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Darf’s ein bisserl weniger sein?

Von Sonderthemen -Redaktion, 01. Februar 2025, 00:04 Uhr
Darf’s ein bisserl weniger sein?
Bild: Pexels

Viele Beschäftigte sehnen sich nach einem neuen Arbeitszeitmodell. Ökonomen aber fürchten um den Wohlstand im Land. Wie wird sie wohl aussehen, die Arbeitszeit der Zukunft?

Ein halbes Jahrhundert liegt es mittlerweile schon fast zurück, dass die Normalarbeitszeit in Österreich zuletzt gesenkt wurde. Im Jahr 1975 wurde die 40-Stunden-Woche eingeführt und Anfang 2022 verkürzte mit dem Gesundheits- und Sozialbereich erstmals eine Branche die Arbeitszeit auf 37 Stunden.

Kürzere Arbeitszeiten, das wünschen sich immer mehr Arbeitnehmende. Laut einer Umfrage der Statistik Austria will jede/r fünfte Vollzeitbeschäftigte die Stunden reduzieren und würde dafür auch ein geringeres Einkommen akzeptieren. Vor allem die junge Generation stellt die althergebrachten Modelle infrage.

Beispiele aus verschiedenen Branchen

Immer mehr Unternehmen in Oberösterreich setzen auf die Vier-Tage-Woche und berichten von positiven Erfahrungen. Ein Beispiel ist der GPS-Tracker-Hersteller Tractive, der für alle Vollzeitmitarbeitenden die Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche ohne Gehaltseinbußen reduziert hat. Auch der Elektroinstallationsbetrieb Kagerer mit rund 150 Mitarbeitenden hat die wöchentliche Arbeitszeit auf 36 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich verkürzt.

Als wahrer Pionier, wenn es um den Versuch der Vier-Tage-Woche geht, gilt Island. Als eines der ersten Länder hat es zwischen 2015 und 2019 in über 100 Unternehmen das Projekt durchgeführt. Bis heute handelt es sich hierbei um eine der größten Initiativen. Isländische Studien zeigen: Die Arbeitenden sind glücklicher, gesünder, produktiver und auch wirtschaftliche Vorteile wurden sichtbar.

Die Suche nach einer neuen Matrix

Der bekannte Trend- und Zukunftsforscher Tristan Horx ist der Meinung, dass die Arbeitszeit als Kulturform immer mehr verschwinden wird. Die Produktivität anhand der abgesessenen Zeit zu messen, sei nicht mehr zeitgemäß, so Horx. Statt Zeit müsse man eine neue Matrix finden, um Produktivität zu bewerten. Natürlich würde es auch weiterhin Berufe geben, in denen Zeit durchaus ein sinnvoller Produktivitätsindikator sei, diese aber werden immer weniger. Auch, weil KI immer mehr Jobs ersetzen und neue Berufe schaffen wird.

Kontrovers diskutiert

Das Thema Arbeitszeitverkürzung wird sehr kontrovers und oftmals emotional diskutiert. Befürworterinnen und Befürworter argumentieren, dass weniger Wochenstunden die Produktivität steigern und Krankenstände reduzieren, wovon die Wirtschaft als Ganzes profitiert. Kritike- rinnen und Kritikern zufolge ist in der aktuellen wirtschaftlichen Lage weniger Arbeit fürs gleiche Geld nicht finanzierbar, dazu kommt die angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt. In Österreich herrscht derzeit ein beispielloser Fachkräftemangel. Viele Stellen bleiben unbesetzt und eine Verkürzung der Arbeitszeit kön- nte die Situation weiter verschärfen. Besonders produzierende Unternehmen und die Industrie haben zudem wenig Möglichkeiten, noch effizienter zu werden. Für Unternehmen steigen lediglich die Kosten, was zu höheren Preisen führen und die Inflation anfeuern würde.

Weniger Arbeit durch KI?

Auf globaler Ebene bekommt die Debatte durch die Fortschritte bei künstlichen Intelligenz neue Nahrung. Während Skeptikerinnen und Skeptiker warnen, man dürfe den Beitrag von KI nicht überschätzen, prognostizieren Optimisten wie Bill Gates eine Arbeitszeitverkürzung durch KI.

Die aktuelle Lage

1930 prognostizierte der britische Ökonom John Maynard Keynes, dass wir im Jahr 2030 nur noch 15 Stunden in der Woche arbeiten müssten, um gut leben zu können. Heute können wir sagen: Mit dieser Prognose lag er weit daneben. Die unterschiedlichen Regelungen zur Arbeitszeit in Österreich sind im Arbeitszeitgesetz (AZG) festgelegt. Die Normalarbeitszeit liegt in Österreich bei 40 Stunden pro Woche, beziehungsweise acht Stunden am Tag. Hierzulande wird allerdings vieles über Kollektivverträge geregelt, von denen einige die 38,5-Stunden-Woche verankert haben. Eine heimische Besonderheit ist die hohe Teilzeitquote. 2023 lag diese laut Statistik Austria bei 30,9 Prozent. Der Zwölf-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche sind nur fallweise erlaubt. Im Viermonatsschnitt dürfen Unternehmen nicht mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten lassen.

Eine bezahlte Auszeit

Ein Konzept, bei dem Menschen im Job regelmäßig Auszeiten nehmen können, hat die deutsche Soziologin Karin Jurczyk entwickelt. "Wir können nicht arbeiten wie bisher" , sagt Jurczyk. "Wir müssen Arbeit so gestalten, dass die Menschen nicht fix und fertig sind."

Sie hat ein Konzept mit dem Namen "Optionszeitenmodell" entwickelt. Es sieht vor, dass sich Menschen im Laufe ihres Berufslebens eine bezahlte Auszeit von bis zu neun Jahren nehmen können, um Dinge zu tun, die ihnen wichtig sind, wie beispielsweise Kinderbetreuung oder ein Ehrenamt. Man kann die Erwerbsarbeit dabei aber nicht nur unterbrechen, sondern auch reduzieren.

Für Kinderbetreuung, Pflege und Ehrenamt würde man laut diesem Modell sechs Jahre Zeitbudget bekommen, zwei Jahre für Weiterbildung und ein Jahr für Selbstfürsorge. "Es geht um persönliche Entwicklung und Entfaltung, um Möglichkeiten der Umorientierung."

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1  Kommentar
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oe.tom (1.534 Kommentare)
am 07.02.2025 14:51

Das größte Problem in Österreich und Europa ist der Konservatismus. Durch diesen Starrsinn verliert man nur, und da dieser Konservatismus auch die Innovationskraft immer mehr verloren, und somit verliert Europa, aber auch Österreich immer mehr an Wirtschaftlichen Boden!
Ich kenne es selbst in meiner Arbeitswelt: A ist ein Zeittotschläger, der nichts zusammenbringt, immer nur gut daherredet und einen „Braunen Hals“ hat, B ist der Fleißige, der seine Projekte Zeitgerecht abliefert und halt nicht so gut reden kann. Obwohl beide gleich lang im Job sind und die selbe Qualifikation aufweisen, verdient A mehr als B…
Würde man z.B.: hier vom Zeitbasierten auf ein anderes Arbeitsbewertungsmodell umsteigen, etwa, dass man die Anzahl der erfolgreichen Projekte und deren Umfang bewertet, bei offener Arbeitszeit, würde sich schnell herauskristallisieren, dass A weit schlechter ist, als B… A hätte damit nicht nur mehr Freizeit, bei gleicher Leistung, sondern auch mehr Geld…

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