"Wir haben ein Herz": Zu Weihnachten begann für Sarah ein neues Leben
ROSENAU/HENGSPASS. Elf Monate nach der Organtransplantation kann die kleine Sarah wieder herzhaft lachen.
Viktoria Baumschlager hatte nur einen einzigen Wunsch: "Dass meine Tochter ein Spenderherz bekommt und gesund wird." Sarah war erst vier Jahre alt und bereits an den Alltag im Krankenhaus gewöhnt. Ihr eigenes Herz verlor sie im Babyalter durch das Ringelrötel-Virus. Das erste Spenderherz, das sie implantiert bekam, wurde ebenfalls durch ein Virus zerstört und musste durch ein künstliches Herz ersetzt werden. Es hielt sie am Leben, doch um das Spital zu verlassen, brauchte Sarah erneut ein passendes Spenderorgan.
Am 24. Dezember 2020 erschien in den OÖNachrichten ein Bericht über das Schicksal der Familie. Damals konnte Viktoria Baumschlager nur davon träumen, ihren Mann und ihr zweites Kind bald wieder in die Arme zu schließen. "Wir haben Tobias monatelang nur über Skype gesehen", sagt sie. Den Heiligen Abend verbrachten Mutter und Tochter auf der Intensivstation des Kinderherzzentrums Wien, hunderte Kilometer entfernt von ihren Liebsten in Rosenau am Hengstpaß.
Zwischen Freude und Trauer
Heuer ist die Familie zu Weihnachten beisammen und hat doppelten Grund zur Freude: "Wir feiern auch einen Jahrestag", sagt Viktoria Baumschlager. Die Worte jenes Mediziners, der ein Jahr zuvor im Spital auf sie zugekommen war, werde die 34-Jährige niemals vergessen. "Frau Baumschlager, wir haben ein Weihnachtswunder, ein Spenderherz", sagte er.
Noch in der Nacht zum Christtag wurde die kleine Sarah in den Operationssaal gebracht. 30 Stunden später konnten ihre Eltern aufatmen: Der Körper des Mädchens hat das fremde Organ angenommen. "Ich habe vor Freude so viel geweint, aber gleichzeitig Trauer empfunden, weil eine andere Familie ein Kind verloren hat", erinnert sich Sarahs Mama. Im Februar kam der Tag, auf den sie und ihr Mann so lange gewartet hatten: die Heimkehr, das ersehnte Wiedersehen. Tobias, gerade einmal zwei Jahre alt, empfing seine große Schwester und seine Mama in Rosenau mit offenem Mund und großen Augen. Viktoria kniete sich nieder, streckte ihm ihre Arme entgegen und bekam eine innige Umarmung. "Es war sehr emotional für mich", sagt sie. Und für Sarah? "Sie hat sich gleich wieder eingelebt, als ob sie nie weg gewesen wäre."
In kleinen Schritten kehrt die Fünfjährige wieder zu einem "normalen" Leben zurück. Durch den langen Krankenhausaufenthalt haben ihre Muskeln nachgelassen. Sie musste wieder lernen, zu gehen. Auch ihre kognitive Entwicklung blieb auf der Strecke. Von ihrem drei Jahre jüngeren Bruder schaut sich Sarah viel ab. Mit anderen Kindern darf sie leider noch nicht spielen. Die Familie muss sich zumindest bis zum Jahrestag der Herz-OP weitgehend abschotten, um keine Infektionen zu riskieren. "Man muss sich das so vorstellen, wie einen dauerhaften, harten Lockdown", sagt Viktoria Baumschlager, die mit ihren beiden Kindern gerne Ausflüge in die Natur unternimmt. Damit es zu Hause an nichts fehlt, kam im Vorjahr das OÖN-Christkindl zu Hilfe. "Wir sind unendlich dankbar und gerührt. Es ist schön, so eine Hilfsbereitschaft zu spüren."