Eine bezaubernde Bad Ischler Blume mit politischem Tiefgang
Lehár-Festival: Premiere von Paul Abrahams Operette "Die Blume von Hawaii".
Die Frage, die sich im Umfeld der Operette immer stellt, ist: Kann man die Werke aus den späten 20er- und frühen 30er-Jahren noch so wie damals auf die Bühne stellen? Weniger deshalb, weil sie platt und musikalisch uninteressant wären – ganz im Gegenteil. Viele der damaligen Librettisten und Komponisten wurden von den Nationalsozialisten verfolgt und vertrieben. Zum Beispiel Fritz Löhner-Beda, Librettist der Operette "Die Blume von Hawaii", die das heurige Lehár-Festival Bad Ischl am Samstag eröffnete, wurde in Auschwitz ermordet. Das passt irgendwie nicht zum Unterhaltungstheater, und so hat Intendant und Regisseur Thomas Enzinger die Geschichte um die letzte hawaiianische Königin Lili’uokalani und die in ihrer Regierungszeit erfolgte Annexion Hawaiis durch die USA geschickt in eine Rahmenhandlung gebettet: Er zeichnet das nicht minder tragische Schicksal des Komponisten Paul Abraham (er flüchtete 1940 über Paris und Kuba in die USA) nach.
Der Spaß kommt nicht zu kurz
Zwei Personen – der Gouverneur als Paul Abraham und Jim Boy als Verkörperung der Jazz-Legende Al Jolson – treten immer wieder aus der Handlung heraus. Sie brechen den komödiantischen, von Verirrungen und Verwirrungen gespickten Plot auf, verweisen auf das Unrecht von erzwungener Emigration wie Deportation und stellen diese der heutigen Flüchtlingsbewegung gegenüber.
Trotzdem kommt der Spaß nicht zu kurz. Enzinger lässt die heitere Story in der Zeit der Handlung – also kurz vor der Jahrhundertwende um 1900 – in einer fabelhaft bunten Ausstattung des renommierten Toto ablaufen und erzielt damit noch schärfere Kontraste. Er konzentriert sich auf die ungewöhnlichen zwei Buffopaare, die auf sehr unterschiedliche Weise das Spiel am Laufen halten und die nur langsam ins Rollen kommende Beziehung zwischen der Operetten-Prinzessin Laya und dem seit Kindheit versprochenen Prinzen Lilo-Taro kräftig kontrapunktieren. Maßgeblich dazu trägt die ideal auf die damals aktuellen Tänze wie Foxtrott, Slowfox und Charleston durchwirkte Musik Abrahams eingehende Choreografie von Ramesh Nair bei, der zusätzlich in der Rolle des John Buffy brilliert. Am Pult des perfekt disponierten Franz-Lehár-Orchesters steht Marius Burkert – nicht nur mit treffsicherem Gespür für diese Musik, sondern er legt auch die Tiefe in der Partitur offen.
Darstellerisch punkten die tanz- und steppgewaltigen "Buffonisten" – so Gaines Hall als quicklebendiger Jim Boy, Susanne Hirschler als gewichtige Hawaiianerin Raka und Nina Weiß als fast schon hyperaktive Gouverneursnichte Bessie Worthington. Gemeinsam mit Ramesh Nair ein perfektes Komödiantenquartett.
Sieglinde Feldhofer begeistert darstellerisch und sängerisch als zwischen den Welten hin und her gerissene Laya – und zeigt beim Schwips-Lied ihre herrlich komische Seite. Fein ist auch der von Clemens Kerschbaumer musikalisch intensiv gestaltete, vor Liebe schmachtende Prinz Lilo-Taro, der darstellerisch ein wenig im Geschehen unterzugehen droht. René Rumpold (Kapitän Stone) und Stefan Jovanovic (Kanako Hilo) überzeugen ebenso wie der Chor und das Musical-Ensemble des Lehár-Festivals. Mark Weigel ist die alles überragende Reinkarnation Paul Abrahams.
Fazit: Ein grell-bunter, mit exotischer Note gewürzter, perfekt inszenierter und dennoch nachdenklich stimmender Operettenabend, der zeigt, welches Potential in dieser Gattung steckt, wenn man sie richtig anpackt. Auf nach Bad Ischl!
Lehár-Festival, Bad Ischl: "Die Blume von Hawaii", Operette von Paul Abraham, Regie: Thomas Enzinger. Premiere: 14. Juli, Kongress- & Theater-Haus Bad Ischl, Termine: 16., 22., 26., 28., 7.; 3., 5., 8., 9., 15., 17., 24., 26., 8.; 1. 9. Karten/Infos: 06132/238 39, www.leharfestival.at
Nair ein Plagiat von Jerry Lewis, der Kapitän eine Mischung Zwischen Hans Albers und Heesters.
Aber eine gelungene Aufführung, schwungvol und flott. Nur die Hulatänze erinnern mhr an Neuseeland als an Hawaii. Eine nette Abwechslung. ☺☺