Branchenführer Strabag droht höhere Strafe im Baukartell
WIEN. Wettbewerbshüter stellten Kronzeugenstatus infrage; Verfahren wird nach Entscheid des Obersten Gerichtshofs neu aufgerollt.
Zurück zum Start: Das gilt für Österreichs größten Baukonzern, die Strabag, im 2017 aufgeflogenen Baukartell. Wie mehrmals berichtet, hatten sich 30 Firmen – auch einige aus Oberösterreich – zwischen 2002 und 2017 über öffentliche Ausschreibungen ausgetauscht und Preise abgesprochen. Rund 2000 Bauprojekte in Österreich waren betroffen.
Gegen viele Baufirmen wurden Kartellstrafen verhängt: 62,35 Millionen Euro Geldbuße erhielt Porr, 27,15 Millionen die Linzer Swietelsky mit zwei Tochterfirmen, 26,33 Millionen die Perger Habau, 3,51 Millionen die Firmengruppe Haider aus Großraming.
Bei der Strabag waren es 45,37 Millionen Euro. Diese Strafe könnte sich nun allerdings erhöhen. Denn nach einem Entscheid des Obersten Gerichtshofs (OGH) müsse das Verfahren gegen die Strabag neu aufgerollt werden, gab die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) gestern, Donnerstag, bekannt. Betroffen sei nur das Strabag-Verfahren, alle anderen Verfahren und Strafen seien unberührt, hieß es auf OÖN-Anfrage.
Möglich sind laut Kartellgesetz Strafen von bis zu zehn Prozent des im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes. Die Strabag erlöste 2022 konzernweit 17 Milliarden Euro.
Die ursprüngliche Millionenbuße für die Strabag wäre ohne Kronzeugenstatus mit den Behörden noch höher ausgefallen. Genau diesen Status stellte die BWB aber infrage: Sie bezweifelte, dass die Strabag alles offengelegt habe, was sie über das Kartell gewusst habe. Man habe „Kenntnis über neue Tatsachen im Hinblick auf die Einhaltung der vollumfänglichen Kooperation als Kronzeuge“ erhalten, teilte die BWB gestern mit, ohne dazu Details zu nennen.
Den Abänderungsantrag der BWB vom 20. Oktober 2022 wies das Kartellgericht zurück, dagegen erhob die BWB vor dem OGH als Kartellobergericht Rekurs – und war erfolgreich. Nun ist laut BWB wieder das Kartellgericht (Oberlandesgericht Wien) am Zug. Dieses entscheidet auch über eine mögliche neue Geldbuße.
Strabag: „Intensiv kooperiert“
„Das ist sicherlich die maßgeblichste Entscheidung der letzten zehn Jahre für den österreichischen Kartellrechtsvollzug“, sagte BWB-Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch.
Die Strabag teilte mit, bei dem Beschluss handle es sich nicht um eine inhaltliche Entscheidung. „Vielmehr hat der OGH lediglich über die Zulässigkeit des Antrags der BWB im Abänderungsverfahren entschieden.“ Man sei „der festen Überzeugung“, der Antrag der BWB sei inhaltlich nicht berechtigt. Im Kronzeugenprogramm habe man „umfänglich und intensiv“ mit der BWB kooperiert und maßgeblich zur Aufklärung beigetragen, so die Strabag.