Südafrikas Nationalheld wäre heute 100 Jahre alt
JOHANNESBURG. Nelson Mandela gilt weltweit als Protagonist eines gewaltfreien Endes der Apartheid und für Versöhnung.
Eine religiöse Figur war Nelson Mandela nicht. Und doch wird er oft wie eine "Ikone" verehrt. Heute hätte "Madiba", so sein Clan-Name, seinen 100. Geburtstag gefeiert. 1918 in einem Dorf in der Transkei (Südafrika) geboren, erlebte er eine naturverbundene Kindheit als Hirtenbub. Weil seine Lehrerin den vom Volk der Xhosa stammenden Namen Rolihlahla ("Unruhestifter") nicht verstehen wollte, rief sie ihn "Nelson".
Mit 21 schrieb er sich als Jus-Student im University College von Fort Hare in Alice ein, engagierte sich bald gegen das weiße Minderheitsregime und trat schließlich 1944 dem Afrikanischen Nationalkongress (ANC) bei. Wegen Terrorismus und Verrats 1964 zu lebenslanger Haft verurteilt, wurde er als Nummer 46664 der "berühmteste Häftling der Welt" auf der Gefängnisinsel Robben Island vor Kapstadt – 27 Jahre lang.
Vier Jahre nach seiner triumphalen Freilassung 1990 wurde der Protagonist eines gewaltfreien Endes der Apartheid und für Versöhnung erster schwarzer Staatspräsident Südafrikas. 1993 erhielten er und Vorgänger Frederik de Klerk den Friedensnobelpreis. Zum Millenniumswechsel zog sich Mandela aus der aktiven Politik zurück.
Sein letzter öffentlicher Auftritt war eigentlich die Schlussfeier der Fußball-WM 2010 gewesen. Doch im April 2013 löste ein TV-Beitrag Proteste aus. Sie zeigte den Todkranken apathisch inmitten selbsternannter politischer Erben.
Vertrauensvorschuss verspielt
Mandela verschaffte Südafrika einen Vertrauensvorschuss in der Welt, den die Nachfolger Thabo Mbeki und Jacob Zuma verspielten. Der wirtschaftliche Anschluss an die Länder des Nordens – und der meisten Schwarzen an die Mittelschicht – misslang. Auch weil die "Regenbogennation" in die Sackgasse geriet.
Gewalt, Korruption sowie Diskriminierung und Auswanderung der ehemaligen weißen Führungsschicht: Das sind nur einige Schlaglichter auf den wachsenden Problemen einer Nation, die viele schon als Erfolgsmodell für ganz Afrika sehen wollten. Seit Februar ist Cyril Ramaphosa (65) am Ruder, politischer Ziehsohn Mandelas.
Den heutigen "Mandela-Tag", der landesweit mit ehrenamtlichen Engagements begangen wird, sollte Ramaphosa daher nutzen, um sich nicht nur als der wahre Erbe "Madibas" zu stilisieren. Das Land braucht dringend den Aufbruchsgeist der 1990er. Der Kampf Mandelas gegen Diskriminierung müsse übrigens nicht nur in Südafrika weitergeführt werden, sagte gestern Ex-US-Präsident Barack Obama in Johannesburg. (eku)
"Mandela: der lange Weg zur Freiheit", heute, 20.15 Uhr, ORF 1; Reportage "Südafrika – das Ende eines Traumes", 22.30 Uhr, im WELTjournal, ORF 2; danach WELTjournal +: "Nelson Mandela – Ein Leben für die Freiheit"