Gottfried Hattinger
Ein Dramaturg ohne Theater
„Hast du Lust, an einem Theaterfestival mitzuarbeiten?“, stand in einem Fax, das eines Tages auf dem Schreibtisch von Gottfried Hattinger gelandet war. „Gerne“, faxte dieser postwendend an Absender Tilmann Broszat, „wenn’s kein Schreitheater ist.“ So entstand 1995 die erste Auflage des Theaterfestivals „Spiel.Art“, das seither alle zwei Jahre neue Theatertrends nach München holt.
Themensuche ohne Strategien
So simpel wie das Start-Fax ist auch Gottfried Hattingers Zugang zum Festival selbst. „Ich verfolge keine Strategien“, sagt er. „Ich verfolge das, was mich interessiert.“ Hieraus ergibt sich ein Festivalthema - oder auch nicht: „Ein Festival kann sich auch in viele Themenstränge splitten.“
Kaum zu glauben, dass daraus eines der renommiertesten Festivals für neues Theater im deutschen Sprachraum wurde. Das belegen Fakten: mehr als 90 Prozent Auslastung, jubelnde Presse und der Theaterpreis der Landeshauptstadt München, den die beiden Chefs im Juli erhalten.
Begonnen hat der gebürtige Geboltskirchner nach der Ausbildung an der Linzer Kunstschule als Grafiker. Von 1987 bis 1991 leitete er das Festival Ars Electronica. Nach dieser „kuratorischen Lehrzeit“ war ihm klar: „Ich will nie wieder in einer Institution arbeiten.“ Diese Entscheidung habe er nie bereut: „Die Konzentration auf ein Medium ging mir auf den Keks.“ Und überhaupt: „Ich will selbstständig und frei sein.“
Seither gestaltet er Ausstellungen, erstellt Kunstkataloge, entwickelt Kulturkonzepte. Er selbst sieht sich als Gestalter, nicht als Künstler. Er verspürt Lust aufs Inszenieren, aber nicht am Theater. „Eine Ausstellung bedeutet mehr als nur etwas hinzustellen“, erklärt er. „Ich versetze mich in den Besucher, der noch keine Ahnung vom Thema hat. Das erfordert eine Dramaturgie.“
Gottfried Hattinger ist Manager ohne Strategie, Gestalter ohne Liebe zum Organisieren, Dramaturg ohne Theater. Im Grunde blieb er dem Motto seines ersten Ars-Electronica-Festivals treu: „Freie Klänge – offene Räume“
Gottfried Hattinger
Beruf: freier Kurator, kultureller Auftrags- und Saisonarbeiter, Buchdesigner, usw.
Wohnort: Linz
Geboren: 20. August 1950
Hobbys: Leben & Arbeit
Nachgefragt
Auszeichnungen bedeuten für mich ... Anerkennung für meine Arbeit, Motivationsschub, Ermutigung, Ehre.
Ohne Theater ... wäre das Leben ein bisschen langweiliger und ein bisschen dümmer.
Kunst muss ... auf- und anregen (das Blut in frischere Wallungen bringen, im Schiller’schen Sinne).
Auf meinem Nachtkastl liegt ... im Moment ein Novellenband von Adalbert Stifter.
freies Wochenende ... kenne ich nicht.