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"Vor 20 Jahren war ich schon eine Exotin"

Von Gerhild Niedoba, 12. Dezember 2017, 00:04 Uhr
"Vor 20 Jahren war ich schon eine Exotin"
Bild: Niedoba

WIEN. Sylvia Carolina Sperandio (51) war eine der ersten österreichischen Soldatinnen, heute ist sie Brigadier

Vor 20 Jahren hat der Nationalrat die Öffnung des Bundesheeres für Frauen beschlossen. Die gebürtige Vöcklabruckerin Sylvia Carolina Sperandio ist seit Beginn an dabei. Seit Sommer ist die zweifache Doktorin zum Brigadier (1-Stern-General) aufgerückt. Im OÖN-Interview spricht die 51-Jährige über ihre Anfangsprobleme in der Männerdomäne, warum Frauen unbedingt zum Heer sollten und ihre Erfahrungen in Bezug auf die #metoo-Debatte.

 

Sie haben eine steile Berufskarriere hinter sich: Von der Sanitätsanstalt zur Ärztlichen Leiterin des Militärspitals Hörsching, seit heuer leiten Sie die Abteilung Militärisches Gesundheitswesen. Wie kam es, dass Sie sich als eine der ersten Frauen beim Heer beworben haben?

Sylvia Carolina Sperandio: Während meiner Turnusarztausbildung in St. Pölten erfuhr ich von einem Militärarzt, dass ein notfallmedizinischer Kurs stattfindet. Ich habe den als einzige Frau mitgemacht. Nach dem Nationalratsbeschluss riefen Kameraden an und fragten, "Wär’ das nichts für dich?" Ich machte im April die Aufnahmeprüfung, die waren dann irgendwie begeistert von mir (lacht).

Was hat sich seither im Heer für Frauen verändert?

Wir sind nach wie vor ganz klar eine Minderheit, und Minderheiten sind immer Randerscheinungen. Es gibt frauenpolitischen Druck, uns zu fördern, das stößt nach wie vor bei Kameraden nicht immer auf Gegenliebe. Da heißt es gleich, die Frau wird gefördert. Da stellen die Männer, um es salopp zu formulieren, die Haare auf.

Was hat sich zum Positiven verändert?

Dass dort, wo Frauen arbeiten, deren Vorteile erkannt worden sind. Da geht es etwa um deren Führungseigenschaften, Verlässlichkeit, Ehrgeiz und um ihre überdurchschnittlichen Leistungen.

Welche Probleme hatten Sie anfangs in diesem männerdominierten Umfeld?

Da ich eine der ersten Frauen war, die eingerückt sind, war ich schon eine Art "Exotin". Man konnte uns de facto gar nicht "normal" behandeln, weil es wirklich was ganz Neues war.

Sie wurden angefeindet?

Ich habe klarerweise Diskriminierungen erlebt, nur aufgrund meines Geschlechts.

Was waren das für Diskriminierungen?

Die sind mannigfaltig. Es gab hauptsächlich zu Beginn Phasen, in denen ich immer an den Rand gedrängt und in meiner Funktion nicht ernst genommen wurde.

Wie wehrten Sie sich?

Ganz unterschiedlich, aber dafür ganz klar. Ich habe Vorfälle gemeldet. Die meisten habe ich aber in der direkten Kommunikation geregelt, wahrscheinlich ist das auch das Heilsamste. Ich habe diesen Herren klar gemacht, bis hierher – und wenn weiter, wird es Konsequenzen haben.

Gab es auch körperliche Übergriffe, Stichwort #metoo?

Mir gegenüber hat es keine derartigen Belästigungen gegeben. Aber es wäre gelogen zu sagen, dass es derartige Übergriffe beim Heer nicht gegeben hat beziehungsweise nicht gibt.

Ist das Ihr Ratschlag an betroffene Frauen, Vorfälle direkt anzusprechen?

Ja, sich nichts gefallen lassen, nichts hinunterschlucken, einmal mehr melden, sich auszutauschen – auch mit anderen Frauen, wenn man sich zum Beispiel nicht ganz sicher ist.

Oft sagen Opfer aber nichts, aus Angst vor Konsequenzen am Arbeitsplatz.

Man hat immer die Angst, dass es auf einen zurückfällt. Wenn Frauen aber jetzt Dinge aufzeigen, die vor 15 Jahren passiert sind, verliert das an Glaubwürdigkeit. Deswegen sollten die Sachen gleich gemeldet werden.

Was raten Sie grundsätzlich jungen Frauen, die zum Heer gehen wollen?

Ich würde die Chance auf jeden Fall nutzen, auch wenn es sich dann zeigt, dass man später etwas anderes machen möchte. Es gibt hier Dinge, die man sonst nirgendwo lernen kann: Grundlagen, die einem bei der weiteren Karriere, wohin die auch führen mag, mit Sicherheit von Nutzen sein kann.

Sie selbst sind kinderlos und auch nicht verheiratet. War das eine klare Entscheidung für die Karriere?

