Nach erstinstanzlicher Verurteilung: Lostag für Sophie Karmasin
WIEN. In Abwesenheit von Sophie Karmasin hat sich am Mittwoch im Großen Festsaal des Justizpalastes der Oberste Gerichtshof (OGH) mit den Rechtsmitteln der im Vorjahr zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilten ehemaligen ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) auseinandergesetzt.
Karmasin fehlte bei dem öffentlichen Gerichtstag krankheitsbedingt. "Sie nimmt Medikamente. Es geht ihr sehr schlecht", entschuldigte Verteidiger Norbert Wess die 57-Jährige.
Was genau der früheren ÖVP-Politikerin und einstigen Vertrauten von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz fehlt, sagte Wess nicht. Er appellierte an die Medienvertreterinnen und -vertreter, die Privatsphäre Karmasins zu wahren und nicht über ihren Gesundheitszustand zu recherchieren bzw. zu berichten.
Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen Urteil
Karmasin war im Mai vorigen Jahres am Wiener Landesgericht wegen Bestimmung zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen schuldig erkannt worden. Vom ebenfalls angeklagten schweren Betrug im Zusammenhang mit dem Weiterbezug ihres Ministergehalts wurde die Ex-Politikerin freigesprochen. Dessen ungeachtet legte ihr Rechtsvertreter gegen die Verurteilung Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Verurteilung und Berufung gegen die Strafhöhe ein. Die Strafe und der Freispruch vom Betrug wurden allerdings auch von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bekämpft, wobei die WKStA auf dem Standpunkt steht, dass aus generalpräventiven Gründen eine gänzlich teilbedingte Strafnachsicht in diesem Fall keinesfalls in Frage kommt. Die Generalprokuratur, die vor dem OGH das Rechtsmittel der WKStA vertritt, tritt für eine unbedingte bzw. jedenfalls teilbedingte Strafe ein. Die Generalprokuratur geht jedoch davon aus, dass der Nichtigkeitsbeschwerde der WKStA gegen den Freispruch vom Betrug keine Berechtigung zukommt.
- Karmasin-Urteil: Berufungsverhandlung am OGH am 6. März
"Gezielt Wettbewerb eingeschränkt"
Der Schuldspruch des Erstgerichts bezog sich auf drei Studien für das Sportministerium, für die Karmasin den Zuschlag erhalten hatte, indem sie zwei Mitbewerberinnen - darunter ihre frühere Mitarbeiterin Sabine Beinschab - dazu brachte, "von ihr inhaltlich vorgegebene und mit ihr vorab inhaltlich abgesprochene Angebote an die Auftraggeber zu übermitteln, um sicherzustellen, dass die ihr zuzurechnende Karmasin Research & Identity GmbH die Aufträge bekommen würde", wie es in der Anklageschrift hieß. Beinschab und die zweite Konkurrentin legten zwischen April 2019 und Juni 2021 Angebote, die Karmasin dann jeweils unterbot. Das war nach Ansicht des Erstgerichts "jedenfalls rechtswidrig" und habe "gezielt den Wettbewerb eingeschränkt".
Was den gegen Karmasin gerichteten Vorwurf des schweren Betrugs betrifft, war für das Erstgericht zwar "zweifellos erwiesen" und "eindeutig dokumentiert", dass sich diese nach ihrem Ausscheiden aus dem Ministeramt mit Anfang Dezember 2017 ungeachtet der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit "mit voller Absicht" ihre Fortbezüge bis Ende Mai 2018 erschlichen hatte. Die erste Instanz kam aber zum Schluss, dass die Strafbarkeit des Betrugs aufgehoben war, weil der Ex-Ministerin zugebilligt werden musste, den angerichteten Schaden vollständig, rechtzeitig und freiwillig gutgemacht zu haben, bevor die Strafverfolgungsbehörden von Karmasins Verschulden Kenntnis erlangt hatten.
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