehn Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Im Härtefall sogar Zerschlagung.
- Gesetz über die digitalen Dienste: Plattformen müssen Inhalte sorgfältiger kontrollieren und illegale oder bedenkliche Inhalte löschen.
Typisch Österreich/Europa. Erst Entwicklungen jahrelang verschlafen, aber sich dann beklagen weil Andere/Tüchtigere geschäftlich erfolgreich sind.