Neo-Pensionist Pjeta: "Keine Regierung hat die Landärzte unterstützt"
STEINKIRCHEN. Gemeindearzt Otto Pjeta ist seit dem Wochenende im Ruhestand. Ein Gespräch mit Österreichs ehemaligem Ärztekammerpräsidenten über Mediziner-Mangel, die Arbeit als Landarzt und seine Zukunft.
Welser Zeitung: Sie haben nur noch eine Privatpraxis: Fällt der Abschied schwer?
Pjeta: Es ist kein Abschied, nur eine neue Phase: Ich habe nicht vor, mein Leben grundsätzlich zu ändern. Es ist nur eine neue Dimension: Ich habe Zeit für Dinge, die ich nicht machen konnte. Ich habe nun die Fischer-Prüfung abgelegt.
Welser Zeitung: Sie studierten entgegen dem Rat Ihres Vaters – er war Arzt in Steinhaus – Medizin: Verstehen Sie seine Bedenken heute?
Pjeta: Ja, weil er Landarzt war ohne die heute üblichen Kommunikationsmöglichkeiten. Das war zu Beginn meiner Praxis 1978 eine relativ harte Geschichte für meine Familie und mich: Das Telefon musste immer in Hörweite sein. Damals gab es kein Vertretungssystem: War ein Kollege zwei, drei Wochen auf Urlaub, hatte ein anderer durchgehend Dienst. Das war untragbar.
Welser Zeitung: Was war der Grund für Ihr Engagement in der Ärztekammer?
Pjeta: Die Standesvertretung hat sich bei mir engagiert (lächelt): Nach der Ausbildung im Spital habe ich die Kontakte zu Kollegen weiter gepflegt. Das war damals eine neue Dimension. Wir trafen uns mit den Familien jedes Quartal, es entstand eine Art Arbeitsgemeinschaft, die enormes Echo verursacht hat. Dann hat man mir einen Vorstandssitz angeboten, den ich auch genommen habe. Ich habe nicht immer Nein gesagt, wenn mir was angeboten wurde; das waren oft kleine Angebote. Viele haben gefragt: Wozu tut er sich das an? Das hat sich geändert, als sichtbar wurde, welche Dinge möglich geworden sind.
Welser Zeitung: Weshalb haben Sie nicht früher auf den Ärztemangel hingewiesen und verhindert, dass Ärzte ihre Hausapotheken verlieren?
Pjeta: Dass es bald niemand mehr geben wird, wenn man die Bedingungen für Ärzte nicht verbessert, haben wir von Anfang an gesagt. Leider waren die Bemühungen erfolglos. Gleichgültig, welche Koalition an der Regierung war, jede hatte im Programm: Wir müssen Landärzte unterstützen – dazu gehört auch eine Hausapotheke. Aber keine Regierung hat es umgesetzt: Da bekomme ich einen allergischen Ausschlag. Das war keine Niederlage für mich, sondern eine für die Gesundheitspolitik. Meine Wertschätzungen gegenüber meinen damaligen Ansprechpartnern ist endend wollend: Ich habe jeden Kopfstand mitgemacht, mich mit Leuten zusammengesetzt, mit denen ich nicht mal zum Würstelstand gegangen wäre. Ich habe mich beim Heurigen nie betrunken und daher für die Vernetzungen mehr Zeit gebraucht. Die Ärztekammer hatte auch keine Lobbyisten im politischen Bereich.
Welser Zeitung: Was hat Ihnen besser gefallen: Ärztekammerpräsident oder Landarzt?
Pjeta: Das waren zwei Welten, die ich nicht vergleichen möchte. Ich habe mich gefreut, wenn ich von Wien nach Steinerkirchen zurückkam. Hier habe ich mich wieder erholt. Für mich war der Bezug zur Praxis wichtig: Was ich auf der Bühne gesagt habe, hat sich in der Realität bewähren müssen; bei mir, bei meinen Kollegen, bei meinen Patienten.
