Baby gewürgt oder aufgefangen? Vater in Salzburg vor Gericht
SALZBURG. Ein 29-jähriger Salzburger, der laut Anklage im Jänner 2024 im Flachgau seine neun Monate alte Tochter gewürgt haben soll, ist am Donnerstag bei einem Prozess am Landesgericht Salzburg mit dem Vorwurf der absichtlichen, schweren Körperverletzung konfrontiert worden.
Der bisher Unbescholtene sprach von einem Unfall. Als das Baby von der Couch gefallen sei, habe er es mit der Hand im Schulterbereich und am Hals aufgefangen, sagte er. Der Prozess wurde vertagt.
Zu dem Vorfall kam es in einer Wohnung in Flachgau. Den Schilderungen des Angeklagten zufolge war er mit seiner Tochter allein zu Hause. Seine damalige Freundin und Mutter des gemeinsamen Kindes sei wegen Erledigungen außer Haus gewesen. Er sei damals mit dem Kind auf der großen Couch im Wohnzimmer gelegen. Seine Tochter habe sich rund eineinhalb bis zwei Meter entfernt von ihm am Rande der Couch befunden.
"Kind fiel mit dem Kopf voran über die Kante"
"Wir beide waren im Halbschlaf, ich habe ferngesehen", sagte der Flachgauer zur vorsitzenden Richterin. Da habe sich das Kind plötzlich nach vorne katapultiert und sei mit dem Kopf voran über die Kante des Sofas gefallen. Reflexartig sei er nach vorne gesprungen und habe die Tochter mit der rechten Hand aufgefangen. "Ich habe sie in der Schultergegend und am Hals erwischt, und sie solange gehalten, bis der Fall gedämpft war." Das sei aber nur ein kurzer Moment gewesen.
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Das Kind habe etwa zwei Minuten geschrien, sich dann wieder beruhigt und weitergespielt, erklärte der Vater. Er habe keine Anzeichen bestehender Schmerzen bemerkt. Die Kindesmutter habe auch deshalb Fotos von den Flecken gemacht, weil sie zu dem Zeitpunkt schon Kontakt zum Jugendamt gehabt hätte.
Gerichtsmediziner stellte Würgemale fest
Der gerichtsmedizinische Gutachter hat allerdings festgestellt, dass die Verletzungen des Kindes nicht mit der Verantwortung des Beschuldigten in Einklang zu bringen seien. Es handle sich um unregelmäßige Einblutungen in der Haut und im Gewebe, teils flächen- und streifenförmig. "Es ist von einer stumpfen Gewalteinwirkung mit quetschender Komponente über viele Sekunden auszugehen. Wir sprechen von Würgemalen", erläuterte der Sachverständige. "Das Würgetrauma ist als eine schwere Verletzung zu klassifizieren."
Die Schilderungen des Angeklagten würden in keiner Weise die Verletzungen erklären, sagte der Gerichtsmediziner. "Im Rahmen eines Auffanges ist alleine die Kontaktzeit nicht geeignet, diese Veränderungen hervorzurufen. Man kann bei einem derart kleinen Kind von einer massiven Gewalteinwirkung ausgehen."
Mutter des Babys sagte als Zeugin aus
Die Richterin hat die Mutter des Kindes als Zeugin einvernommen. Sie erklärte, das Kind habe sich ganz normal verhalten, als sie nach dem Vorfall nach Hause gekommen sei. "Am nächsten Tag sind die Flecken verblasst." Ihre Tochter habe sich öfters irgendwo angehaut, seitdem sie gekrabbelt ist. Sie habe zudem nie beobachtet, dass der Vater Gewalt an seinem Kind angewendet habe, sagte die Zeugin. Vater und Tochter hätten eine gute Beziehung zueinander, "sie hängt total an ihm." In Streit mit ihrem mittlerweile Ex-Freund sei sie wegen seiner damaligen Arbeitslosigkeit geraten.
Der Beschuldigte lebt nicht mehr bei Mutter und Kind. Er darf die Tochter zweimal in der Woche drei Stunden sehen, aber nur unter Beaufsichtigung der Mutter, wie er erklärte. Der Verteidiger stellte einen Beweisantrag und verwies auf das medizinische Gutachten im Pflegschaftsakt des Bezirksgerichtes Seekirchen, wonach eine sichere Vater-Kind-Beziehung bestehe und sich keine Hinweise auf einen Tatbestand der fortgesetzten Gewaltausübung durch den Vater ergeben würde. Zudem habe der Sachverständige im Pflegschaftsakt die Schilderungen des Vaters zu dem Vorfall auf der Couch nicht ausschließen können, hinsichtlich der als Würgemale bezeichneten Hämatome könne es sich auch um Abschürfungen handeln.
Die Vorsitzende des Schöffensenates vertagte schließlich die Verhandlung auf unbestimmte Zeit zur Einholung des Gutachtens aus dem Pflegschaftsaktes und Einvernahme des Sachverständigen.