Eine Familie hat sich bei mir nicht ergeben. Ich war so viel unterwegs. Zuerst Turnusausbildung, dann war ich viel im Ausland. Das heißt aber nicht, dass ich nicht gerne Kinder gehabt hätte. Klar ist aber: Hätte ich Kinder, wären mein Leben und mein Berufsweg ganz anders verlaufen.

Widerspricht sich das, Soldatin und Familie?

Nein. Aber klarerweise ist der Soldatenberuf, vor allem in der Anfangsphase mit Auslands- oder Akademieeinsätzen, für eine Soldatin mit Familie schwierig. Wenn man aber etabliert ist, ist je nach Funktion, Familie und Beruf, glaube ich, schon vereinbar. Aber es ist sicher eine Herausforderung.

 

 

Lebenslauf

Die gebürtige Vöcklabruckerin Sylvia Carolina Sperandio ist seit dem Jahr 1998 beim österreichischen Bundesheer. Acht Jahre lang war die 51-Jährige Kommandantin der Sanitätsanstalt Oberösterreich und Ärztliche Leiterin des Militärspitals Hörsching, bevor sie ins Ministerium nach Wien ging.

Die zweifache Doktorin leitet seit August die Abteilung Militärisches Gesundheitswesen.

 

Die OÖNachrichten haben die gebürtige Vöcklabruckerin auch vor die Kamera gebeten:

 

 

 

Auch Silikon-Implantate bald erlaubt

Bisher sind sie ein Ausschließungsgrund beim Heer: Künstlich geformte Brüste und Bauchmuskeln. Schon bald dürfte es aber bei Silikon-Implantaten eine Lockerung geben. Oberst Emmerich Bauer, Chef der Abteilung Personalgewinnung des Heerespersonalamtes, erwartet, dass diese Regelung bis Jahresende fällt.

Bisher waren diese Implantate aus gesundheitlichen Gründen verboten. „Die Materialien sind aber mittlerweile viel besser als früher und halten mehr aus“, sagt Bauer im Gespräch mit den OÖNachrichten. Die Regelung betrifft im Übrigen nicht nur Frauen. Auch Männer können sich Sixpacks oder Brustmuskeln mit Silikon formen lassen.

Zum Thema 20 Jahre Frauen beim Heer erläutert Bauer: 597 Frauen leisten derzeit österreichweit Dienst, davon 90 in Oberösterreich. Sie alle mussten eine Eignungsprüfung absolvieren. „Ein Viertel der Bewerber, Frauen wie Männer, schaffen diese aber nicht beim ersten Mal“, sagt Oberst Emmerich Bauer.

Untauglich ist Frau oder Mann, wenn man eine chronische oder psychische Krankheit sowie eine Hörschwäche hat. Auch fehlende Organe (z.B. Niere, Augen), eine zu geringe Körpergröße (Mindestmaß 1,56 Meter), mangelnde Deutsch- und Englischkenntnisse sowie Vorstrafen können Ausschließungsgründe sein.

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8  Kommentare
8  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
JosefBroz (4.750 Kommentare)
am 12.12.2017 22:47

Die Frau wirkt kompetent und hat sehr vernünftige Antworten parat. Alles Gute weiterhin!

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tofu (6.991 Kommentare)
am 12.12.2017 11:51

Habe sie am Anfang ihrer Karriere kennenlernen dürfen. Habe sie als sehr nette und kompetente Frau in Erinnerung.

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Gugelbua (33.009 Kommentare)
am 12.12.2017 11:12

viel zu viele sind im Offiziers Kader ein guter Job ohne viel zu leisten

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JosefBroz (4.750 Kommentare)
am 12.12.2017 22:49

Werter Poster gugelbua,
gerade bei den höheren Chargen findet sich so mancher kluge Kopf.

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decordoba (3.803 Kommentare)
am 12.12.2017 10:25

Österreich ist ein Land der Generale. Jeder General freut sich, wenn er/sie mit etwas Lametta geschmückt vor der Kamera steht.

Ich möchte keineswegs die Leistung und den Diensteifer dieser Männer und Frauen madig machen.

die Relation:

Das Bundesheer ist in den ~40 Jahren mit Sozialistischen Kanzlern - kaputtgespart, aber bei den Generalen haben sie immer aufgestockt.

Die Kadersoldaten/Berufssoldaten im Alter von 20 bis 35, welche mit dem Sturmgewehr an der Grenze stehen sollten, sind Mangelware.

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kleinEmil (8.275 Kommentare)
am 12.12.2017 08:06

Unselig!

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Harbachoed-Karl (17.883 Kommentare)
am 12.12.2017 00:28

Das ganze ginge mit der Hälfte der Worte.
Unseliger Nachrichtenstil.

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JosefBroz (4.750 Kommentare)
am 12.12.2017 22:53

Werter Poster Harbachoed-Karl,
finde ich nicht. Habe vom Anfang bis zum Schluss interessiert mitgelesen.

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