Aufstand in Russland: Wagner-Chef Prigoschin dementiert Putschversuch
MOSKAU. "Wir sind losgegangen, um Protest zu demonstrieren, nicht um die Obrigkeit im Land zu stürzen", sagte Jewgeni Prigoschin am Montag.
Der Chef der russischen Söldnereinheit Wagner hat in seiner ersten Wortmeldung nach dem missglückten Aufstand vom Wochenende dementiert, einen Machtwechsel in Moskau angestrebt zu haben. "Wir sind losgegangen, um Protest zu demonstrieren, nicht um die Obrigkeit im Land zu stürzen", sagte der 62-Jährige in einer Sprachnachricht, die am Montag von seinem Pressedienst auf Telegram verbreitet wurde. Angaben zu seinem aktuellen Aufenthaltsort machte er nicht.
US-Präsident Joe Biden hat am Montag jegliche Verantwortung des Westens zurückgewiesen. "Dies war Teil eines Kampfes innerhalb des russischen Systems", sagte Biden im Weißen Haus. >> Die aktuellen Entwicklungen im Liveblog
Machtkampf in Russland: "Putins Autorität ist erschüttert"
Der Machtkampf zwischen Russlands Präsident Wladimir Putin und Jewgeni Prigoschin ist nach dem Marsch der Wagner-Söldner auf Moskau mit einer Vereinbarung beendet worden. Prigoschin bleibe aber ein Macht- und Unsicherheitsfaktor, sagt Russland-Experte Gerhard Mangott: "Das war nur das Ende des ersten Aktes in diesem Drama, es wird einen zweiten und dritten Akt geben. Der Konflikt ist nicht gelöst sondern er besteht weiterhin."
"Schwerwiegende Sicherheitsprobleme" in Russland
Der Aufstand zeigte laut Prigoschin "schwerwiegende Sicherheitsprobleme" in Russland auf. Am Freitagabend war der monatelange Machtkampf zwischen dem Chef der Söldnertruppe und der russischen Militärführung eskaliert. Wagner-Kämpfer marschierten von der Ukraine aus nach Russland ein - als Ziel gab Prigoschin an, die Militärführung in Moskau zu stürzen. Im südrussischen Rostow am Don übernahm die Truppe das dortige Hauptquartier der russischen Armee.
Nach rund 24 Stunden Aufstand vollzog er dann am Samstagabend überraschend eine Wende und beorderte seine Söldner zurück in ihre Lager. Nach Angaben des Kreml sollten er und seine Söldner straffrei bleiben und Prigoschin nach Belarus ins Exil gehen. Bei der russischen Staatsanwaltschaft hieß es am Montag aber, gegen Prigoschin werde weiter ermittelt.
"Zivilisten waren glücklich, als wir ankamen"
Der Wagner-Chef sagte nun in seiner Audiobotschaft, die Militärkolonne seiner Truppe sei 780 Kilometer in Russland vorangekommen und sei bis rund 200 Kilometer vor Moskau gekommen. Die Söldner hätten "die gesamte Militärinfrastruktur blockiert" einschließlich Luftwaffenstützpunkten entlang der Strecke. "Der Marsch hat schwerwiegende Sicherheitsprobleme in dem Land zum Vorschein gebracht", sagte er. Zugleich versicherte er, Zivilisten in Städten an der Strecke hätten seine Leute unterstützt. "Die Zivilisten kamen uns mit russischen Flaggen und Wagner-Abzeichen entgegen, sie waren glücklich, als wir ankamen und an ihnen vorbeizogen."
Auch dass der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko am Samstag eine Vermittlungslösung ermöglichte, die zum Ende des Aufstandes seiner Leute führte, würdigte Prigoschin. Lukaschenko habe "angeboten, Lösungen zu finden, damit die Gruppe Wagner weiter legal arbeiten kann", betonte der Söldner-Chef.