Blaulichtfunk-Prozess: Drei Jahre Haft für Mensdorff-Pouilly
Der sogenannte „Blaulichtfunk-Prozess“ um Schmiergeldzahlungen der Telekom endete am Montag mit einem Knalleffekt. Der Lobbyist und Jagdveranstalter Alfons Mensdorff-Pouilly wurde wegen Beihilfe zur Untreue zu einer unbedingten Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Ex-Telekom-Festnetzvorstand Rudolf Fischer muss wegen Untreue für ein Jahr in Haft. Mensdorff-Pouilly muss außerdem die von Fischer überwiesenen Honorare in der Höhe von 1,1 Millionen Euro samt vier Prozent Verzinsung an die Telekom zurückzahlen. Anklage und Verteidigung haben sich drei Tage Bedenkzeit erbeten, weshalb die Urteile nicht rechtskräftig sind.
Lobbyist und Landwirt
Fast genau vor drei Jahren konnte sich Mensdorff-Pouilly ebenfalls am Wiener Straflandesgericht noch über einen Freispruch freuen. Der Vorwurf, beim Einfädeln von Geschäften für einen britischen Rüstungskonzern Geldwäsche betrieben zu haben, ließ sich damals nicht erhärten. Diesmal nahm der Lobbyist mit Neubau-Schloss im Südburgenland, der sich gerne als „Landwirt“ bezeichnet, fast stoisch den Schuldspruch von Richter Michael Tolstiuk zur Kenntnis.
Im Mittelpunkt der Causa stand die Auftragsvergabe für ein bundeseinheitliches Funksystem aller Blaulichtorganisationen 2004 im zweiten Anlauf durch den damaligen Innenminister Ernst Strasser (VP). Zum Zug kam das Tetron-Konsortium, dem Motorola, Alcatel und die Telekom Austria (TA) angehörten.
Wie der Telekom-Kronzeuge Gernot Schieszler später aussagte, soll der in der Politik bestens vernetzte Mensdorff-Pouilly 2008 nachträglich 1,1 Millionen Euro erhalten haben. Das Geld wurde als Honorar für Expertisen zur Telekom-Expansion in Osteuropa deklariert, was die Staatsanwaltschaft später als Vorwand für Schmiergeldzahlungen, veranlasst von Fischer, ansah.
Ein Vorwurf, der am Schlusstag durch den Sachverständigen Georg H. Jeitler bestätigt wurde. Entgegen der Behauptung des Angeklagten, er habe wertvolle Beratertätigkeiten erbracht, sprach dieser von „amateurhaftem“ Vorgehen. Die kaum dokumentierten Lobbying-Leistungen seien nicht 1,1 Millionen, sondern „maximal 100.000 Euro“ wert, sagte Jeitler. Er könne zwar gut reden, aber nicht so gut schreiben, versuchte Mensdorff im Schlussplädoyer zu erklären, warum es kaum schriftliche Belege für seine Arbeiten gibt.
Richter Tolstiuk schloss sich letztlich der Einschätzung des Gutachters an und sprach von keiner nachvollziehbaren Leistungserbringung. Für Mensdorff-Pouilly ist das Urteil Teil einer jüngsten Serie schlechter Nachrichten. Vor wenigen Tagen gab seine Frau, Ex-Ministerin Maria Rauch-Kallat (VP), die Trennung bekannt, und als Waidmann liegt er wegen umstrittener Gatterjagden mit Tierschützern im Clinch.
Blaulichtfunk „Tetron“
Im Prozess ging es um Geldflüsse von 1,1 Millionen Euro rund um die Neuvergabe des Auftrags für den Behördenfunk unter dem damaligen Innenminister Ernst Strasser (VP) im Jahr 2004. Die Staatsanwaltschaft ging von Scheinrechnungen aus, die Verteidiger sprachen von gerechtfertigten Honoraren und forderten Freisprüche.
Neben der Telekom waren am Tetron-Konsortium Motorola und Alcatel beteiligt. Mit dem Hinweis auf Schmiergeldzahlungen brachte 2011 Telekom-Kronzeuge Gernot Schieszler die Sache ins Rollen. Im März 2014 erhob die Staatsanwaltschaft gegen den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly Anklage wegen Beihilfe zur Untreue und gegen den Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer wegen Untreue.
Am 11. September 2015 startete der Blaulichtfunk-Prozess am Wiener Straflandesgericht, der zunächst wegen einer Panne bei der Video-Übertragung einer Zeugenaussage für zwei Monate unterbrochen wurde. Ehe gestern Richter Michael Tolstiuk zu einem, wegen der dreitägigen Bedenkzeit von Anklage und Verteidigung nicht rechtskräftigen, Urteil kam.
Tetron ist bis heute nur ein Stückwerk - gleichzeitig kam es zu einer Kostenexplosion. Insgesamt soll es nun 40 Mio. Euro an jährlichen Kosten verursachen. Der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) ging noch von gut der Hälfte aus. Das System sollte bundesweit 2009 ausgerollt sein. Die Gesamtkosten werden nun bei über einer Milliarde Euro liegen