Stefan Bachmann eröffnet seine Burgtheater-Intendanz mit "Hamlet"
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Der Schweizer Regisseur plant 29 Premieren, fünf Produktionen bringt er von seiner ehemaligen Wirkungsstätte in Köln mit
Wer bei dem mit Saisonende scheidenden Burgtheater-Direktor Martin Kusej "Burg" sagte, zahlte Strafe. Bei seinem Nachfolger Stefan Bachmann heißt es nun BURG – als Sammelbegriff für alle Spielstätten der Institution: Burgtheater, Akademietheater, Kasino (eine volle Saison wegen Sanierung geschlossen und durch eine virtuelle sowie eine mobile Bühne ersetzt) und Vestibül, sowie für "Ensemble, Communitys, Konzerte, Workshops und das Publikum", wie es im gestern präsentierten Programmbuch 2024/25 heißt – "und zwar dem Missverständnis zum Trotz, dass eine Burg aus undurchdringlichen Mauern besteht". "Die BURG ist offen, spielerisch, widersprüchlich und ein Raum für Perspektivenwechsel. Die BURG hat Platz für Klassiker, Uraufführungen, Familienstücke, Österreichisches und Musikalisches", heißt es. "Es geht darum, mit diesem Begriff produktiv ins Spiel zu kommen", sagte Bachmann. "Es ist ein ambivalenter Begriff: eine Burg, die nicht ausschließt, sondern einschließt, die einlädt, die inklusiv ist."
14 Premieren im Burgtheater, zehn im Akademietheater, vier im Vestibül und ein Digitalprojekt: so die Zahlen zu Bachmanns erster Saison. Zwei Regisseurinnen eröffnen: Karin Henkel, die zuletzt bei den Salzburger Festspielen unter anderem "Liebe (Amour)" nach Michael Hanekes Film inszeniert hat, bringt "Hamlet" ins Burgtheater (5. September). Und die Schwedin Therese Willstedt konzipiert Virginia Woolfs "Orlando" fürs Akademietheater (7. September). Als Festwochen-Koproduktion führt Milo Rau bei Jelineks "Burgtheater" im titelgebenden Haus Regie. Jelineks Stück, das anhand der Schauspielerdynastie Wessely/Hörbiger Österreichs Mitverantwortung am Nationalsozialismus thematisiert, wurde bei der Uraufführung 1985 in Bonn skandalisiert. Ein einziges Mal gab die Autorin seitdem in Österreich eine Aufführungsgenehmigung: 2005 für das Grazer Theater im Bahnhof. Mit der Dramatisierung von Thomas Bernhards Romans "Holzfällen" in einem von Nicholas Ofczarek initiierten Abend der Musicbanda Franui wird ein weiterer einstiger Kulturskandal aufgearbeitet.
Strutzenberger wechselt
Musikalisch wird es auch bei Zweigs "Schachnovelle" oder bei der Bearbeitung des Romans "Vielen Dank für das Leben" von Sibylle Berg. Romandramatisierungen gibt es auch zu "Alles ist erleuchtet" von Jonathan Safran Foer und "Die Vegetarierin" von Han Kang. Insgesamt fünf Produktionen des Schauspiels Köln, Bachmanns bisheriger Wirkungsstätte, werden übernommen – drei davon vom neuen Chef inszeniert, der zudem mit "Manhattan Project" von Stefano Massini und "Die Wurzel aus Sein" von Wajdi Mouawad zwei Akademietheater-Projekte verantwortet.
Der aus Kirchdorf an der Krems stammende Thiemo Strutzenberger und die Wienerin Franziska Hackl wechseln vom Residenztheater München nach Wien. Die Oberösterreicherinnen Marie-Luise Stockinger, Julia Windischbauer und Birgit Minichmayr bleiben im Ensemble. Zehn Schauspielkräfte wechseln aus Köln nach Wien. Bachmann: "Es geht um Vielfalt, um unterschiedliche Angebote – als Antwort auf Strömungen, die auf Erstarrung abzielen und versuchen, das Bunte und Spielerische anzugreifen." In einer Demokratie gebe es Möglichkeiten für "undogmatische, spielerische Formen, politisch zu sein", und glücklicherweise auch Räume dafür.