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SV-Ried-Kapitän Oliver Glasner: „Kinder verlernen die Selbstständigkeit“

Von Harald Bartl, 16. Juli 2011, 00:04 Uhr
„Kinder verlernen die Selbstständigkeit“
Für Oliver Glasner war im Gespräch auf der Kobernaußerwaldwarte in Lohnsburg der Höhepunkt noch nicht erreicht. Bild: VOLKER WEIHBOLD

RIED. Heute startet Oliver Glasner (37) in seine wohl letzte Saison als Kapitän von Bundesligist SV Josko Ried – wegen einer Verletzung als Zuschauer. Im OÖNachrichten-Gipfelgespräch dribbelt er sich durch die Themen Frauenfußball, Homosexualität und Erziehung.

OÖN: Was hältst Du* von dem Spruch: „Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist?“

Glasner: Ich weiß, worauf Du hinaus willst. Schöner als beim Cupsieg kann es nicht mehr werden. Aber was ist, wenn wir in die Gruppenphase der Europa League kommen? Deshalb hänge ich noch ein Jahr an. Aber danach ist zu 90 Prozent Schluss.

OÖN: Wie groß ist der Druck nach der vergangenen Top-Saison?

Glasner: Daran sind wir gewöhnt. Der Kader ist klein, aber da kann man bis Ende August nachjustieren.

OÖN: Ihr seid auch daheim „fußballverrückt“. Hast Du die Frauen-WM verfolgt?

Glasner: Natürlich. Mir hat es sehr gut gefallen – vor allem, wie die Deutschen die WM vermarktet haben. Sportlich will ich nicht vergleichen. Das mache ich ja bei einer Damen-Abfahrt auch nicht.

OÖN: Keine Macho-Sprüche?

Glasner: Sicher nicht. Meine Gattin Bettina hat selber in Taufkirchen gespielt. Die sind gerade in die zweite Liga aufgestiegen. Außerdem soll Fußball Familiensport sein. Jede Frau, die selber spielt, hat einen positiven Zugang.

OÖN: Bei Frauen ist das Thema Homosexualität im Fußball normal, bei den Herren ein Tabu. Warum?

Glasner: Ich weiß es nicht. Ich spiele seit 20 Jahren, habe über 200 Mitspieler gehabt. Trotzdem ist mir kein Fall bekannt. Ob gut versteckt oder nicht – ich weiß es nicht.

OÖN: Könnte ein homosexueller Profifußballer bei der SV Ried bestehen?

Glasner: Ja! Bei uns wird Toleranz gelebt. Jeder wird so akzeptiert, wie er ist. Natürlich rennt der Schmäh. Aber wir schauen drauf, dass da keine Grenzen überschritten werden. Für ein Outing muss man mental stark sein.

OÖN: Stichwort mentale Stärke – Du vertraust selbst seit Jahren auf einen Persönlichkeitsberater. Als Vorstandsmitglied in der Rieder Fußball-Akademie machst Du Dich auch dort dafür stark. Warum?

Glasner: Weil ich alles selber erlebt habe. Als 18-Jähriger prasselt so viel auf dich ein. Man kommt in Nationalteams, wird vergöttert und glaubt, man ist am Ende angelangt. Dabei fängt alles erst an.

OÖN: Dadurch lernen die Jugendlichen nicht mehr, selbstständig zu sein?

Glasner: Nicht ganz. Sie verlernen es wieder. Man nimmt ihnen ja alles ab. Die Schule, das Training, die Nachhilfe – sie verlieren die Eigenverantwortung. Mit 14 sind sie weg von daheim. Wenn sie dann am Sonntag bei den Eltern sind, wollen diese verständlicherweise an diesem einen Tag auch nicht mit Verboten daherkommen.

OÖN: Der große Knacks ist eine Frage der Zeit?

Glasner: Natürlich – spätestens dann, wenn die ersten Widerstände auftauchen. Weil sie es nicht gelernt haben, wie man damit umgeht. In der Kampfmannschaft, spätestens aber beim Bundesheer „blattelt“ es sie dann auf. Ich kenne Fälle, wo junge Fußballer gesagt haben: „Hol mich hier raus, oder ich bring mich um.“ Da bin ich hellhörig geworden.

OÖN: Was rätst Du Kindern mit dem Berufswunsch „Profifußballer“?

Glasner: Dass sie nie alles ausschließlich auf die „Karte Fußball“ setzen. Wenn man schon fünf Mal in der Woche trainiert, dann soll man es aus Freude tun. Nicht aus dem Zwang, mit aller Gewalt Profi werden zu wollen.

OÖN: Welche Rolle spielen die Eltern? Man muss sich ja oft fremdschämen, wenn man sie bei Nachwuchsspielen schreien hört.

