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Ein Epos wird zum Spektakel

Von Herbert Schorn, 15. Juni 2022, 00:04 Uhr
Ein Epos wird zum Spektakel
In etwa so wird die Bühne beim Live-Spektakel im Linzer Donaupark aussehen.

Bei der Linzer Klangwolke am 10. September steht das 5000 Jahre alte Gilgamesch-Epos im Mittelpunkt. Schauspiel-Star Sunnyi Melles ist als Erzählerin dabei.

Um eine der ältesten Geschichten der Menschheit dreht sich heuer die Linzer Klangwolke: das Gilgamesch-Epos. Der in Beirut geborene und in Frankreich lebende Regisseur Pierre Audi wird diesen Stoff am 10. September um 20.30 zu einem Live-Spektakel im Linzer Donaupark gestalten. "Es ist eine wunderbare, faszinierende Geschichte", sagte Audi, der bereits bei den Salzburger Festspielen und in der Wiener Staatsoper Regie führte, bei der gestrigen Präsentation. Als Erzählerin ist Schauspiel-Star Sunnyi Melles dabei, die von 1990 bis 1993 die Buhlschaft beim "Jedermann" in Salzburg spielte.

Im Video: Der Trailer zur Klangwolke 2022

Ein Schiff als Tempel

Nach der hybriden Version im Vorjahr, die 40.000 registrierte Besucher vor Ort und 55.000 Menschen online sahen, soll die 1,1 Millionen Euro teure Klangwolke heuer wieder zu einem Spektakel wie früher werden. Auf dem 400 Meter langen Abschnitt im Donaupark werden drei Schiffe auf der Donau fahren und Götter-, Menschen- sowie Unterwelt symbolisieren. Das Götterschiff wird einem Summerer-Tempel nachempfunden und beherbergt einen riesigen Kubus, der auch als Videoleinwand benutzt wird. "Auf dem zweiten Schiff steht ein hoher Turm, der eine Ölplattform sein könnte", sagte Bühnendesigner Urs Schönebaum. Auf dem Turm werden nicht nur Stuntmen waghalsige Figuren zeigen, sondern auch Mitglieder der Naturfreunde klettern. Das dritte Schiff wird mit Altmetall dystopisch ausgestattet.

Suche nach Unsterblichkeit

Sunnyi Melles erzählt als Mutter Gilgamesch das uralte Epos – aus technischen Gründen nicht live, sondern in vorproduzierten Videos. Sie will dem Vernehmen nach trotzdem persönlich anwesend sein. "Es geht in dem Epos um das, was uns als Menschen bewegt: die Unsterblichkeit", sagte sie gestern in einer Videobotschaft aus der Schweiz. "Diese Geschichte wird uns helfen, mehr nach Harmonie und Frieden zu streben."

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Gilgamesch, König von Uruk. Er ist ein Tyrann, erst die Liebe zu seinem Freund Enkidu verändert sein Wesen. Als die beiden einen Zedernwald zerstören, werden sie von den Göttern bestraft: Enkidu stirbt. Gilgamesch macht sich daraufhin auf die Suche nach Unsterblichkeit ...

Die Musik zur Klangwolke stammt heuer vom Australier Stefan Gregory. Die Besucher erwartet eine bunte Mischung aus unterschiedlichen Stilrichtungen, von moderner Musik bis hin zu Werken von Bruckner, sagte der Komponist: "Wir wollen mit der Musik die Geschichte erzählen, sie soll immer wieder überraschen, um die Zuschauer bei der Stange zu halten." Auch die Florianer Sängerknaben werden zu hören sein.

Über mögliche Pandemiemaßnahmen will sich Dietmar Kerschbaum, künstlerischer Leiter des Brucknerhauses, keine Gedanken machen. "Wir gehen von einer normalen Klangwolke aus", sagte er. "Wenn nötig, können wir auf das Covid-Konzept des Vorjahres zurückgreifen."

Drei Fragen an Pierre Audi

Herr Audi, warum haben Sie sich für das Gilgamesh-Epos entschieden?

Pierre Audi: Es ist eine faszinierende Geschichte, die noch nie in einem Theaterstück oder einer Oper verarbeitet wurde. Diese Geschichte ist uralt und gleichzeitig unsterblich. Sie hat aber auch sehr aktuelle Aspekte, etwa wenn Gilgamesh für die Zerstörung eines Zedernwaldes von den Göttern bestraft wird. Das ist heute ein großes Thema.

Sie führen die Figur der Mutter ein, gespielt von Sunnyi Melles. Warum?

Die Geschichte handelt so viel von Männern. Es war für mich klar, dass die Seele der Geschichte eine Mutter sein soll. Sie erzählt das Epos, das wir durch ihre Augen und ihre Seele hören.

Wird der Krieg in der Ukraine auch ein Thema sein?

Wir haben uns vor eineinhalb Jahren für die Geschichte entschieden, da war der Krieg in der Ukraine noch kein Thema. Wir zeigen das Thema nicht direkt, Theater soll poetisch sein. Wenn das Publikum Bezüge herstellen will, wird es diese finden.

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Autor
Herbert Schorn
Redakteur Kultur und Leben
Herbert Schorn
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