109 Buben missbraucht: Anklage gegen Urologen aus dem Salzkammergut fertig
WELS. Die Anklageschrift gegen jenen Urologen aus dem Salzkammergut, der seit dem Jahr 2000 insgesamt 109 Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht haben soll, ist fertiggestellt.
Es ist einer der schwerwiegendsten Fälle von sexuellem Missbrauch in der Geschichte der Zweiten Republik.
19 Jahre lang soll sich ein Urologe aus dem Salzkammergut (wie berichtet) an jungen Patienten vergangen haben. Auch Kriminalbeamte mit jahrzehntelanger Diensterfahrung können sich an keinen Fall mit einer derart hohen Opferzahl erinnern. Mehr als ein Jahr lang dauerten die weitreichenden Ermittlungen gegen den 57-Jährigen, mehrere Gutachten wurden für den Fall eingeholt. Nun hat die Welser Staatsanwaltschaft die Anklageschrift fertiggestellt und beim Welser Landesgericht eingebracht. Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig.
Der Beschuldigte soll sich seit dem Jahr 2000 bis zu seiner Festnahme im Jänner 2019 in Gmunden, Schörfling am Attersee, Vöcklabruck und Ägypten an 109 großteils jugendlichen Patienten vergangen haben. Der Verdächtige sitzt seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft.
OÖN-TV berichtet:
40 Opfer jünger als 14 Jahre
„Bei 40 Opfern sind die Tathandlungen vor Vollendung des 14. Lebensjahres erfolgt“, schreibt die Welser Anklagebehörde in einer Aussendung.
Bei drei Opfern stellte ein Gutachter schwere gesundheitliche Folgen durch die Taten des Verdächtigen fest. Dadurch erhöht sich die Strafdrohung im Fall einer Verurteilung von zehn auf 15 Jahre Haft. Weiters soll der Mediziner mehrere Personen zur Herstellung pornografischer Videoaufnahmen von Minderjährigen angestiftet haben und ein pornografisches Foto eines erst acht Jahre alten Buben selbst hergestellt haben.
Auch illegale Drogen soll der Beschuldigte an Minderjährige weitergegeben haben, heißt es in der Anklageschrift.
Insgesamt 30 Fälle, die sich außerhalb der Arztpraxis zugetragen haben sollen, sind im kriminalpolizeilichen Abschlussbericht dokumentiert. Darunter ist auch ein Vorfall in einem Ferienhaus am Roten Meer in Ägypten, wo er einen Zwölfjährigen missbraucht haben soll. Einigen Opfern soll er kleine Geldgeschenke gemacht und sie in sein Haus am Attersee eingeladen haben.
Unterbringung in Anstalt?
Der Verdächtige ist laut einem Gutachten zurechnungsfähig. Ein Psychiater stellte bei dem 57-Jährigen aber eine „schwerwiegende psychische Störung“ fest und empfahl die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Der Gutachter hielt es für wahrscheinlich, dass der Beschuldigte auf freiem Fuß weitere Taten mit schweren Folgen begehen könnte. Der Urologe hatte nach seiner Festnahme behauptet, seine Behandlungen seien stets „wissenschaftlich indiziert“ gewesen. Ein Sachverständiger kam zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall gewesen ist.
Mutter eines Opfers wandte sich an die OÖN
Aufgeflogen ist der Missbrauchsfall im Februar des Vorjahres, nachdem sich die Mutter eines Opfers an die OÖNachrichten gewandt hatte.
Der beschuldigte Arzt habe ihrem damals zwölf Jahre alten Sohn weisgemacht, die sexuellen Handlungen würden zur Behandlung gehören. Sie berichtete auch von zwei weiteren Buben aus ihrem Bekanntenkreis, die von dem Arzt „intim untersucht“ worden seien. Während ihrer Ermittlungen stieß die Kripo in den Wochen danach auf dutzende weitere mutmaßliche Opfer des Arztes.