Glasner: Natürlich kenne ich diese Fälle. Am Lautesten sind meistens die Mütter ... Die Eltern wollen ja das Beste, und glauben, sie unterstützen das Kind. Oft blockieren sie die Kinder aber damit. Die wollen dann den Eltern gerecht werden. Das ist der falsche Weg. Ich halte es auch nicht für gut, wenn sich Eltern einmischen, sobald das eigene Kind einmal nicht spielt. Wenn man mit dem Argument „der Trainer mag mein Kind nicht“ so früh anfängt, ist das Ende vorgezeichnet: Das sind dann jene Spieler, die jedes Jahr den Verein wechseln.

OÖN: Wie hältst Du es mit Deinen Kindern?

Glasner: Ich will, dass meine Kinder das tun, was ihnen Freude macht. Das gilt jetzt genauso wie später, wenn es um die Berufswahl geht. Der Julian, unser Ältester, hat durch den Fußball viel gelernt. Er ist eigentlich eher schüchtern – im Fußball hat er gelernt, sich zu behaupten, unterzuordnen, auch auf Kleinere achtzugeben. Das ist die beste Schule.

OÖN: Du engagierst Dich selber als Nachwuchstrainer in Deinem Heimatverein in Riedau.

Glasner: Wir haben nur 2000 Einwohner und trotzdem 60 Jugendliche von der U9 bis zur U12. Der soziale Aspekt muss im Vordergrund stehen. Die Kinder sollen mit Freunden zusammen sein und Spaß haben. Bei uns bekommen alle gleich viel Spielzeit. Auch jene, die vielleicht keinen geraden Pass spielen können. Ich kenne genug Fälle, wo Kinder pro Saison nur ein, zwei Mal zum Spielen kommen. Ein Sport, in dem man nur trainiert? Das ist ja Irrsinn. Und dann fragen sich Vereine, warum sie ab der U14 keine Spieler mehr haben ...

OÖN: Traumberuf Trainer?

Glasner: Ich sage zu meiner Frau immer: Trainer ist keine Arbeit für mich, sondern Freude. Ich denke mir für den Nachwuchs vieles selber aus, und lade nicht irgendwelche Trainingsübungen aus dem Internet herunter. Trotzdem weiß ich nicht, ob ich einmal Profitrainer werde. Es gibt wenige interessante Jobs in Österreich. Die Lebensdauer ist kurz. Alle zwei Jahre die Kinder aus der Schule nehmen und umziehen – das wäre nicht mein Fall. Und ohne meine Familie zu gehen, käme sowieso nicht infrage.

 

Der Mensch: Die Familie ist die Nummer 1

Daheim in Riedau spielt Oliver mit Gattin Bettina perfekt den Doppelpass. Die beiden Söhne Julian (9) und Niklas (6) kicken im Nachwuchs von Riedau. Bei Tochter Alina (1) ist der Fußball noch nicht so wichtig. Was muss man als Vater genauso beachten wie als Trainer? „Den ehrlichen und direkten Umgang miteinander. Ein Fußballer will wissen, woran er ist. Eine negative Antwort ist besser, als wochenlang im Unklaren gelassen zu werden. Genauso ist es bei den Kindern. Ein klares ,Nein’ ist da oft hilfreicher als ein ,Vielleicht, ich weiß nicht, schauen wir einmal.’“ Wobei auch Glasner nicht perfekt ist. „Ich falle selber oft genug um, wenn es eigentlich ,Nein’ heißen sollte.“

 

Die Kobernaußerwaldwarte – der höchste Punkt des Bezirks Ried

Eigentlich hätte es für dieses Gipfelgespräch ja eine „Erstbesteigung“ geben sollen. Denn am Stadiondach der „Keine-Sorgen-Arena“ war (angeblich) noch niemand. Es gibt auch keinen Aufgang, deswegen ist es zu gefährlich. Beim kleinen Ried-Kader darf man kein Risiko eingehen ...
Und die „Kobernaußerwaldwarte“ in Lohnsburg hat sowieso mehr zu bieten. 125 Stufen muss man überwinden, um den höchsten Punkt des Bezirks Ried zu erklimmen. An schönen Tagen gibt es bis zu 120 Kilometer Fernsicht. Ein großer Bergsteiger ist Oliver Glasner nicht. „Das ist im Innviertel nicht so verbreitet. Außerdem war ja in den vergangenen Jahren bei uns immer ein ganz kleines Kind daheim. Zuletzt waren wir wandern, als meine Frau schwanger war.“ Vielleicht geht sich ja nach dem Ende der Karriere der eine oder andere Gipfelsturm aus. Der Hausherr des angrenzenden Gasthauses „Turmwirt“, Manfred Buchwald, sperrte für den prominenten Gast auch am Ruhetag auf. „Wir sind bei allen Spielen der SV Ried dabei. Auch auswärts.“ Die Salzburger Fans kehren bei Spielen in Ried immer bei ihm ein. „Einer hat einmal eine Wette verloren. Der musste dann mit meinem Ried-Leiberl in den Salzburger Fansektor gehen.“

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