Welser Zeitung: Was war die schönste Zeit in Ihrem Beruf?
Pjeta: Da möchte ich keine Wertung machen. Einen großen Stellenwert hat für mich die Ehrenbürgerschaft: Obwohl mich die Leute hier 30 Jahre aushalten mussten, ich ihnen nicht immer frohe Botschaften überbringen konnte, mit dem Rohrstaberl unterwegs war, wenn es um deren Gesundheit ging, wurde ich geehrt.
Welser Zeitung: Weshalb wollen junge Ärzte in Spitälern bleiben, anstatt eine Praxis zu eröffnen?
Pjeta: Die Politik muss Signale setzen, dass Strukturen besser werden. Dazu zählen Bereitschafts- und Sonntagsdienste. Medizin muss so betrieben werden, wie es für den Patienten am besten ist und nicht für die Statistik. Wir bräuchten mehr Lehrpraxen: Es ist mindestens ein Jahr notwendig, um einen Einblick in eine Landarzt-Praxis zu bekommen – nicht nur drei Monate. Es geht um „Work-Life-Balance“, Familie und Arzt-Patienten-Bindung. Es muss Anreize geben, dass ich bei meinem Arzt bleibe, denn jeder Arztwechsel verursacht Kosten, weil jeder wieder von vorne beginnt.
Welser Zeitung: Was kann Oberösterreich gegen den Ärztemangel machen?
Pjeta: Jetzt wird schlagend, dass vor zehn, 15 Jahren das Gesundheitssystem problematisiert worden ist. Alles wurde dem Spargedanken untergeordnet, der Druck begann in den 1990er-Jahren und hat bis heute nicht aufgehört.
Welser Zeitung: Braucht Oberösterreich eine Medizin-Universität?
Pjeta: Ja, weil wir Experten ins Land holen können, wenn Lehre und Forschung hier betrieben wird. Eine Medizin-Uni hat auf die Ärztezahl enorme Auswirkung. Das Geld darf nicht von hausärztlicher Betreuung weggenommen werden.
Das Leben:
Otto Pjeta (Jahrgang 1949) wuchs in Steinhaus auf, dort war sein Vater Gemeindearzt. Nach der Matura studierte er in Innsbruck Medizin, wechselte – der Liebe zu seiner späteren Frau Ulli wegen – an die Wiener Uni. Er ist Vater einer Tochter und zweier Söhne. Katharina stieg in seine Fußstapfen: Sie ist Ärztin in Steinerkirchen.
Der Beruf: 1978 übernahm Pjeta in Steinerkirchen eine Arztpraxis. 1989 wurde er Präsident der oberösterreichischen Ärztekammer, von 1999 bis 2003 stand er der Standesvertretung bundesweit vor. Am Wochenende zog er sich als Kassenarzt in den Ruhestand zurück. Er bleibt aber Präsidialreferent der Österr. Ärztekammer und kümmert sich u. a. um „Landmedizin“ und „Qualitätssicherung“. Er fühlt sich afrikareif: „Ich kann mit einfachsten Mitteln Medizin machen.
Die Freizeit: Sie sei von Arbeit dominiert gewesen, sagt Pjeta. An Interessen habe es nie gemangelt. „Es gab allerdings Zeiten, da war mein Tag von Früh bis Mitternacht teilweise nach Minuten eingeteilt.“ Pjeta spielt Klarinette und Klavier, will nun seine Sprachkenntnisse auffrischen und mehr Sport betreiben: „Ich habe mich bereits in einem Fitnessstudio angemeldet.“
meiner über 70-jährigen Eltern hatte noch eine Hausapotheke und wurde damit laut seiner Ehefrau und Praxishilfe "steinreich".
Der junge, sehr engagierte Nachfolger verfügt nun über diese Goldgrube nicht mehr.
Dafür hat er meinen Eltern nach einem ersten 70-minütigem Behandlungsgespräch kopfschüttelnd fast die Hälfte der ihnen verschriebenen Medikamente gestrichen.
Sie fühlen sich wohl.
und daher für die Vernetzungen mehr Zeit gebraucht." = Je betrunkener desto vernetzter mit anderen Ärzten. Erklärt die Behandlungen, die mein Hausarzt begonnen hat.
"Die Ärztekammer hatte auch keine Lobbyisten im politischen Bereich." anscheinend weiß pjeta nicht, dass der övp-obmann im gesundheitsausschuss, der sämtliche gesetzesanträge im gesundheitsbereich zu entscheiden hat, dr. med. rasinger heißt, und mitglied der ö ärztekammer ist.
und hier noch eine pjeta-antwort, die er patienten gibt: "Wenn mehr als ein Arzt in eine Sache (Behandlungsfehler, Anm.) verwickelt ist, kann ich als Ärztekammerpräsident nichts mehr machen."
Insbesondere dein letzter Absatz, von wegen Behandlungsfehler.... ist leider nur allzu wahr!
gezielte manipulationen am patienten, die unsere krankenkassengelder in die ärztetaschen fließen lassen.
aber wer traut sich das schon sagen. die ärzteschaft hat hier ein straffes system. so wie die katholische kirche in den 60iger jahren.
genau wegen der klagfreudigkeit - der arzt ist eh reich , klagen wir halt, vielleicht der schlichtungsstelle wird uns etwas aus der versicherung der herr doktor uns abzwicken - habe ich aufgeatmet, als mein mann aufhörte. ich könnte bücher schreiben über die "mündige patienten".
dr. pjeta geniessen sie ihre pension und ausserhalb steinhaus schauen sie weder links, noch rechts - sie brauchen sich wirklich nicht an alle patienten erinnern, geschweige davon die voraus zu grüssen!
einen patienten auf der strasse im voraus gegrüßt.
wann bitte wurde jemals ein oö ärzt von einem oö richter zu unrecht verurteilt.
wann bitte hat jemals die oö ärztekammer einem verpfuschten patienten schadenersatz zu unrecht geleistet.
wie bitte interpretieren sie die pjeta-antwort: wenn mehr als ein arzt in ärztepfusch verwickelt ist, dann macht er nichts mehr.
Da ist er nicht alleine...
danke, setzen!
Ist das jetzt positiv oder negativ gemeint?
LANDARZT sein bedeutet, mehr zu sein als nur
in seine Praxis bequemzu sitzen und auf die
Patienten zu warten, die dann in Scharen ein
Wartezimmer überquellen lassen!
Ich bewundere diese Ärzte!
...wenn es keine Krankenhäuser gäbe, wohin er überweisen kann, bzw. was macht ein Verunfallter, wenn er kein Krankenhaus hätte und auf den Landarzt warten müsste, falls der gerade Dienst hat!
...ist aber nix neues...
von einem "Landarzt", dass dieser "nebenbei" mit der Rettung als Notarzt mit fährt.
Solltest du (was ich keinem wünsche) einmal verunglückt auf der Straße liegen; denke dann bist froh, wenn so ein Landarzt dich Erstversorgt.
der Landarzt, der mich damals untersuchte konnte die Diagnose alleine durch Abtasten und Befragen völlig richtig erstellen (Rippenbrüche und Prellungen) und hat mich für transportfähig erklärt.
Später im Krankenhaus konnten die dort diensthabenden Turnusärzte (Wochenende) nicht einmal am Röngtenbild etwas erkennen, bis dann endlich nach einiger Zeit ein Oberarzt vorbeikam und ihnen am Röngtenbild die Bruchstellen gezeigt hat. Da war der Oberarzt auch schon wieder weg (OP-Termin) und einer der Jungärzte fragte mich, ob ich (nach mittlerweile mehr als zwei Stunden im Krankenhaus) eine Schmerzspritze haben wolle...